Geringste Grund- und Gewerbesteuer Günstig leben in der Grafschaft

KOBLENZ · Die Steuereinnahmen sind weiter auf Rekordniveau. Dennoch erhöht im ersten Halbjahr 2015 fast jede fünfte Kommune im Bezirk der Industrie- und Handelskammer Koblenz (IHK) die Hebesätze für die Gewerbesteuer und die Grundsteuer B.

 Geringe Gewerbesteuer, hohe Nachfrage von Unternehmen: Haribo siedelt sich auf dieser Freifläche in der Grafschaft an.

Geringe Gewerbesteuer, hohe Nachfrage von Unternehmen: Haribo siedelt sich auf dieser Freifläche in der Grafschaft an.

Foto: Martin Gausmann

Das geht aus dem Realsteueratlas 2015 hervor, den die IHK Koblenz gemeinsam mit den anderen rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern veröffentlicht hat. Bei der Gewerbesteuer liegen Sinzig und Bad Breisig mit einem Hebesatz von je 400 besonders hoch. Adenau folgt mit 390, Dernau mit 380, Altenahr mit 370. Remagen und die Kreisstadt liegen mit einem Hebesatz von je 365 Punkten gleichauf. Vor fünf Jahren lag der Hebesatz in Bad Neuenahr noch bei 330 Punkten, in Remagen bei 352 und in Sinzig bei 360.

Völlig unverändert ist die Gewerbesteuerhöhe übrigens in der Grafschaft. Wie vor fünf Jahren wird ein Hebesatz von 330 berechnet. Keine Kommune im Kreis Ahrweiler hat einen geringeren Satz - vielleicht ein Grund, warum der Süßwarenkonzern Haribo, der in Bonn oder dem Rhein-Sieg-Kreis höhere Sätze zu zahlen hätte, sich in der Grafschaft niedergelassen hat.

Auch die Hebesätze für die Grundsteuer B, die alle Haus- und Grundstückseigentümer betrifft und in der Regel auch auf Mieten umgelegt werden, haben sich in den vergangenen Jahren verändert. In Bad Neuenahr von 320 in 2010 auf nun 365 Punkte, in Remagen von 317 auf 365 Punkte in Sinzig von 330 auf 376 Hebesatzpunkte. Spitzenreiter ist auch hier die Stadt Bad Breisig, die ihren Steuerberechnungen 456 Punkte zugrunde legt. Adenau folgt mit 395, Rech mit 378, Dernau mit 370, Altenahr mit 365 Punkten. Auch bei der Grundsteuer liegt die Grafschaft für den Bürger in der Region am günstigsten: 338 Punkte werden seit 2012 konstant ohne jede Erhöhung berechnet. In 2010 lag der Satz bei 317.

Für die Unternehmen in der Region sind die Hebesatzerhöhungen in doppelter Hinsicht problematisch: Höhere Steuern bedeuten für sie höhere Kosten. "Dies schwächt die Unternehmen in Rheinland-Pfalz. Denn auch bei ihnen steigt der Kostendruck, der in aller Regel nicht über höhere Preise an den Kunden weitergegeben werden kann", erklärte nun die IHK. Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK in Koblenz: "Die Hebesätze spielen für Unternehmen eine große Rolle, wenn es um die Frage der Ansiedlung geht - attraktive Hebesätze zeugen von vorausschauender und unternehmensfreundlicher Kommunalpolitik."

Rössel kritisiert die Entwicklung bei den Realsteuern. "Auch wenn die Steuererhöhungen dieses Jahr auf den ersten Blick moderater ausfallen als im Vorjahr, ist nicht erkennbar, dass die Erhöhungen Abhilfe bei den strukturellen Haushaltsdefiziten der Kommunen schaffen - und dies trotz ständig steigender Steuereinnahmen der Städte und Gemeinden. Es zeigt sich deutlich, dass die Mehreinnahmen überwiegend zum Stopfen von Haushaltslöchern verwendet werden. Dabei wären mehr Investitionen in kommunale Infrastruktur dringend erforderlich."

"Spitzenreiter" bei der diesjährigen Erhöhungswelle ist übrigens der Kreis Bad Kreuznach. Hier hat fast ein Drittel der Kommunen die Hebesätze erhöht, während im Kreis Cochem-Zell nur drei Gemeinden die Hebesätze erhöht haben. Im Bundesvergleich sind die Hebesätze in den vergangenen Jahren ebenfalls deutlich gestiegen. Im Durchschnitt liegen sie über denen in Rheinland-Pfalz. "Daraus darf nicht geschlossen werden, dass es in Rheinland-Pfalz Aufholbedarf gebe, wie es immer wieder aus der Politik zu hören ist", so Rössel. "Vielmehr müsse es Rheinland-Pfalz gelingen, diesen kleinen Standortvorteil bei den Hebesätzen besser zu nutzen." Dazu gehörten insbesondere mehr kommunale Investitionen.

Die vielen Hebesatzanhebungen gehen auch 2015 auf die Anhebung der so genannten Nivellierungssätze zurück. Diese wurden zuletzt von der Landesregierung 2013 angehoben: Bleibt eine Kommune hinter diesem Nivellierungssatz zurück, verliert sie Zuweisungen im interkommunalen Finanzausgleich.

Die Anhebung von Nivellierungssätzen führt also unweigerlich zu einer Aufwärtsspirale bei den Hebesätzen.

Alle aktuellen Realsteuerhebesätze finden sich im IHK-Realsteueratlas 2015. www.ihk-koblenz.de unter der Dok.-Nr. 2714190.

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