Grafschafter Theaterverein sagt alle Vorstellungen ab Bei „Vorhang auf“ bleibt der Vorhang zu

Grafschaft · Der Grafschafter Theaterverein probt für seine Aufführungen 2021. Dann werden alle vier Stücke gezeigt. „Für den gesamten Theaterverein steht die Gesundheit und Sicherheit unserer Zuschauer sowie unserer Mitglieder an oberster Stelle“, so die Vorsitzende.

 Iin Leimersdorf wird für das Stück „Ein Krimi für das Schlossgespenst“ geprobt.

Iin Leimersdorf wird für das Stück „Ein Krimi für das Schlossgespenst“ geprobt.

Foto: Martin Gausmann

Beim Grafschafter Theaterverein „Vorhang auf“ bleibt der Vorhang in diesem Jahr zu. Sowohl die Premiere am Samstag, 21. März, als auch alle anderen Aufführungen der insgesamt vier Theaterstücke, die die Kinder- und die Jugendgruppe sowie die beiden Erwachsenengruppen seit Oktober einstudiert haben, fallen wegen der Corona-Krise in diesem Jahr aus.

„Die Entscheidung, unsere Theateraufführungen in diesem Jahr abzusagen, fiel mir und meinen Vorstandskollegen nicht leicht. Unsere Vereinsmitglieder haben sich ein halbes Jahr lang auf unsere Vorführungen mit viel Herzblut vorbereitet und sich da­rauf gefreut, unserem Publikum ein paar vergnügliche Stunden zu bereiten. Für den gesamten Theaterverein steht jedoch die Gesundheit und Sicherheit unserer Zuschauer sowie unserer Mitglieder an oberster Stelle. Daher haben wir uns zu diesem drastischen Schritt entschieden“, erklärt die Vereinsvorsitzende Annette Besseler. Alle vier Stücke sollen im kommenden Jahr inszeniert werden.

Das zuletzt auf der Bühne im „Haus des Dorfes“ in Leimersdorf heftig geflucht wurde, hatte damit aber noch nichts zu tun. Das gehörte genauso zur Inszenierung wie die Tatsache, dass die Darsteller auch bei den letzten Proben zuweilen noch mit dem Textheft dastehen und teils bewusst unter ihrem Niveau spielen. Sie machten es nämlich genau so, wie das Drehbuch von Werner Lachmann vorsah.

Da ist die Laune ist auf dem Nullpunkt gewesen. Mit mehr als einem Malheur ging es schon los. Ein verschütteter Kaffee, eine halb unleserliche Zeitung, Flecken auf dem Teppich, unausstehliche Nachbarn, ein Hundebiss und dann auch noch eine schlechte Nachricht für Ulrich Sperling. „Tante Rosamunde schickt mich. Ich soll euch sagen, dass dieses Jahr die Vogelfamilien dran sind“, teilt Amanda Katz der Familie ihrer Cousine Rosi Sperling mit. „Dran“ sind die Sperlings mit Theaterspielen bei der anstehenden Familienfeier, für die die reiche Tante alljährlich zwei andere Familien in der Verwandtschaft aussucht, und alle folgen in der Hoffnung aufs große Erbe. Während Rosi sich freut, hat Sohn Frank alles andere als Bock auf das „Gruftitreffen“ und Ehemann Ulrich wettert: „Ein Krimi für das Schlossgespenst, den soll sie haben, aber nur wenn die Kröte selber die Leiche ist.“

„Ein Krimi für das Schlossgespenst“ heißt auch die Komödie, die Regisseurin Carmen Bockshecker so gut gefallen hat, weil es um „ein Stück im Stück“ geht. Ebenso gefällt ihr das Tempo der Handlung. Schlag auf Schlag sollte es auch bei den Aufführungen gehen. Deswegen feilen die Darsteller bis zum Schluss noch am Timing.

„Etwa 15 Skripte“ hat Bockshecker, die von Regieassistentin Cornelia Hermanni unterstützt wird, diesmal gelesen, bis die Entscheidung fiel. „Witzig ist das eine, aber die Darstellung der Charaktere das andere“, sagt sie, und dass dieses Stück sehr vom Spiel der Akteure lebe. Umso mehr freut sie sich neben starken Darstellerinnen über drei männliche Neuzugänge, nachdem ihr „zwei Männer abhandengekommen sind“.

Neu dabei sind neben „Glücksgriff“ Horst Ball auch Andreas Marquard, der bereits über langjährige Bühnenerfahrung beim Dernauer Theaterverein und im Karneval verfügt, sowie der 20-jährige Lukas Schüttler, der aus der Jugendgruppe des Grafschafter Theatervereins aufgerückt ist.

Sie alle sorgen mit dafür, dass sich genauso gestritten wie geküsst wird, die Fetzen fliegen, Türen knallen und auch Blut fließt. Aber sterben wird am Ende keiner. Und auch die Zuschauer sollen Schmerzen höchstens vom Lachen haben.

Vom Wohnzimmer der Familie Sperling geht es beim zweiten Erwachsenen-Stück „Super-GAU im TV“ unter der Regie von Elisabeth Capalo ins Fernsehstudio, wo der seit Langem arbeitslose Pechvogel Theo Herkel eigentlich als Putzkraft anheuern will. Weil er mit einem amerikanischen Star-Moderator verwechselt wird, landet er aber unvermittelt vor der Kamera, obwohl er kaum Englisch kann und nicht wirklich professionell spricht und moderiert. Aber er sieht die Chance, bei schillerndem „Kauf TV“ seinem tristen Leben zu entkommen.

Die Chance, die Sage von „Georg, dem Drachentöter“ in einer modernen Version zu erleben, haben die Zuschauer bei dem Stück „Drachenburger“. Dazu inszenieren die 13- bis 18-jährigen Darsteller unter anderem auch einen Kampf per Monitor. „So viele Details wie noch nie“, hat Klaus Schmidt dieses Jahr für die Aufführungen gebaut. Allein ein Wappen und drei Drachenköpfe aus Holz und sogar ein mobiles Denkmal.“ Und auf die Insel Totumba entführen 9- bis 13-Jährige in der „Schule der Piraten“. In eine solche mutiert abends eine Piratenkneipe. Dort werden auch Fächer wie „Gemein sein“ und „Angst machen“ unterrichtet, aber am Ende ist Solidarität gefragt. So wie wohl auch bei Corona.

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