Verbandsbürgermeister Marcel Caspers Haushalt von Bad Breisig bleibt eine Herausforderung

Bad Breisig · Nach 100 Tagen im Amt zieht der Bad Breisiger Verbandsbürgermeister Marcel Caspers Zwischenbilanz. Er möchte besonders die Digitalisierung vorantreiben. Bei den Finanzen gibt es Unwägbarkeiten.

 Neuer Chef im Bad Breisiger Rathaus: Marcel Caspers ist seit November im Amt.

Neuer Chef im Bad Breisiger Rathaus: Marcel Caspers ist seit November im Amt.

Foto: Martin Gausmann

Viele strahlende Gesichter sind zu einem großen Foto zusammengefügt, das an einer hellblau gestrichenen Wand im großen Chefbüro hängt. „Gemeinsam mit Marcel Caspers“ steht in der Bildmitte geschrieben. Das Foto zeigt Einzelporträts von Rathausmitarbeitern, die zusammengefügt als Ganzes einen bemerkenswerten Blickfang in der Amtsstube des Bürgermeisters der Verbandsgemeinde Bad Breisig bilden. Rund 100 Tage ist Marcel Caspers nun im Amt. Die 60 Kollegen, die ihm Tag für Tag bei der Bewältigung der Verwaltungsarbeit zur Seite stehen, bilden beim VG-Bürgermeister gut sichtbar einen besonderen Mittelpunkt hinter seinem Schreibtisch. So, als würde noch einmal besonders akzentuiert, dass die Belegschaft ihrem Chef loyal den Rücken frei hält – oder halt auch über die Schulter schaut.

65 Prozent erreichte Marcel Caspers bei der Bürgermeisterwahl im vergangenen September. Die Zahl „65“ steht daher neben Caspers Namenszug auch auf dem Schalke-Trikot geschrieben, das gerahmt das Büro des  Verwaltungschefs ziert. Ein weiteres Geschenk der Rathausmitarbeiter, die Caspers Vorliebe für den derzeit ans Strauchelns geratenen Ruhrpottverein kennen. „Ich bin auch so ein Malocher“, pflegt Caspers zu sagen, wenn er gefragt wird, warum er ausgerechnet zur Fangemeinde des 1904 gegründeten, stets in Blau-Weiß spielenden Clubs gehört.   

Maloche hat in der Tat Caspers Berufsweg geprägt. Bereits mit 16 Jahren startete der Rheinecker seine Berufslaufbahn in der Kommunalverwaltung, zunächst im Brohltal, dann in Bad Breisig, wo er im Rathaus dank fachlicher Kompetenz Stufe um Stufe nach oben kletterte – bis ins Amt des Verbandsbürgermeisters, nachdem ihm die Bürger mit einem eindeutigen Wahlergebnis ihr Vertrauen schenkten.

Früher suchte Caspers Rat bei seinem Vorgänger

 An seinen ersten Arbeitstag als Bürgermeister denkt er gerne zurück: „Es gab viel Vorfreude auf das, was nun vor mir liegen würde. Es gab aber auch viel Respekt vor der Aufgabe, der ich mich nun zu stellen hatte.“ Konnte er früher im Bedarfsfall das Gespräch mit seinem Amtsvorgänger Bernd Weidenbach suchen, der bekanntlich nicht wieder kandidierte, so fühlte Caspers sich zunächst etwas auf sich alleine gestellt. „Auf einmal war ich in der Situation, keinen Vorgesetzten mehr um Rat fragen zu können“, erinnert er sich. Längst hat er sich an diesen Umstand gewöhnt. „Ich stelle mich der Verantwortung gerne, zumal ich von einem kompetenten Team begleitet werde“, so der jüngste Bürgermeister im Kreis Ahrweiler.

Zu den ersten Amtshandlungen gehörten interne personelle Umbesetzungen.  Schließlich musste ein neuer Kämmerer gefunden werden – eine Position, die Caspers viele Jahre in der Verbandsgemeindeverwaltung bekleidet hat. Mit Laura Walbröhl hat er aus seiner Sicht eine geeignete Nachfolgerin gefunden. Besetzt wurde auch die Stelle einer Wirtschaftsförderin. Ein Eigengewächs des Rathauses soll nun als „Kümmerer“ den Dialog zu ansässigen Unternehmen pflegen und für Gewerbe-Neuansiedlungen werben.

 Die Schwerpunkte der bevorstehenden Arbeit sind klar gesetzt: Die Digitalisierung im ländlichen Raum will Caspers massiv vorantreiben. „Glasfaser bis vor jede Haustür“ ist für ihn kein inhaltsleerer Slogan. Stark investiert werden soll in diesem Zusammenhang auch in die Schulen, die in der Trägerschaft der Verbandsgemeinde stehen. Caspers: „Wir müssen hier so schnell wie möglich auf der Höhe der Zeit sein und dürfen dem Fortschritt nicht hinterherhinken.“ Für die Feuerwehren wurde ein Fünf-Jahres-Bedarfs- und Investitionsplan aufgestellt. Dessen Umsetzung wird viel Geld kosten, weiß der Bürgermeister, der selbst Mitglied der Feuerwehr ist und in Bad Breisig als Wehrleiter fungiert. Tief in die Tasche greifen müssen wird man auch bei der Sanierung und angedachten Erweiterung des reichlich in die Jahre gekommenen Rathauses, das einst als Beherbergungsbetrieb diente. Ein einziges Zimmer im Verwaltungskomplex kann mit dem Rollstuhl erreicht werden. Von Barrierefreiheit gibt es ansonsten keine Spur.

Architektenwettbewerb für das sanierungsbedürftige Rathaus

Ein Architektenwettbewerb wurde in Gang gesetzt, mit dessen Hilfe man vor Augen geführt bekommen möchte, welche baulichen Möglichkeiten sich ergeben, wenn die Verbandsgemeinde das klobige einstige Hotelgebäude in einen modernen, energieeffizienten und barrierefreien Verwaltungsbau umwandeln will. Bei der Finanzierung des notwendigen, jedoch auch kostspieligen Vorhabens kann die VG mit erheblichen Zuschüssen rechnen. Caspers arbeitet dran.

Was auch für die Stabilisierung des Haushalts gilt. Bislang konnte auf eine Anhebung der von den angeschlossenen Ortsgemeinden Brohl-Lützing, Gönnersdorf und Waldorf sowie der Stadt Bad Breisig zu zahlenden Umlage verzichtet werden. Nicht zuletzt, weil in Bad Breisig in den zurückliegenden Jahren auch die Vergnügungssteuer kräftig sprudelte. Allerdings: Verbuchte die Rathauskasse vor wenigen Jahren noch 700.000 Euro aus diesem Steuertopf, wird es in 2021 – wenn überhaupt – höchstens noch die Hälfte sein. Zum einen weil es eine Gesetzesänderung hinsichtlich der Höhe des Abgabebetrages gab, zum anderen haben Spielbetriebe und Gaststätten, in denen Spielautomaten angeboten werden, in Corona-Zeiten geschlossen. Die Vergnügungssteuer diente bislang dazu, den Umlagebedarf der Verbandsgemeinde zu kompensieren. Fällt der Ertrag weg oder wird er kleiner, dann muss die Umlage zu Lasten von Stadt und Ortsgemeinden angehoben werden. Caspers: „Natürlich sind wir stark bemüht, die Belastungen der Kommunen so gering wie möglich zu halten.“ Ob das gelingt, dürfte fraglich sein.

Einen Silberstreif am Horizont sieht Caspers für die hochdefizitären Römer-Thermen, die im vergangenen Jahr Corona bedingt mehr geschlossen denn geöffnet waren. Nachdem der Bund nun Finanzmittel aufgestockt und ein  Förderprogramm verlängert hat, will jetzt auch Bad Breisig profitieren. „Jetzt heißt es abwarten“, so Caspers. Der Antrag auf Mittelbewilligung sei längst raus.

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