Regionale Zusammenarbeit im Kreis Ahrweiler Grafschaft: Erst das Factory-Outlet-Center, dann das Twin

GRAFSCHAFT · Der Grafschafter Sozial-, Kultur, Sport- und Demografieausschuss verknüpft den von der Kreisstadt gewünschten Zuschuss für deren neues Hallenbad am Twin mit einer Kooperation beim Thema FOC.

Die Kreisstadt will ein neues Hallenbad am Twin bauen. Nettokosten: 12,7 Millionen Euro. Für die Finanzierung will die Stadt Grundstücke verkaufen und baut auf Zuschüsse (der General-Anzeiger berichtete). Schulden will Bad Neuenahr-Ahrweiler dafür nicht machen, außer zur Zwischenfinanzierung. Das ist Ratsbeschluss.

Doch bei allem Rechnen bleiben noch 900.000 Euro Fehlbetrag. Die hätte die Kreisstadt gerne als freiwilligen Zuschuss von den Nachbarkommunen. Entsprechende Post von Bürgermeister Guido Orthen liegt in den dortigen Rathäusern vor. Der Ahrtaler sagt dazu „kötten“. So stand denn auch der Tagesordnungspunkt „Zuschuss der Gemeinde Grafschaft zum Neubau eines Hallenbades in Bad Neuenahr-Ahrweiler“ am Mittwochabend im Grafschafter Sozial-, Kultur, Sport- und Demografieausschuss zur Beratung an.

Bürgermeister Achim Juchem sprach von einer Infrastruktureinrichtung, die auch für die Grafschaft von Bedeutung sei. Denn bei den Nutzern des Hallenbads machen in der Rubrik Schulen die Grafschafter Grundschulen elf Prozent aus, bei den Vereinen beträgt der Grafschaft-Anteil 22 Prozent und bei den normalen Badegästen zehn Prozent. Die Crux ist der freiwillige Zuschuss. Denn in der Grafschaft, die mit 28 Millionen Euro verschuldet ist, gilt ein Grundsatzbeschluss des Rats, für freiwillige Leistungen in der eigenen Gemeinde keine Kredite aufzunehmen. Das müsste im Fall Twin jedoch geschehen, und dann auch noch nach auswärts.

Ratsbeschluss kann aufgehoben werden

„Der Ratsbeschluss kann zwar jederzeit aufgehoben werden“, so Juchem, „doch Kreditaufnahmen müssen von der Kommunalaufsicht genehmigt werden.“ Im Klartext: Mit Blick auf die Gesamtverschuldung der Grafschaft könnte die Kommunalaufsicht für den Kreditanteil respektive den freiwilligen Investitionskostenzuschuss an die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler der Gemeinde die Haushaltsgenehmigung verweigern. Ein schwieriges Pflaster, waren sich alle Ausschussmitglieder einig. Das war es aber auch schon mit der Einigkeit.

Denn es gab zwei Positionen: Nein – oder Verhandeln. Das Nein begründete Udo Klein für die SPD damit, dass „die Grafschaft sich bereits über die Kreisumlage und den Landesanteil an der Gewerbesteuer indirekt in das Twin einbringt“. Denn Kreis und Land gäben ja Zuschüsse zu dem Projekt. Und Richard Horn sah für die FWG das Problem: „Wie sollen wir den Bürgern in unseren Dörfern erklären, dass bei ihnen Projekte geschoben werden müssen, weil kein Geld da ist, und wir gleichzeitig für Bad Neuenahr-Ahrweiler als Mittelzentrum einen Kredit aufnehmen müssen?“

Marcel Werner packte für die CDU zwei Projekte gemeinsam an, forderte beide Kommunen zum „regionalen Denken“ auf. Dieses mit Blick auf die Grafschafter Pläne für ein Factory-Outlet-Center (FOC) an der A61, die im Stadtrat von Bad Neuenahr-Ahrweiler mit Blick auf den örtlichen Einzelhandel auf strikte Ablehnung gestoßen waren. Werner: „Die Zusammenarbeit mit Bad Neuenahr-Ahrweiler darf keine Einbahnstraße sein. Es wäre eine Win-win-Situation wenn es gelänge, beide Projekte, Twin und FOC, zugunsten der Region verwirklichen zu können.“

Bürgerentscheid

Der CDU-Sprecher sieht die Chance, dass bei einem Bürgerentscheid in der Kreisstadt sich eine Mehrheit „gegen die Lobby der FOC-Gegner“ stellen würde. Was wiederum den Grafschafter SPD-Chef Udo Klein auf den Plan brachte: „Wir sind hier nicht in einem türkischen Basar. Wir machen keine Deals mit Bad Neuenahr-Ahrweiler. Wir sind nur unseren Bürgern und unserem Haushalt verpflichtet.“

Einen Deal wird es nicht geben. Dafür eine Beschlussempfehlung an den Grafschafter Rat. Diese wurde von der CDU-Mehrheit getragen und lautet sinngemäß: „Die Verwaltung wird beauftragt, mit der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler Gespräche über eine Kooperation beim FOC zu führen. Vorher wird sich der Gemeinderat der Grafschaft nicht mit dem Thema Zuschuss fürs Twin befassen.“ Im Raum steht übrigens ein Betrag, der sich an dem Grafschafter Anteil der Twin-Benutzer orientiert und sich auf 85.000 bis 90.000 Euro belaufen könnte. Diese Zahlen nannte Juchem, ging aber hoch bis 100.000 Euro. Diese wären dann zu den für 2018 vorgesehenen neuen Schulden in Höhe von 300.000 Euro zu addieren. Da prophezeite nicht nur SPD-Mann Hubert Münch haushaltsrechtliche Probleme.

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