Streit um die Leimersdorfer Tongrube Ortsbeirat Leimersdorf tritt geschlossen zurück

Leimersdorf · Im Streit um die Leimersdorfer Tongrube ist der Ortsbeirat des Grafschafter Ortsteils Leimersdorf geschlossen zurückgetreten. Als Grund werden Querelen mit der Gemeindeverwaltung genannt.

Der Ortsbeirat des Grafschafter Ortsteils Leimersdorf ist geschlossen zurückgetreten. Grund sind Querelen mit der Gemeindeverwaltung. „Ich sehe keinen Sinn mehr darin, hier weiter zu machen“, sagte Ortsvorsteher Hans Christoph Rech. Der Sozialdemokrat und die weiteren acht Mitglieder des Gremiums legten ihre Ämter mit sofortiger Wirkung nieder. Damit fiel auch die für Montagabend geplante Sitzung des Beirates im Leimersdorfer „Haus des Dorfes“ ins Wasser. Im Grafschafter Rathaus lösten die Rücktritte Kopfschütteln aus.

Vor Eintritt in die Tagesordnung startete der stellvertretende Ortsvorsteher Michael Kaes-Kunkel den Reigen der Rücktritte. Er trete mit sofortiger Wirkung als Vize-Ortsvorsteher zurück und lege zudem auch sein Mandat im Ortsbeirat nieder, sagte Kaes-Kunkel (SPD). Dem schlossen sich nach und nach die weiteren Mitglieder des Ortsbeirates an. „Ich nehme kein politisches Amt an, um mich verarschen zu lassen“, meinte Wolfgang Dietsche (SPD) wörtlich. Die Zusammenarbeit mit der Gemeindeverwaltung sei untragbar geworden, so die vorgetragene Meinung im Ortsbeirat.

„Hier geht es um viel, nämlich um die Frage, ob in Leimersdorf eine Mülldeponie eingerichtet wird“, sagte Orts-Chef Rech, der sich von Grafschafts Bürgermeister Achim Juchem (CDU) und dessen Verwaltung ungerecht behandelt fühlt. Erneut habe Juchem es nicht für nötig befunden, einen Verwaltungsmitarbeiter in den Ortsbeirat zu entsenden, um in der heiklen Diskussion um die etwaige künftige Nutzung der Leimersdorfer Tongrube als Mülldeponie mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Das Thema wird seit Monaten in unzähligen Sitzungen in der Grafschaft behandelt. Über alle Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg wird eine vom Betreiber der Tongrube beantragte Umwandlung in eine Mülldeponie abgelehnt. Auch die Kreisverwaltung hat diesbezüglich längst Stellung bezogen und mitgeteilt, dass sie den Bedarf für eine derartige Deponie als nicht gegeben ansieht.

Als die für Leimersdorf so wichtige Thematik in den Fachausschüssen der Gemeinde beraten wurde, hatten der Leimersdorfer Ortsvorsteher und sein Vertreter die Sitzungen allerdings jeweils vorzeitig verlassen und an den Beratungen nicht teilgenommen.

Alle Sitzungsunterlagen hätten dennoch sowohl Hans Christoph Rech als auch Michael Kaes-Kunkel seit Monaten zur Verfügung gestanden, hatte das Grafschafter Rathaus vor Wochen auf GA-Anfrage mitgeteilt. Auch sei jederzeit die Teilnahme an den fraglichen Sitzungen möglich gewesen. Von einem mangelnden Informationsfluss zu sprechen, sei daher völlig unverständlich. „Es stimmt einfach nicht, dass es keinen funktionierenden Informationsfluss gegeben hat“, unterstrich Bürgermeister Achim Juchem gegenüber dem General-Anzeiger.

Neuwahlen erforderlich, da es keine Nachrücker gibt

Rech und seine Beiratsmitglieder sehen das völlig anders. Informationen und Unterlagen seien nicht weitergeleitet worden. Wer dafür verantwortlich sei, wolle man nicht sagen, um keinen „in die Pfanne zu hauen“, sagte Rech, der nach seiner Erklärung nicht mit dem General-Anzeiger sprechen wollte und somit auch nicht preisgab, welche Unterlagen und Dokumente von wem, wann und an wen nicht weitergeleitet worden sein sollen.

Der Ortsbeirat in Leimersdorf setzt sich aus sechs SPD-Vertretern, zwei CDU-Vertretern und einem Freidemokraten zusammen. CDU-Beirat Christoph Weber blieb der Sitzung fern. Er ist also noch im Amt. Als einziger.

Faktisch ist der Ortsbeirat somit aufgelöst, Neuwahlen werden erforderlich sein, zumal die Zahl der auf den Parteilisten stehenden Nachrücker nicht ausreicht, um einen funktionstüchtigen Beirat auf die Beine zu stellen. Vorbehaltlich der Zustimmung durch die Kommunalaufsicht könnten die Neuwahlen zusammen mit der Bundestagswahl am 24. September durchgeführt werden – falls der Rat der Gemeinde Grafschaft diesen Termin vorschlägt. Der neue Ortsbeirat wäre dann lediglich bis zum Ablauf der Legislaturperiode, also bis 2019 im Amt. Stellt sich kein Leimersdorfer zur Wahl – weder als Ortsvorsteher noch als Ortsbeiratsmitglied – könnte der Gemeinderat die Auflösung des Ortsbezirkes beschließen.

Beiräte haben nur beratende Funktion

Bislang sind die Rücktritte nicht schriftlich im Grafschafter Rathaus eingereicht worden. Dies ist jedoch erforderlich, da eine bloße mündliche Ankündigung rechtlich unwirksam ist.

Grundsätzlich haben Ortsbeiräte lediglich eine beratende Wirkung, Entscheidungen werden ausschließlich im Gemeinderat gefällt. Das bedeutet, dass das kommunalpolitische Leben in Leimersdorf nun keineswegs lahmgelegt ist, da der Gemeinderat als oberstes Gremium in seiner lokalen Allzuständigkeit alle relevanten Entscheidungen oder Planungen ohne den Beirat treffen und durchführen kann.

Bürgermeister Juchem bedauerte gestern die Rücktritte der Beiratsmitglieder und des Ortsvorstehers: „Schade, dass es so gekommen ist.“ Wirklich überrascht sei er jedoch nicht gewesen, zumal es in den vergangenen Tagen bereits erkennbare Anzeichen für den Schritt der ehrenamtlich tätigen Leimersdorfer Kommunalpolitiker gegeben habe.

Die Freie Wählergemeinschaft hatte den Rücktritt der Mandatsträger bereits vor Wochen in aller Schärfe gefordert. Dies mit der Begründung, das Gremium sei offensichtlich überfordert.

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