Entscheidung gegen Lern- und Freizeitstätte Ratsmehrheit beerdigt die Frankensiedlung

Grafschaft · Das seit Jahren in Grafschaft-Nierendorf geplante und diskutierte Projekt „Frankensiedlung Nithrindorp“ ist vom Tisch. Der Grafschafter Gemeinderat hat das Planverfahren für die Lern- und Freizeitstätte endgültig eingestellt. Vor Beginn der Ratssitzung demonstrierten rund 70 Menschen pro Frankensiedlung.

 Bekundung pro Frankensiedlung: Rund 70 Bürger machen vor Beginn der Grafschafter Ratssitzung ihrer Enttäuschung Luft. Mit dabei Vorsitzender Mathias Heeb (3.v.r.).

Bekundung pro Frankensiedlung: Rund 70 Bürger machen vor Beginn der Grafschafter Ratssitzung ihrer Enttäuschung Luft. Mit dabei Vorsitzender Mathias Heeb (3.v.r.).

Foto: Martin Gausmann

Hämischer Applaus begleitete die Mitglieder des Grafschafter Gemeinderats am Donnerstagabend auf ihrem Weg zur Ratssitzung in die Sporthalle am Ringener Kreuzerfeld. Rund 70 Demonstranten hatten sich vor der Tür versammelt, um noch einmal ihren Willen zum Erhalt des Projekts „Frankensiedlung Nithrindorp“ zu bekunden.

Dass es nichts mehr bringen würde, war dem Vorsitzenden und Fraktionschef der Grünen, Mathias Heeb, da schon längst klar: „Ich habe Gespräche mit CDU-Mitgliedern geführt, die der Sache positiv gegenüberstehen, sich aber dem Fraktionszwang beugen werden“, kommentierte Heeb seine letzten Versuche, Einfluss auf die Mehrheitsfraktion im Grafschafter Rat zu nehmen, damit diese doch noch den Ratsbeschluss vom Dezember 2020 kippt.

Seinerzeit hatte man einstimmig dem hinter der Frankensiedlung stehenden Verein mit Heeb an der Spitze ein Ultimatum bis 1. Februar 2021 gesetzt, um seit Jahren fehlende Unterlagen zur Fortführung der Bemühungen um eine Änderung des Flächennutzungsplans und zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans vorzulegen. Andernfalls würden die Bemühungen eingestellt. Der Verein war zwar tätig geworden und hatte zum Stichtag eine Fülle von Unterlagen beschafft, diese waren aber nicht komplett. Neben fehlenden Aussagen zur Oberflächenentwässerung oder Regenrückhaltung, die der Verein hätte besorgen können, fehlte auch eine Aussage des Landesbetriebs Mobilität (LBM), der sich zur Notwendigkeit einer Linksabbiegespur von der Landesstraße 80 aus zu den geplanten Parkplätzen äußern sollte.

Eben diese fehlende Äußerung des LBM war in der Woche der Ratssitzung gekommen. Der Tenor: Eine Linksabbiegespur ist zwingend notwendig, Herstellung und Unterhaltung sind vom Vorhabenträger zu bezahlen. „Da kommen rund eine halbe Million Euro zusammen“, so Bürgermeister Achim Juchem (CDU) in der Ratssitzung. Offen blieb, ob der Vorhabenträger das stemmen kann. Was der LBM als Alternative empfiehlt, ist eine innerörtliche Anbindung der Frankensiedlung über die Brückenstraße und die Straße „Am Hang“ in Nierendorf. Das aber würde die Suche nach einem neuen Parkplatz nach sich ziehen, weil die zuletzt angestrebte Parkfläche über die Anbindung aus dem Ort heraus nicht zu erreichen ist.

Aufgrund des nun vorliegenden Schreibens des LBM beantragten Reinhold Hermann (FWG) und Udo Klein (SPD) eine Verlegung des Tagesordnungspunktes. Man müsse sich zunächst fraktionsintern neu beraten, da nun völlig neue Fakten vorlägen, so Hermann. Hubert Münch (SPD) wollte dem Verein ebenfalls nochmal Gelegenheit geben, zum LBM-Schreiben Stellung zu nehmen. Soweit kam es aber nicht mehr, denn die Ratsmehrheit schaffte finale Fakten. Maik Hintze (CDU) erinnerte daran, dass der Aufstellungsbeschluss bereits vor mehr als drei Jahren gefasst wurde. „Der Schwebezustand soll nun ein Ende haben. Die gesetzte Frist wurde nicht eingehalten, die Beendigung des Verfahrens ist logischer Schluss. Es geht dabei auch um die Glaubwürdigkeit des Gemeinderates“, so Hintze. Zudem fuhr Hintze weiteres schweres Geschütz gegen den Verein „Frankensiedlung Nithrindorp“ auf. Gemäß LBM-Schreiben habe das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium im Oktober 2020 die LBM-Auffassung zur Notwendigkeit einer Linksabbiegespur bestätigt. Die Gemeindeverwaltung habe keine Kopie dieses Schreibens erhalten, betonte Bürgermeister Juchem. „Dieser Brief muss auch an den Verein gegangen sein“, mutmaßte Hintze. „Der Verein hat alle hier im Rat getäuscht“, griff Wolfgang Reuß die ungeklärten Vorwürfe auf, in deren Folge der Gemeinderat zunächst mehrheitlich den Vertagungsantrag ablehnte und dann mehrheitlich beschloss, das Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans und zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Frankensiedlung Nithrindorp“ einzustellen. Die entsprechenden Aufstellungsbeschlüsse aus 2018 wurden aufgehoben.

Mathias Heeb, Vorsitzender des Vereins und Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, war während der Debatte aus Befangenheitsgründen vom Tisch abgerückt und kehrte auch nicht mehr zurück. Sympathisanten und Gegner der Frankensiedlung verließen nach der Abstimmung schweigend die Sporthalle.

Heeb hatte bereits vor der Sitzung des Gemeinderats ein ausführliches Statement veröffentlicht, in dem er von der zehnjährigen Geschichte der Frankensiedlung berichtete, von blutigen Nasen und Widerständen und von der Reaktion eines in die Ecke gedrängten Tieres, die auch beim Verein zu Überreaktionen führte. Zur Stimmung im Gemeinderat konstatierte Heeb eine „Boshaftigkeit, wie sie die meisten noch nicht erlebt haben.“ Und der Bürgermeister schaue diesem Treiben zu.

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