Behörde listet Flutschäden auf Bilanz des Schreckens an der Ahr

Ahrtal · Es ist eine Bilanz des Schreckens, die nun von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) vorgelegt wurde. Die Landesbehörde hat aufgelistet, welche Schäden durch die Flutkatastrophe in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli im Ahrtal verursacht worden sind.

 Die Flut hat im Ahrtal extreme Schäden verursacht, wie diese im November in Rech entstandende Aufnahme zeigt.

Die Flut hat im Ahrtal extreme Schäden verursacht, wie diese im November in Rech entstandende Aufnahme zeigt.

Foto: Martin Gausmann

Die von Präsident Thomas Linnertz angeführte Landesbehörde ADD geht von 42 000 Flut-Betroffenen aus. Davon hatten mindestens 17 000 unmittelbar Hab und Gut verloren oder standen vor erheblichen Schäden. Insgesamt geht man von Schäden in Höhe von rund 15 Milliarden Euro aus. Allein in Bad Neuenahr-Ahrweiler wird der Schaden nur an der kommunalen Infrastruktur auf 1,6 Milliarden Euro geschätzt.

Tote und Verletzte: Besonders bedrückend ist die Bilanz über die in der verhängnisvollen Nacht ums Leben gekommenen Menschen und die Zahl der Verletzten. In der Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler starben 73 Menschen, in der Verbandsgemeinde Altenahr 39, in der Stadt Sinzig 14 und in der Verbandsgemeinde Adenau sieben. Rund 800 Menschen wurden bei der Flutkatastrophe verletzt. Als Folgen der Flut und ihrer Verwüstungen gab es zudem mehrere Suizide sowie Todesfälle durch Blutvergiftungen (Sepsis).

Gebäude und Unternehmen: Auch die Schäden an Gebäuden wurden von der ADD erfasst: 8800 Gebäude wurden von der Flutkatastrophe betroffen, also gering bis stark beschädigt, komplett zerstört oder mussten abgerissen werden. Im 1700-Einwohner-Weinort Dernau wurden beispielsweise fast 90 Prozent der dortigen 612 Häuser so stark beschädigt, dass sie noch lange nicht bewohnbar sein werden. Schlamm und Müll sind von den Straßen verschwunden, die Zerstörung ist es nicht. Außerdem traf die Flut etwa 3000 Unternehmen vom Kleinbetrieb bis zum Industrieunternehmen mit mehreren Hundert Beschäftigten.

Schulen, Kitas und Kliniken: „65 Winzerbetriebe mussten Zerstörungen hinnehmen, zehn Kindertagesstätten, fünf Krankenhäuser und Kliniken sowie 17 Schulgebäude wurden massiv beschädigt“, berichtete die ADD. Gerade die Unterbringung der Kita-Kinder und Schüler erwies sich nach der Flutkatastrophe als besondere Herausforderung. In anderen Schulen, auch außerhalb des Landkreises Ahrweiler, fanden sie Aufnahme und konnten unter Bewältigung oftmals langer Anfahrtswege weiter unterrichtet werden. Inzwischen gibt es zahlreiche Containerlösungen, beispielsweise im Grafschafter Ortsteil Ringen. Dort sind die Schüler des Are-Gymnasiums untergebracht.

Arztpraxen und Apotheken: Zudem wurden 36 Arztpraxen völlig zerstört, 23 waren unmittelbar nach der Flut nur noch mit Einschränkungen funktionsfähig. „Zehn Apotheken fielen komplett aus, acht waren beschädigt“, teilte die ADD ferner mit. Einige Apotheken öffneten schnell nach der Flut in Containern oder ähnlichen Provisorien. Eine in Ahrweiler am Ahrtor zerstörte Apotheke bezog vom General-Anzeiger überlassene Redaktionsräume an der Bossardstraße.

Brücken, Straßen und Schienen: Von den insgesamt 112 Brücken im Ahrtal waren nach der Flut nur noch 35 voll und 17 eingeschränkt nutzbar. Unmittelbar nach der Naturkatastrophe begann das Technische Hilfswerk mit dem Bau von Behelfsbrücken. Etwa 74 Kilometer Straße wurden in der Flutnacht beschädigt, 5,2 Kilometer davon sind vollständig zerstört worden. Auch starteten schnell Aufräum- und Aufbauarbeiten. Der Landesbetrieb Mobilität gründete eigens ein Projektbüro in Sinzig, von wo aus die Reparatur- und Neubauarbeiten gesteuert werden. 20 Kilometer Ahrtalbahn-Trasse wurden ebenfalls zerstört. Zwischen Walporzheim und Mayschoss glich der Schienenstrang dem einer Achterbahn: Totalschaden. Ein im Bahnhof Kreuzberg stehender Regionalzug wurde überflutet und konnte nicht mehr eingesetzt werden.

Privateigentum und Autos: Nicht bekannt ist, wie hoch die in der Flutnacht angerichteten Schäden in den privaten Haushalten waren, die oftmals über die Hausrat- oder Elementarversicherung reguliert werden können. Auch die genaue Zahl der vom Hochwasser und der Flutwelle weggespülten und unbrauchbar gewordenen Autos ist nicht bekannt. Fest steht, dass es Tausende Autowracks waren, die auf eigens eingerichteten „Friedhöfen“ gelagert worden waren, ehe sie nach und nach abtransportiert werden konnten.

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