Grafschafter üben Kritik „Bürgerhilfe und Bürgerwehr nicht verwechseln“

GRAFSCHAFT · Elke Wolber, Initiatorin der Escher Bürgerhilfe, wehrt sich gegen die Pauschalisierung des Innenministers. Der hatte den so genannten Bürgerwehren in Rheinland-Pfalz eine klare Absage erteilt.

 Esch Bürgerstreife

Esch Bürgerstreife

Foto: Martin Gausmann

Innenminister Roger Lewentz hat den so genannten Bürgerwehren in Rheinland-Pfalz eine klare Absage erteilt. „Wir brauchen bei uns keine Bürgerwehren. Wir haben eine gut aufgestellte und effektiv arbeitende Polizei“, sagte Lewentz in Mainz. Der Minister warnte mögliche Teilnehmer an solchen Gruppen zugleich: „Selbstjustiz wird von unseren Sicherheitsorganen hart geahndet. Es darf nicht dazu kommen, dass Personen ohne staatlichen Auftrag und Kontrolle Recht und Ordnung in die eigene Hand nehmen. Dafür sind die staatlichen Institutionen zuständig, dort liegt aus gutem Grund das Gewaltmonopol.“

Roger Lewentz verweist in diesem Kontext auf die gute Arbeit der Polizei und eine seit Jahren konstant hohe Aufklärungsquote von mehr als 61 Prozent. „Die Menschen in Rheinland-Pfalz können sicher leben. Mit Bürgerwehren und entsprechenden Gruppen im Internet wird eine Stimmung erzeugt, die mit der Realität nichts zu tun hat“, sagte Lewentz.

Das bringt Elke Wolber aus Esch auf den Plan. Sie ist Initiatorin der Escher Bürgerhilfe und widerspricht dem Innenminister. Für sie ist „Bürgerwehr ist nicht gleich Bürgerwehr“. Wolber berichtet: „Wir wohnen auf der Oberen Grafschaft, also nah an der Autobahnabfahrt A 61 und haben immer wieder mit Einbrüchen zu tun gehabt. Im Februar 2014 haben wir uns überlegt gegenzusteuern und haben die Bürgerhilfe Esch gegründet.“

Die Escher hätten bewusst den Namen „Bürgerwehr“ nicht verwendet, damit die Aktion nicht ins falsche Licht gerückt werde. „Obwohl sich jeder nennen darf wie er möchte“, sagt Wolber und kritisiert in Richtung des Innenministers: „Daher sollte man, bevor man den Bürgerwehren eine klare Absage erteilt, zuerst einmal prüfen, was überhaupt dahinter steckt.“

Seit Februar 2014 seien mehrmals täglich, zu unterschiedlichen Zeiten, Gruppen von Bürgern in Esch wachsam unterwegs. Das habe laut Wolber zu einer Wachsamkeit im ganzen Dorf geführt. „Wir achten auf parkende Autos, sich auffällig umschauende Personen und viele andere Sachen. Und das mit Erfolg. Seitdem gab es in Esch keinen einzigen Tageswohnungseinbruch mehr. Auffälligkeiten melden wir unverzüglich unserer Polizeidienststelle in Ahrweiler. Dort wird sich so schnell wie möglich gekümmert und die Beamten sind dankbar, Hinweise aus der Bevölkerung zu bekommen“, sagt Wolber.

Es geschehe alles in enger Abstimmung mit der Polizei. Diese käme im Kreis Ahrweiler an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. „Die Polizei ist unterbesetzt, Stellen wurden gestrichen, Einsatzgebiete vergrößert und qualifizierte Kräfte in anderen Bereiche eingesetzt. Dadurch wird der Ruf der Polizei ruiniert, ohne das sie dafür kann“, kritisiert Wolber in Richtung Lewentz.

Wolber macht aber auch klar, dass sich ihre Bürgerhilfe von dem Auftreten und der Zielrichtung der sogenannten „Bürgerwehren“ durch die rechte Szene distanziert. Gleiches gelte für Gelsdorf, Vettelhoven und Holzweiler, in denen ebenfalls Bürgerhilfen gegründet wurden. Auch dort seien die Einbrüche zurückgegangen.

„Was spricht denn also dagegen, wenn sich Bürger auf den Weg machen und aufpassen“, fragt Wolber, die gerne einmal mit Roger Lewentz „gemeinsam auf der Grafschaft spazieren gehen würde“.

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