Nachwuchs fehlt Gastronomie-Branche kämpft gegen Personalnot im Ahr-Kreis

Kreis Ahrweiler · Immer weniger junge Leute interessieren sich für eine Ausbildung in Hotellerie und Gastronomie. Das spüren die Betriebe im Kreis Ahrweiler massiv. Die Industrie- und Handelskammer will gegensteuern.

Auch richtiges Eindecken will gelernt sein. Doch der Hotel- und Gastrobranche fehlt es an Nachwuchskräften.

Auch richtiges Eindecken will gelernt sein. Doch der Hotel- und Gastrobranche fehlt es an Nachwuchskräften.

Foto: Martin Gausmann

Unregelmäßige, familienunfreundliche Arbeitszeiten, schlechte Bezahlung, ruppiger Umgangston, gerne auch unbezahlte Überstunden: Ein Beruf im Gastgewerbe ist für junge Leute oftmals nur wenig attraktiv. Nur 340 Azubis haben sich im IHK-Bezirk Koblenz im neuen Ausbildungsjahr für die Branche entschieden. Vor weniger als zehn Jahren waren es noch mehr als 900 Lehrlinge, die sich als Hotel- oder Restaurantfachmann ausbilden ließen.

Die Folge: Längst gibt es einen massiven Personalmangel in Hotellerie und Gastronomie. Nun will die Industrie- und Handelskammer gegensteuern. Jungen Menschen soll ein Beruf im Restaurantfach und Beherbergungsgewerbe schmackhaft gemacht werden. Insbesondere Arbeitgeber sind gefragt, Arbeits- und Ausbildungsplätze attraktiv zu gestalten.

Familienbetriebe haben es besonders schwer

Die Tourismusbranche in Deutschland boomt seit Jahren, doch es mangelt immer mehr an Personal in Gastronomie und Hotellerie. Gerade für Familienbetriebe in ländlichen Gebieten bleibt oft keine andere Möglichkeit als die Schließung. Erst jüngst schloss im Herzen von Bad Neuenahr das Hotel „Zum Goldenen Anker“. Neben einer ungeklärten Nachfolgeregelung gab Hotelchef Toni Giffels den Fachkräftemangel an.

Gasthaussterben ist ein bundesweites Problem: Einer Konjunkturumfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zufolge nennen 74 Prozent der Unternehmen im Gastgewerbe den Fachkräftemangel als Risiko für ihre geschäftliche Entwicklung. „Händeringend wird Personal gesucht. Das ist derzeit unsere größte Herausforderung“, teilte die Kammer mit.

Große Häuser werben mit Prämien

Die Arbeitszeiten in der Gastronomie stehen in aller Regel in keiner vernünftigen Relation zum Einkommen. In der Touristenregion Allgäu beispielsweise versucht inzwischen ein Zusammenschluss von sechzehn Luxushotels, Auszubildende mit einem Prämiensystem zu werben: Monatliche Extrazahlung von 100 Euro, jährlich einmal in einem der Hotels essen und schlafen und eine Prämie von 10.000 Euro für den besten Absolventen der Top-Hotels sind nur einige Beispiele.

Dagmar Lorenz vom Romantik-Hotel Sanct Peter in Walporzheim findet das gut: „Die Auszubildenden können so den Wohlfühlfaktor am eigenen Leib erleben. Wir müssen ihnen bessere, fairere Bedingungen bieten. Sie müssen mehr Wertschätzung erfahren.“

Bezahlung über Tarif ist eine Lösung

Längst hat sich das Blatt gewendet: Nun bewerben sich die Arbeitgeber bei ihren künftigen Mitarbeitern. Je nachdem wie groß die Personalnot ist, gibt es Prämien oder Bonus-Karten für Ermäßigungen in diversen Geschäften, Restaurants, Bars und für Freizeitangebote. Der Kampf um Azubis erstreckt sich in anderen Regionen auch auf Wohnangebote. Lorenz: „Das ist in Bad Neuenahr und Umgebung allerdings schwierig.“

Weniger schwierig dürfte eine bessere Bezahlung sein. Allerdings: Fast immer werde inzwischen „über Tarif bezahlt“, heißt es aus der Branche. 1493 Euro brutto verdient ein Hotel- oder Gastrofachmann zunächst nach seiner Ausbildung als Einstiegsgehalt, 2700 Euro (Führungskraft mit mindestens sechs Mitarbeitern) sind es in der höchsten Bewertungsstufe, die der Tarifvertrag des Hotel- und Gaststättenverbandes zuletzt 2017 abgeschlossen hat.

Wenngleich Hotel-Marketingberatungsfachfrau Natja Freund in einer IHK-Pressekonferenz zum Hotellerie-Fachkräftemangel auch unterstrich, dass die Digitalisierung auch zunehmend in der Branche Einzug hält und beispielsweise Personal an der Rezeption dank Online-Buchungen oder automatisierter Schlüsselausgabe über­flüssig machen kann, so wird jedoch die „Betreuung am Gast“ weiterhin in weiten Teilen unverzichtbar bleiben.

Mit dem Projekt „Hoga Next“ in die Offensive gehen

Die IHK-Koblenz will deshalb im Wettbewerb um Talente mit dem Projekt „Hoga Next“ in die Offensive gehen. Neue Formen der Arbeitsorganisation und eine neue Arbeitskultur mit entsprechenden Handlungsempfehlungen will man am 26. Februar in Koblenz ab 15 Uhr im IHK-Hauptgebäude, Schlossstraße 2, erörtern. Besondere Erfolgsmodelle sollen am 3. März (14.30 Uhr) in der Klostergastronomie Marienthal präsentiert werden. Der Familienfreundlichkeit wird man sich am 10. März im Monte Mare in Andernach (Beginn: 15 Uhr) widmen.

Insgesamt sind es sieben Module, die IHK-Tourismus-Referent Christian Dübner den Arbeitgebern in der Hotel- und Gastrobranche ans Herz legt.

Die wichtigsten Disziplinen im Azubi-Marketing – so das Ziel – sollen vermittelt werden. Schließlich sei es „ein steiniger Weg bis hin zum attraktiven Arbeitgeber“, so die IHK.

Weitere Informationen gibt es bei der Industrie- und Handelskammer Koblenz, Schlossstraße 2, (0261) 106-306, Christian Dübner, per Email duebner@koblenz.ihk.de, www.ihk-koblenz.de

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