Konzept mit Solaranlagen Firmen präsentieren neue Idee für Hochwasserschutz in der Grafschaft

Grafschaft · Zwei Unternehmen haben jetzt in der Grafschaft ein neues Konzept für Hochwasserschutz vorgestellt. Zentral dabei sind Solaranlagen. Das Konzept ist noch nirgends erprobt, könnte aber in Form eines Pilotprojektes in Gelsdorf erstmals an den Start gehen. Bei der geplanten Erweiterung des Gewerbeparks gibt es derweil wenig Neues.

 Bei einer Bürgerversammlung in der Grafschaft ging es neben der geplanten Erweiterung des Gewerbegebietes Gelsdorf (auf dem Foto befindet sich rechts die potenzielle Fläche für den Autozulieferer ZF) auch um das Thema Hochwasserschutz.

Bei einer Bürgerversammlung in der Grafschaft ging es neben der geplanten Erweiterung des Gewerbegebietes Gelsdorf (auf dem Foto befindet sich rechts die potenzielle Fläche für den Autozulieferer ZF) auch um das Thema Hochwasserschutz.

Foto: Martin Gausmann

Bei der geplanten Erweiterung des Gewerbeparks Gelsdorf in der Grafschaft gibt es noch viel Informationsbedarf. Das ist jetzt bei einer Bürgerversammlung deutlich geworden. Rund 25 Teilnehmer folgten der Einladung von Gelsdorfs Ortsvorsteher Andreas Ackermann (CDU) zu dem Gespräch in der ehemaligen Raiffeisenbank-Filiale. Neben der geplanten Erweiterung des Gewerbegebietes oberhalb des Ortes ging es auch um das Thema Hochwasserschutz. Zwei Unternehmen präsentierten eine Idee, bei der Solaranlagen eine wichtige Rolle spielen.

Entgegen der Ansicht einiger Bürger machten die ebenfalls anwesenden Gemeinderatsmitglieder Mathias Heeb (Grüne) und Wolfgang Reuß (FDP) klar, dass mitnichten eine Entscheidung für eine Erweiterung des Gewerbeparks Gelsdorf bereits gefallen sei. Im Gegenteil laufe gerade erst die erste von zwei Beteiligungsrunden, bei denen die Bürger und die Träger öffentlicher Belange ihre Einwendungen, Anregungen und Verbesserungsvorschläge einbringen könnten. Wenn alle Pros und Kontras vorlägen, gebe es einen Abwägungsprozess zunächst im Bauausschuss und dann im Gemeinderat, bei der über jede einzelne Eingabe beraten und abgestimmt werden müsse. Hier komme dann auch die Unterschriftenliste zum Tragen, in der sich 780 Gelsdorfer gegen die Erweiterung ausgesprochen hatten.

Hochwasserschutz kombiniert mit Fotovoltaik

Die Entscheidung sei dennoch nicht einfach, machte Reuß deutlich, denn hier stünden mehrere wichtige Faktoren im Widerstreit: Flächenversiegelung, Hochwasserschutz und der Verlust landwirtschaftlicher Böden einerseits – der Wirtschaftsstandort Grafschaft, mehrere hundert Arbeitsplätze und der Wunsch einheimischer Unternehmen nach zeitgemäßen Standorten auf der anderen Seite. Wobei Heeb daran erinnerte, dass die Grünen schon vor der Flutkatastrophe gegen die Erweiterung des Gewerbeparks votiert hätten. Doch derzeit liege das Thema ohnehin auf Eis, bis die Geschäftsführung des Autozulieferers ZF sich klar für die Erweiterungsfläche als neuen Standort für das von der Flut zerstörte ZF-Werk Ahrweiler festgelegt habe, ergänzte Ortsvorsteher Ackermann. Vorher könne ohnehin niemand konkret sagen, wie die neun Hektar große Erweiterungsfläche konkret ausgestaltet werde, wenn sie denn komme.

Zuvor hatten Volker Korrmann von der Firma Ewind Betreiber- und Vertriebs-GmbH (Berlin) und Christian Kirschning vom Unternehmen Solarants (Düsseldorf) den Gelsdorfern eine Idee vorgestellt, bei der Hochwasserschutz mit Fotovoltaik kombiniert werden könnte. Dafür biete sich gerade Gelsdorf an, denn hier war bereits mehrfach das Oberflächenwasser aus dem Gewerbepark und den darunterliegenden landwirtschaftlichen Flächen für Starkregen-Überflutungen im Ort mitverantwortlich. „Auf diesen Agrarflächen können normale Freiland-Solaranlagen in Kombination mit Flutschutzgräben und Wasserspeichern einen wichtigen Beitrag zur Flutprävention leisten, da sie damit einen großen Teil des Wassers und des Schlammes auf den Hängen halten würden“, erklärte Korrmann. Wenn man in Abständen von 30 bis 50 Metern untereinander mehrere lange und zwei bis drei Meter tiefe Gräben ziehe, sammele sich dort bei einem Starkregenereignis das Wasser. Es fließe dann nur noch ein Bruchteil des Oberflächenwassers in die Ortslage hinein, womit kritische Situationen gar nicht mehr eintreten oder zumindest stark abgeschwächt werden könnten.

Landesregierung stellt Fördermittel in Aussicht

Mit derartigen Hochwasserschutz-Solaranlagen könnten bis zu einer Million Liter Regenwasser je Hektar zurückgehalten werden. Das mache im Zweifelsfall den Unterschied aus, ob ein Auto weggespült werde oder stehen bleibe. „Die Anlagen halten jedoch nicht nur das Wasser, sondern vor allem auch den Schlamm zurück“, so Korrmann weiter. Das bei den Regenfällen gesammelte Wasser könne zudem dank der Verschattung durch die Fotovoltaik-Elemente noch mehrere Monate danach zur Bewässerung eingesetzt werden, was die Grundwassersituation vor Ort dauerhaft verbessere, weil das Wasser dort wieder in den Boden einsickern könne. Zwei weitere große Vorteile: Das Projekt koste nur ein Zehntel dessen, was ein konventionelles Regenrückhaltebecken in der gleichen Dimension verschlingen würde, und es sei deutlich schneller zu verwirklichen. Vom Zeitpunkt der Baugenehmigung an rechnete Kirschning mit einer Bauzeit von lediglich drei bis sechs Monaten.

Das Konzept sei allerdings neu und noch nirgends erprobt, könnte aber in Form eines Pilotprojektes in Gelsdorf erstmals an den Start gehen. Die Mainzer Landesregierung habe dafür sogar Fördergelder in Aussicht gestellt. Die Wassergräben einschließlich der Fotovoltaik-Überdachung könnten von den Grundstücksbesitzern an Investoren verpachtet werden, die die hier erzeugte Energie entweder selbst nutzen oder gewinnbringend veräußern dürften. Das sei auch beispielsweise in Form einer Bürgergenossenschaft denkbar. Landwirt Christian Nachtwey regte zudem an, auch die heimischen Landwirte in die Überlegungen mit einzubeziehen, die davon eventuell profitieren könnten.

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