Es geht auch um Unterkünfte für Arbeitskräfte Gelsdorf streitet über die Erweiterung des Gewerbegebietes

Gelsdorf · Grafschafter Bürger protestieren gegen die Erweiterung des Gelsdorfer Gewerbegebiets. Sie befürchten soziale Konflikte, wenn die Pläne der Gemeinde umgesetzt werden.

In Gelsdorf protestierten Grafschafter Bürger gegen die Erweiterung des Gelsdorfer Gewerbegebiets.

In Gelsdorf protestierten Grafschafter Bürger gegen die Erweiterung des Gelsdorfer Gewerbegebiets.

Foto: Weber

Mit der Debatte um die Erweiterung des Gelsdorfer Gewerbegebiets, die in dem Grafschafter Ortsbezirk strikt abgelehnt wird, hat sich der Grafschafter Gemeinderat ausgerechnet in die „Höhle des Löwen“ begeben: in die Gelsdorfer Mehrzweckhalle .

Dort sorgten Proteste vor den Türen und Unmutsäußerungen im Publikum jedoch nicht dafür, dass sich eine Mehrheit vom eingeschlagenen Weg abbringen ließ. Mit 19 Ja-Stimmen aus den Reihen von CDU, SPD und FDP bei acht Gegenstimmen und einer Enthaltung stimmte der Rat einem weiteren Schritt in Richtung Änderung des Flächennutzungsplans zu.

Heißt: Es wird noch zwei weitere Runden zum Thema in den Gremien der Gemeinde gaben, bis die endgültige Entscheidung gefallen ist. Nun hat die Erweiterung aber erst einmal die nächste Hürde genommen. Vorangegangen war eine intensive Grundsatzdiskussion, alle Argumente waren in den Vorberatungen längst ausgetauscht worden.

Spalier von protestierenden Bürgern

Den Weg zum Tagungsort durften sich die Ratsmitglieder durch ein Spalier von mehr als 100 Demonstranten bahnen. Die Bürger machten ihrem Unmut gegen den anstehenden weiteren Schritt im Rahmen des Verfahrens deutlich Luft und kündigten den Vertretern von SPD, FDP und CDU an, diese bei der Kommunalwahl im kommenden Jahr nicht zu berücksichtigen. Im Saal selbst ließ Gemeindeentwickler Klaus Becker die Geschichte der Erweiterung noch einmal Revue passieren. Neue Argumente dafür oder dagegen wollte er bewusst vermeiden und meinte: „Das Vorhaben wird wohl generell abgelehnt und da macht auch die Vorlage neuer Dinge keinen Sinn.“

Die Liste der Argumente ist lang

In der langen Diskussion erinnerte Lothar Barth, Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler Gemeinschaft (FWG), die die Erweiterung ablehnen, an 778 vorgelegte Unterschriften gegen das Projekt. „Die Gelsdorfer fühlen sich ignoriert“ so Barth. Dass die Bürger ob der Starkregenereignisse und der Überschwemmungen im Ort, die dem aus Richtung Gewerbegebiet einlaufenden Oberflächenwasser zugerechnet werden, nicht mehr ruhig schlafen, meinte Ortsvorsteher Andreas Ackermann (CDU), der anders als seine meisten Fraktionskollegen gegen die Erweiterung votierte. Julian Wuzél (FWG) bemängelte den Einfluss, den Haribo und Frutania bei Bürgermeister Achim Juchem, der aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Ratssitzung teilnahm, zu haben scheinen: „Wir geben die Heimat hin für das Großinvest und die Probleme der Bürger bleiben auf der Strecke.“

 Vogelperspektive: DIe Erweiterungsfläche für das Gewerbegebiet Gelsdorf aus der Luft.

Vogelperspektive: DIe Erweiterungsfläche für das Gewerbegebiet Gelsdorf aus der Luft.

Foto: Martin Gausmann
Gewerbegebiet Gelsdorf
Foto: GA/GA-Grafik

Wuzéls Fraktionskollege Reinhold Hermann brachte das wohl beherrschende Thema, das neben Lärm-, Wasser- und Umweltproblematik offiziell aber kaum genannt wird, auf den Tisch: „Wenn man jetzt die Pläne sieht, ist das schon ein riesiges Vorhaben. Es sind Container für Gastarbeiter vorgesehen, dass birgt die Gefahr einer Ghettobildung. Man soll mir keine Fremdenfeindlichkeit vorwerfen, aber gesellschaftspolitisch ist das durchaus ein Problem.“ Der Obstgroßhändler Frutania plant in dem Gebiet neben einer Apfelwaschanlage Unterbringungsmöglichkeiten für Saisonarbeitskräfte. Der Fraktionsvorsitzende Hubert Münch (SPD) griff die Thematik Hermanns auf: „Der weiße Elefant, der hier im Raum steht, sind die sozialen Konflikte, die mit dieser Erweiterung befürchtet werden.“ Münch und die SPD votierten aber für die Erweiterung. Denn die Gutachten würden eine eindeutige Sprache sprechen. „Wir würden nicht zustimmen, wenn die Abwägung nicht verantwortbar wäre“, so Münch. Dem FWG-Mann Wuzél warf Münch vor, im eigenen Interesse zu argumentieren. Das gerade einmal zwei Prozent der Grafschafter Fläche für Gewerbe verbraucht seien, hatte Udo Klein (SPD) zuvor betont.

Der Fraktionsvorsitzender der Grünen, Mathias Heeb, beantragte derweil die sofortige Einstellung des Verfahrens, der Antrag wurde in namentlicher Abstimmung jedoch abgelehnt. Für die Befürworter der Erweiterung monierte Wolfgang Reuß (FDP) die Inhalte der Diskussion: „Das Wissen wird außen vorgelassen.“ Roland Schaaf (CDU) machte schließlich noch einmal die Position der Mehrheit der CDU-Fraktion deutlich: „Unser politisches Ziel ist es, Gewerbeflächen für einheimische Unternehmen zu schaffen. Die Fläche bei Gelsdorf erfüllt das und danach wird die Ausweisung großer Flächen für Gewerbe enden.“ Die CDU sehe hinsichtlich der Hochwasserproblematik strukturelle Verbesserungen für Gelsdorf mit dem neuen Baugebiet „Im Wildacker“ kommen.

Zwar musste der Erste Beigeordnete Michael Schneider (CDU) als Sitzungsleiter das Publikum mehrmals ermahnen, ruhig zu bleiben, am Ende blieb es aber eine lebhafte Diskussion und nicht mehr. Die Gegner der Erweiterung verließen nach der Abstimmung enttäuscht den Saal.

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