Nach Eingreifen des Vatikans Großpfarreien sind im Kreis Ahrweiler vorerst vom Tisch

Kreis Ahrweiler · Die Bildung von Großpfarreien ist vorerst vom Tisch. Nach einem Eingreifen des Vatikans verändert das Bistum Trier nun in wesentlichen Punkten die geplante Reform der Pfarreien.

 Die Pfarrkirche Sankt Peter in der Barbarossastadt Sinzig wird nun doch nicht Mittelpunkt der neuen Großpfarrei werden.

Die Pfarrkirche Sankt Peter in der Barbarossastadt Sinzig wird nun doch nicht Mittelpunkt der neuen Großpfarrei werden.

Foto: Gausmann

Das Bistum tritt die Rolle rückwärts an. Nachdem die Kleruskongregation des Vatikans sowie der Päpstliche Rat die synodalen Beschlüsse des Bistums Trier mit der damit einhergehenden Schaffung von Großpfarreien ausgesetzt hatten, zuvor Bischof Stephan Ackermann nach Rom zur Vorsprache und Erklärung gebeten worden war, ist eine gewisse Orientierungslosigkeit und Irritation gegeben. Klar ist indes, dass es die vom Bistum angestrebten Großpfarreien nach der Roten Karte aus Rom nun nicht geben wird.

Auch wenn Gottesdienste im Rahmen der Corona-Lockerungsmaßnahmen wieder zugelassen sind, sendet Pastor Jörg Meyrer sein „Sonntagswort“ regelmäßig für die Pfarreiengemeinschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler auf digitalen Kanälen. Sein jüngstes Wort war von kirchenpolitischer Prägung gekennzeichnet. Tenor: Mit der Vollbremsung aus Rom ist er keinesfalls einverstanden. Er sorge sich nun um die Zukunft der Kirche.

Mehr und kleinere Pfarreien statt 36 Großpfarreien

Nach einem Eingreifen des Vatikans verändert das Bistum Trier nun in wesentlichen Punkten die geplante Reform der Pfarreien. Anstatt 35 Großpfarreien zu bilden, plane das Bistum nun mit mehr und kleineren Pfarreien, teilte der Bischof jetzt mit. Das Oberhaupt der katholischen Kirche im Bistum Trier sieht sich selbst ernüchtert durch die Einschränkungen aus Rom: „Das ist natürlich einschneidend für unseren Bistumsprozess.“ Ackermann: „Der Weg ist jetzt mühsam und beschwerlich geworden.“

Leicht wird seine Vorsprache im Vatikan nicht gewesen sein. Denn: Die in Rom beanstandete Mängelliste war alles andere als klein. Die Rolle des Pfarrers im Leitungsteam der Pfarrei, der Dienst der übrigen Priester, die Konzeption der pfarrlichen Gremien, die Größe der künftigen Pfarreien sowie die Geschwindigkeit der Umsetzung – fast kein Punkt der Reform blieb verschont.

Bischof und Bistumsleitung seien sich durchaus bewusst gewesen, dass man mit der Neustrukturierung der Pfarreien in ihrer räumlichen Ausdehnung, ihrer Gremienstruktur und in der Konzeption der Leitung „bis an die Grenzen des geltenden Kirchenrechts“ gehen würden, so Bischof Ackermann, der insgesamt jedoch von einer kooperationsbereiten Gesprächsatmosphäre in Rom berichtete. Die mündete allerdings darin, dass der Bischof mit seinem Vorhaben scheiterte.

Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg betonte, wichtige Inhalte der Synode seien nicht infrage gestellt. Ziel bleibe, „diakonisch und missionarisch in der Welt von heute für und mit den Menschen in ihrem konkreten Leben präsent zu sein und zu wirken“. Allerdings seien im Gespräch in Rom „rote Linien aufgezeigt“ worden. Heißt insbesondere: Den Schritt von derzeit über 880 Pfarreien in 172 Pfarreiengemeinschaften zu 35 „Pfarreien der Zukunft“ trägt Rom nicht mit.

So ganz sieht sich das Bistum jedoch nicht auf der Verliererstraße: Es gebe die Idee, zunächst die Pfarreiengemeinschaften zu Pfarreien zu fusionieren und die bislang geplanten Pfarreien der Zukunft als Pastoral- oder Seelsorgeräume zu verstehen, so von Plettenberg. Auf dieser übergeordneten Ebene könne etwa die Verwaltung gebündelt werden.

Unisono sprach man sich in Trier dafür aus, die pastoralen Konzepte, die die Synode angestoßen hat und zu denen in den vergangenen Jahren Teilprozessgruppen gearbeitet hatten, voranzutreiben. „Statt eines starken Schnitts mit einer grundlegenden Neuaufstellung steht jetzt eher eine behutsamere Entwicklung an“, sagte von Plettenberg.

Jörg Meyrer, vehementer Verfechter der nun ausgebremsten Reformbemühungen: „Ich habe Angst, dass die Kirche sich zu einer kleinen, verschworenen Clubgemeinschaft entwickelt, wo nur wenige dazugehören.“ Schließlich sah die Reform auch wegen des dramatischen Priestermangels vor, Laien und insbesondere auch Frauen stärker in die pastorale Arbeit einzubinden.

Er sorge sich, dass es zu vermehrten Kirchenaustritten enttäuschter Christen kommen werde und bezieht die Ängste auf die Jugend und die Frauen, die ihren Platz nicht fänden, aber auch auf diejenigen, die nicht der Sexualmoral der Kirche entsprechend leben und auf diejenigen, die mit der Missbrauchsaufarbeitung keinesfalls zufrieden sind.

„Wir verlieren so viele Menschen, weil wir nicht mehr sprachfähig sind und uns zurückziehen“, so der Dechant. Sein Bild von Kirche sei ein ganz anderes, von der Synode geprägtes Bild einer offenen Kirche, die auf Menschen zugehe, zuhöre und gemeinsame Antworten suche.

„Vieles stimmt mich nachdenklich. Im Grunde versucht das Bistum, die Kirche mit radikalen Strukturveränderungen zukunftsfähig zu machen. Die wirklich notwendigen Veränderungen von innen he­raus, die nur die Weltkirche regeln kann, werden aber leider nicht angepackt“, meinte einer derjenigen, die sich im Kreis Ahrweiler mit großem Engagement gegen die Bildung der Großpfarreien ausgesprochen hatte, jedoch nicht genannt werden möchte.

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