Barbarossamarkt in Sinzig Gaukler, Bettler und ein Pestdoktor beim 17. Barbarossamarkt in Sinzig

Sinzig · Er war etwas kleiner als gewohnt und spielte sich statt auf der Jahnwiese rund um die Sinziger Kirche ab: Der 17. Sinziger Barbarossamarkt, diesmal „in Zeiten der Seuche“. Ritter, Gaukler und Bettler gaben sich ein Stelldichein und nahmen die Besucher mit ins Mittelalter.

 Vergnüglich nicht nur für die Kleinen: Das Mäuselabyrinth in Form einer Burg auf dem Sinziger Barbarossamarkt. 

Vergnüglich nicht nur für die Kleinen: Das Mäuselabyrinth in Form einer Burg auf dem Sinziger Barbarossamarkt. 

Foto: Martin Gausmann

Im Vorjahr dehnte sich der Sinziger Barbarossamarkt vom Schlosspark auf die Jahnwiese aus. Nun machte er im Zeichen von Corona eine Rolle rückwärts. Da der Schlosspark schwer zu kontrollieren ist, zog der Markt, organisiert vom Sinziger Verein „Wir helfen“ zugunsten karitativer Projekte, in Kooperation mit der katholischen Kirchengemeinde auf den Kirchplatz und das Gelände um die Kirche.

Freilich kamen einem am Samstagnachmittag zünftig gewandete Mitglieder des Clan MacKean auf der Bachovenstraße entgegen. Marktkonzept geändert? Keinesfalls. Die Gruppe „auf der Rückkehr vom dritten Kreuzzug nach Schottland“, begab sich im realen Leben bereits auf den Rückweg nach Neuwied. „Wir konnten unser Lager nicht aufstellen“ beklagte Clan Chief Earl of MacKean, alias Heinz John. Der neue kleinere Markt, betitelt „Barbarossa in Zeiten der Seuche“, sei „gewöhnungsbedürftig, sehr schmucklastig“ und verzeichne „viel weniger Gäste“. Es bleibe die Hoffnung aufs nächste Jahr. Verständlich, zeigten sich doch die Sitzgelegenheiten vor einem Sinziger Kunststoff-Barbarossa zu höchstens einem Zehntel besetzt. Auch das Kirchencafé stand verwaist, nur wenige Besucher zog es zu den Ständen.

Doch Ede der Bettler, barfuß mit einem zerrupften Vogel auf der Schulter, fleckigen Zähnen und blutbefleckten Hosen, war unterwegs, „damit ihr Neuzeitler nicht meint, das Mittelalter war nur schön“. Elend, Not und Dreck prägten die Zeit ebenso. Freddy the Piper aber blies alle Trübsal davon und neben ihm verbreitete „Kaspar der Gaukler“ Heiterkeit, indem er ins Horn stieß, geschickt mit Bällen hantierte und erst recht durch sein geöltes Mundwerk unterhielt.

Wen der Hunger plagte, wurde ihn schnell los. Schwarzwild-Bratwurst mit Tunke gefällig? Oder lieber Wikingereis, gebrannte Mandeln, Baumstriezel? Für letztere wickelte Bence Ilias Hefeteig spiralig um eine Holzrolle, die sich über Kohlenfeuer drehte. Tatsächlich stand reichlich Schmuck zum Verkauf, aber auch Lammfelle und heilkräftige Steine, Räucherwerk, Düfte, Naturseifen, Trinkhörner und Schellen. Gesine Aufdermauer hielt aus ihrer Manufaktur ledergebundene Bücher und Glasfedern feil. Mit sicherem Griff trieb Pia Hufschlag, gelernte Bauschlosserin, kupfernes Geschmeide. Wie sie glaubt auch „Ranak vom See“, der in seiner mobilen Schmiede Kindern Handgriffe im alten Handwerk beibringt: „Es ist besser zum Markt zu kommen, als zu Hause zu sitzen.“ Einige Erwachsene tummelten sich hinter der Kirche beim Bogenschießen, während davor je zwei Dudelsackspieler und Trommler sowie eine Jongleurin die Aufmerksamkeit des Volkes bannten. Aber auch die Gäste selbst trugen mit der Inszenierung ihrer Person zur Kurzweil des Marktgeschehens bei. Die reichte vom Typ mystische Maid mit grellrotem Wallehaar und Minidrachen bis zur improvisierten strengen Ausstattung, die Christian Jacobi das überzeugende Aussehen eines Pestdoktors verlieh. Die schwarze Schnabelmaske, so demonstrierte der findige Besucher aus Bonn, hatte er innen unorthodox verstärkt durch eine Milchtüte.

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