Musikalisches Spektakel mit Musiktrio Wildes Holz Die Blockflöte als Lebenswerk

LANTERSHOFEN · Der erste Blick auf das Plakat konnte den Eindruck erwecken, es werde ein ruhiger, von klassischer Musik geprägter Abend: drei Herren in schwarzen Anzügen mit Holzinstrumenten. Kammermusik? Weit gefehlt. Was Wildes Holz am Samstag im Kulturlant in Lantershofen boten, war ein musikalisches Spektakel, das in keine der gängigen Schubladen passt.

 Sie geben der Blockflöte einen neuen Stellenwert in der Musik: Wildes Holz haben am Samstag in Lantershofen gespielt.

Sie geben der Blockflöte einen neuen Stellenwert in der Musik: Wildes Holz haben am Samstag in Lantershofen gespielt.

Foto: Martin Gausmann

"Es ist unsere Mission, die Blockflöte vom Ruf eines Kinderspielzeugs zu befreien", hat Flötist Tobias Reisige einmal gesagt. Eine Mission, die sich das Trio offenbar zum Lebenswerk gemacht hat, nachdem es sich vor 18 Jahren an der Musikhochschule kennengelernt hat und seither zusammen musiziert.

Was Reisige, Markus Conrads und Gitarrist Anto Karaula ihren Instrumenten abverlangten, verdiente das Prädikat "unglaublich". Reisige hatte alleine 18 verschiedene Flöten im Gepäck, von der nur wenige Zentimeter langen Mini-Blockflöte bis hin zur mannshohen Kontrabass-Blockflöte, die sogar den 1,90-Meter-Mann überragte.

Schon die Besetzung des Trios mit Flöten, Kontrabass und Gitarre war ungewöhnlich. Gleiches galt für das Repertoire. Der musikalische Bogen reichte von Klassik bis Rock, vom Kinderlied bis zu Elektropop. Viele Stücke entstammten der Feder der drei Musiker.

"Astrein" heißen sowohl die aktuelle CD als auch die Tour des Trios. Außergewöhnlich sind auch die Musiktitel, die oft eine Geschichte zu erzählen haben: "Moretti Swing" zum Beispiel, das einer italienischen Biermarke gewidmet ist. "Dem einzigen Bier, das warm besser schmeckt, als kalt", erklärte Reisige.

Er hatte einige solcher Anekdoten auf Lager. "Ernte 14" heißt etwa das Stück, dass einer riesigen Waldarbeitermaschine gewidmet wurde, nachdem das Trio auf einer Waldbaumesse gespielt hatte. "Madera Salvaje" lässt sich da schon einfacher erklären. Das ist nämlich spanisch und heißt nichts anderes, als "Wildes Holz."

Gut die Hälfte der vorgetragenen Melodien waren Eigenkompositionen, der Rest mehr oder weniger bekannte Melodien anderer Künstler, die trotz der ungewöhnlichen Besetzung einen hohen Wiedererkennungswert hatten. "Pathétique" von Ludwig van Beethoven in der "Bearbeitung für drei einfache Holzinstrumente" zum Beispiel. "Badinerie heißt bei uns einfach nur Mozart 40", erklärte Reisige.

Der Grund dafür: An einer Schule habe ein Kind diese Melodie einmal wiedererkannt. allerdings nur deshalb, weil es das Lied als Klingelton unter dem Namen "Mozart 40" auf seinem Handy gespeichert habe. "Das Blöde ist nur, dass das Stück von Bach stammt", so Tobias Reisige.

Nach weit mehr als zwei Stunden wussten schließlich alle Besucher im Lantershofener Saal, worauf sie sich eingelassen hatten und waren restlos begeistert. Mit stehenden Ovationen wurde Wildes Holz aufgefordert, Zugaben zu spielen. Und auch die konnten ungewöhnlicher nicht sein.

Auf Elektropop aus den 1980er Jahren mit dem Kraftwerk-Stück "Das Model" folgte der AC/DC-Klassiker "Highway To Hell." Ganz am Schluss griff Tobias Reisige dann zur giftgrünen Ein-Euro-Plastik-Blockflöte aus asiatischer Massenproduktion, um auch diesem Instrument perfekte Klänge zu entlocken: nämlich die Titelmelodie der Verfilmungen des Astrid Lindgren-Klassikers "Pippi Langstrumpf".

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