Grafschaft Obstbauern und Brenner genießen einen überregionalen Ruf

GRAFSCHAFT · Für Liebhaber frischer Früchte ist die Grafschaft ein Paradies. Nicht nur, dass die Höfe zur Erntezeit reifes Obst anbieten: Den ganzen Winter über haben sie saftige Birnen vorrätig und bis ins späte Frühjahr hinein knackige Äpfel. Denn ihr Obst lagert in modernen Kühlhäusern und wird nur nach Bedarf entnommen.

 Markenzeichen der Grafschaft: Die leuchtend roten Äpfel hängen in den Plantagen.

Markenzeichen der Grafschaft: Die leuchtend roten Äpfel hängen in den Plantagen.

Foto: Martin Gausmann

Im Frühjahr kommen Beeren mit ins Sortiment, später Kirschen und Pflaumen. Vor allem zur Erdbeerzeit verbreiten sich die süßen Aromen von den Feldern über Landstraßen und in Dörfer. Dabei hat jeder Betrieb so seine Spezialität. Bruno Müller beispielsweise zieht auf dem Margaretenhof in Oeverich seit Jahren Himbeeren und erntet bis weit in den Herbst.

Seine Eltern waren 1965 von Muffendorf, wo kein Platz für eine Erweiterung war, auf die Höhe gesiedelt und hatten mit Obst- und Gemüsebau begonnen, sich später aber auf Obstbau spezialisiert. Neben den Himbeeren wachsen auf 40 Hektar Erdbeeren, Äpfel und Birnen. Die Erdbeeren, bei denen auf dem Markt ein Überangebot besteht, will Müller zugunsten der Himbeeren aufgeben, denn die können unter Planen witterungsunabhängiger gezogen werden.

Von Milchwirtschaft und Ackerbau hat der Hof Watzig in Leimersdorf 1990 auf Obstbau umgestellt, denn die 30 bis 40 Hektar reichten nicht für Vieh und Getreide. Jetzt wachsen auf 65 Hektar Erd- und Johannisbeeren, Äpfel und Birnen, berichtet Christoph Watzig.

In Gelsdorf bietet der Obsthof Sonntag Sauerkirschen zum Selbstpflücken an, und die Freunde der saftig-sauren Früchte lassen nicht lange auf sich warten. Es gibt Pflaumen, Erd- und Stachelbeeren, Aprikosen und Birnen. Mit 50 Prozent liegt der Schwerpunkt allerdings auf Äpfeln. Imponierend ist die Sortenvielfalt mit Pinova, Sunrise, Delbar, Alkmene, Gala und Boskop, Braeburn und Rubinette, Elstar, Topaz und Pilot.

In eigener Safterei werden auch Früchte aus anderen Betrieben und von Streuobstwiesen verarbeitet. Das Who's who der Apfelsorten wiederholt sich auf den Grafschafter Höfen. Gern lassen die Obstbauern ihre Kunden probieren und legen die Vorzüge der einzelnen Züchtungen dar.

Etwa Hubert Krämer, der aus Köln kam und ab 1985 seinen Bio-Hof in Bölingen aufbaute. Stolz berichtet er, dass es der erste Bioland-Obsthof in West-Deutschland gewesen sei. Mittlerweile stehen 25 Apfelsorten in seinen Plantagen, darunter auch für Allergiker geeignete Spezialitäten wie Santana und Elise.

Zum Bio-Hof hat auch Johannes Nachtwey seinen Betrieb in Gelsdorf seit 2003 entwickelt. Seine Familie kam 1968 von Bad Godesberg nach Gelsdorf. "Die Nachfrage nach deutschem Bio-Obst war da, und der Pflanzenschutz gefällt mir so besser", begründet Nachtwey die Entscheidung.

Und er kennt die Herausforderung, mit den zugelassenen Mitteln Früchte von höchster Qualität auf den Markt zu bringen. Er hat sich auf Süßkirschen und Äpfel spezialisiert, bietet aber auch Birnen und Quitten an, produziert Säfte und Marmeladen.

Aus der Enge in Esch ist der Hof Kießling 1981 auf die Höhe gesiedelt, hat die Landwirtschaft aufgegeben und sich ganz dem Obstbau verschrieben. Äpfel, Birnen, Zwetschen, Süßkirschen werden auf 20 Hektar produziert. Dazu Beeren.

Wer über die Grafschaft fährt, mag sich über die vielen Hofläden wundern, die auch an Wochenenden öffnen und eigene Produkte wie auch Erzeugnisse anderer Betriebe anbieten. Bei Kießlings gehen 20 Prozent über den eigenen Ladentisch, auch Bauernsuppen aus dem Münsterland, Brot und Brotmischungen aus der Horbacher Mühle bei Lohmar, Eier aus der Eifel.

In anderen Betrieben macht der Direktverkauf etwa zehn Prozent aus. Das Gros vermarkten die Höfe über die Genossenschaft "Landgard" oder verkaufen zunehmend direkt an den Großhandel und Einzelhändler. Der Bio-Hof Krämer bringt seine Ware selbst zu Bio-Läden in den Städten. Bei jährlichen Hoffesten sind die Städter zum Selbstpflücken willkommen.

Wo Obst wächst, wird von jeher auch gebrannt. Michael Kießling hat sich mit der Brennerei seit 1998 ein zweites Standbein geschaffen. Hohe Auszeichnungen für seine "Geister" und Brände geben ihm recht. Neuerdings prangt sogar die Auszeichnung "Haus der prämierten Edelbrände" am Eingang zum Hofladen.

Ähnlich die Eifeldestillerie in Lantershofen, die Gründer Peter-Josef Schütz vor 75 Jahren als zweites Standbein für seine Landwirtschaft gegründet hatte, die mittlerweile aber Hauptsache des vielfach ausgezeichneten Unternehmens ist. Erst vor wenigen Tagen würdigte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner die Leistungen des Unternehmens bei einem Besuch in der Eifeldestillerie. Verkauft wird, wie bei Kießling, ab Hof sowie an die regionale Gastronomie und den Fachhandel.

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