Kunst in der Grafschaft Theatermalerin lässt „Alt-Birresdorf“ wieder aufleben

Grafschaft-Birresdorf · Die Theatermalerin Annette Fritsch hat in Birresdorf ein fast 50 Quadratmeter großes Wandgemälde geschaffen. Ein Gebäudeensemble aus „Alt-Birresdorf“ lebt auf dem Kunstwerk wieder auf.

 Theatermalerin Annette Fritsch vor ihrem Kunstwerk auf einer Hauswand in Birresdorf.

Theatermalerin Annette Fritsch vor ihrem Kunstwerk auf einer Hauswand in Birresdorf.

Foto: Volker Jost

Im Vorbeifahren einen Blick in die Vergangenheit werfen – in Birresdorf ist das jetzt problemlos möglich. Die Birresdorfer Künstlerin Annette Fritsch hat auf der zur Saalstraße hin gelegenen Außenwand des Dorfgemeinschaftshofes ein knapp 50 Quadratmeter großes Wandgemälde geschaffen, das einen Blick auf die historische Entwicklung genau dieser Stelle über einen Zeitraum von fast 100 Jahren ermöglicht. Denn wenn der kleine Junge, für den Nachbarskind Max Radermacher Modell gestanden hat, über den nach unten gezogenen Vorhang schaut, erblickt er wie auf einer Theaterbühne die Ortsmitte von Birresdorf im vergangenen Jahrhundert.

Die ausgebildete Theatermalerin Annette Fritsch, die sieben Jahre lang an der Bonner Oper für die Bühnenbilder zuständig war, hat dort ein Gebäudeensemble aus vergangenen Zeiten wiederaufleben lassen und bediente sich dafür historischer Fotografien, die ihr von Birresdorfer Bürgern und von Historiker Ottmar Prothmann zur Verfügung gestellt worden waren.

Zu sehen sind unter anderem die Hubertus-Kapelle an ihrem ursprünglichen Standort in der Kurve, wo das Gotteshaus in den 1970er Jahren mehr und mehr im Weg stand und schließlich 1982 um sechs Meter an seinen jetzigen Standort verschoben und um 90 Grad gedreht worden war.

Ideengeber war Bauamtsleiter Friedhelm Moog

Auch der frühere Schäfershof, in dem heute der Dorfgemeinschaftshof untergebracht ist, erstand noch einmal in alter Pracht und ohne den heutigen Anbau an der Saalstraße. Besonders für die älteren Birresdorfer ein beliebter Treffpunkt war die Gastwirtschaft Stefan Harzem, die es allerdings auch schon seit vielen Jahren nicht mehr gibt. Dazu kommen noch einige historische Geräteschuppen und Fachwerkhäuser, an die man sich gerne erinnert. Und auch der Maibaum ist an seinem früheren Standort zu sehen, allerdings die meiste Zeit des Jahres über nur als geschälter Stamm. Ab dem kommenden Jahr soll der gemalte Baum aber im Mai mit echten Bändern geschmückt werden – ganz so, wie es früher immer war.

Die gebürtige Rommerskirchenerin Annette Fritsch lebt seit 1997 in Birresdorf und war sofort Feuer und Flamme, als Ortsvorsteher Klaus Huse ihr den Vorschlag unterbreitete, die Wand mit einem Gemälde zu verschönern. Die Idee dazu hatte allerdings Bauamtsleiter Friedhelm Moog, nachdem die Wand neu verputzt und getüncht worden war. „Dort wäre ein Kunstwerk gut aufgehoben“, fand Moog, „zumal auf der Hauswand schräg gegenüber ebenfalls schon ein Bildnis der Hubertus-Kapelle verewigt ist.“ Den in Richtung Berkum fahrenden Verkehrsteilnehmern springt das neue Gemälde jedenfalls sofort ins Auge, und während der vierwöchigen Malerarbeiten kamen immer wieder ältere Birresdorfer vorbei und freuten sich an dem, was nach und nach entstand.

Die Vorarbeiten für das Gemälde begannen allerdings schon im Sommer 2019, denn das ganze Bild musste zuerst in seinen Einzelteilen vorskizziert werden. Anschließend übertrug Fritsch die einzelnen Bild­objekte in den Computer und fügte sie dort zu einem Gesamtbild im Maßstab 1:15 zusammen. Dann schlug sie einen Nagel in die Wand, die den gedachten Mittelpunkt des Gemäldes darstellt, auf den alles zustrebt. „Der Nagel ist sozusagen das Zentrum von Birresdorf“, sagt Fritsch augenzwinkernd.

Betrachter entdecken immer wieder neue Details

Bei näherem Betrachten fällt eine Reihe liebevoller Details auf, die sowohl Erwachsene als auch Kinder beim Vorbeigehen immer wieder faszinieren. Wie etwa die Gitarre spielende Maus, eine Hommage an den Street-Art-Künstler David Zinn. Oder die pickenden Hühner, die flatternden Schmetterlinge und die alte Milchkanne.

Letztlich hat die Malerin bei der Recherche und auch bei der Arbeit selbst viel über Birresdorf und seine Geschichte gelernt. „Wo waren die Treppenstufen genau, und wie sieht ein Eggenschlitten, ein früher benutztes landwirtschaftliches Gerät, aus?“ All das bewegte die Birresdorferin in den zahlreichen Gesprächen, die sie geführt hatte. Im ehemaligen Kuhstall des Schäfershofes hatte sie für die Dauer der Malerarbeiten ihr Atelier eingerichtet, wo auch die Malutensilien gelagert werden.

Zum Einsatz kam eine hochwertige Lasurfarbe auf Wasserglasbasis, die mindestens 20 Jahre lang lichtecht und witterungsbeständig sein soll. „Ich habe viel weniger Farbe gebraucht, als ich dachte“, freut sich Fritsch, denn sie hat auch schon eine Idee für eine Verschönerung des Innenhofes des Dorfhauses.

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