Dicke Lücke im Grafschafter Haushalt Jedes Kita-Kind kostet 7510 Euro

GRAFSCHAFT · Die Grafschafter Finanzlage bleibt angespannt. Eine Entlastung des Haushalts ist erst ab 2018 in Sicht: Durch Gewerbesteuer-Einnahmen aus der Haribo-Ansiedlung.

Symbolbild

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Foto: dpa

„Das ist kein guter Haushalt“, stellte Grafschafts Bürgermeister Achim Juchem (CDU) klar. Gestern Abend legte er dem Rat das für 2017 geltende Zahlenwerk vor, das einmal mehr höhere Ausgaben als Einnahmen vorsieht. Rund 1,6 Millionen Euro beträgt die voraussichtliche Lücke, die damit nahezu identisch ist mit der, die bereits im laufenden Haushaltsjahr 2016 in der Grafschafter Kasse klafft.

Zwar konnte der Kreditbedarf in der Planung gesenkt werden, dennoch werden wohl 800 000 Euro aufgenommen werden müssen, um anstehende Investitionen stemmen zu können. Besonders die Schulden belasten die Gemeinde. 28,1 Millionen Euro an Verbindlichkeiten werden bis Dezember 2017 auflaufen. Das entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung von 2536 Euro. Im Kreis Ahrweiler ist das ein Spitzenwert.

Allerdings hat die Grafschaft in den vergangenen Jahren auch tief in die Tasche greifen müssen, um in die eigene Zukunft zu investieren. Das Haribo-Grundstück musste bekanntlich terrassiert werden, von der katholischen Kirche wurden zwei Kindergärten übernommen, die Unwetterschäden vom 4. Juni mussten beseitigt, Flüchtlingen eine Unterkunft gewährt werden. Alles in allem Kosten, die in einem zweistelligen Millionenbereich liegen und in ihrer Folgewirkung hohe Belastungen auslösen.

Mit ersten Entlastungen rechnet Juchem im Jahr 2018, wenn Haribo erstmals zur Gewerbesteuerzahlung herangezogen wird. Aber: Mit jedem Euro, den die Gemeinde mehr einnimmt, steigt auch die zu zahlende Gewerbesteuer- und Kreisumlage, zudem werden die vom Land geleisteten Schlüsselzuweisungen empfindlich geringer. Dennoch ist sich der Bürgermeister sicher, dass seine Gemeinde in der mittelfristigen Betrachtung wieder auf einen grünen Zweig kommt. Was allerdings von der Ausgabendisziplin des Gemeinderates abhängig ist.

Bürger können mitreden

Donnerstag Abend wurde das Gremium erstmals mit den von Juchem vorgelegten Zahlen konfrontiert. Nun geht es in die Fraktionsberatungen, ehe der Etat dann am 8. Dezember verabschiedet werden soll. Auch die Bürger werden mitreden können: Der Haushalt ist im Internet abrufbar. Anregungen kann jeder Grafschafter dazugeben. Juchem geht davon aus, dass vorerst die Kreisumlage (5,467 Millionen Euro) – einer der dicksten Ausgabebrocken – wie auch die Steuersätze unverändert bleiben werden.

Weiter steigen werden hingegen die Personalkosten der Gemeinde, die jetzt schon fast 38 Prozent der Gesamtausgaben ausmachen. Während auf die Rathausbelegschaft lediglich drei Millionen Euro an Kosten entfallen, sind es beim Kindergartenpersonal knapp 3,5 Millionen Euro. Rechnet man die Ausgaben für die Bauhofmitarbeiter hinzu, kommt man auf rund acht Millionen Euro an reinen Personalkosten. Dies bei einem Gesamthaushaltsvolumen von etwa 21 Millionen Euro.

Die Kindergärten schlagen in der Grafschaft ohnehin besonders ins Kontor. Drei Millionen betrug der Aufwand für die Betreuung der in den Kitas gemeldeten 402 Kinder beispielsweise im Jahre 2015. Eine sechste Kindertagesstätte soll bekanntlich noch gebaut werden. Pro Kind beläuft sich der Aufwand auf 7510 Euro. Auch wenn der Kreis Erstattungen an die Gemeinde zahlt, so bleibt die Kommune doch auf einen gehörigen Betrag sitzen. Das gilt auch für die stark steigende Zahl der Sozialhilfefälle.

Weitere Kostentreiber

Darüber hinaus muss die Gemeinde 281 Straßen in Ordnung und 550 Wirtschaftswege in Schuss halten, muss 2400 Straßenbäume pflegen und 1650 Straßenlaternen warten. Zudem sind 76 gemeindliche Gebäude auf Vordermann zu halten. Weitere Kostentreiber: das knapp 180 Kilometer lange Leitungsnetz des Wasserwerkes mit seinen 4300 Anschlussleitungen oder auch das Abwasserwerk, dessen Netz sich über einhundert Kilometer erstreckt.

Um Regenfällen bei etwaigen künftigen Unwettern Rechnung zu tragen, will man die 22 Bachläufe besser pflegen, was die Einstellung von zusätzlichem Personal bedarf. 2,25 Millionen Euro werden – so sieht es der Plan vor – in weiteren Hochwasserschutz gesteckt.

Das Wort haben nun die Ratsmitglieder und die Bürger der Gemeinde, die sich an der Gestaltung ihres „Bürgerhaushaltes“ beteiligen können. Allerdings ist erfahrungsgemäß davon auszugehen, dass der Etat in seinen Grundzügen so verabschiedet wird, wie er gestern Abend im Rathaus zur weiteren Beratung vorgelegt wurde.

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