Müllberge nach Flutkatastrophe im Kreis Ahrweiler Landrat warnt vor Seuchengefahr im Ahrtal

Der Landrat im Kreis Ahrweiler, Jürgen Pföhler, warnt vor Seuchengefahr im Ahrtal. Verschmutztes Wasser wird zur Gefahr für die Gesundheit der Menschen im Katastrophengebiet.

 Kipplader stehen nahe Ahrbrück vor einem Zwischenlager für Müll und Bauschutt.

Kipplader stehen nahe Ahrbrück vor einem Zwischenlager für Müll und Bauschutt.

Foto: dpa/Thomas Frey

Der Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler, machte bei einer Pressekonferenz in Bad Neuenahr-Ahrweiler auch sprachlich deutlich, was die Hochwasser-Katastrophe für seine Region bedeutet. Pföhler sprach von „kriegsähnlichen Zuständen“ und stellte fest: „Es besteht Seuchengefahr.“ Voraussetzung für eine Entschärfung der Gesundheitslage in den betroffenen Orten ist der Abtransport von Müll. Hier sei man auf einem guten Weg, sagte Begoña Hermann, die Leiterin des Kata­strophenschutzstabes. Sie appellierte aber an die Menschen, die bereits existierenden Müllberge nicht noch zu vergrößern: „Bitte noch ein paar kleine Tage warten.“

Am Samstag war der Verkehr im Ahrtal nahezu kollabiert. Damit Müllfahrzeuge freie Fahrt bekamen, wurde der Individualverkehr gestoppt. „Nur wenn der Unrat schnellstmöglicht aus den betroffenen Gebieten entfernt wird, können wir die Infrastruktur Stück für Stück wieder herstellen und mögliche Gesundheitsgefahren durch Müllablagerung eliminieren“, hatte Florian Stadtfeld vom Polizeipräsidium Koblenz erklärt.

Wie berichtet, ist die Versorgung mit Trinkwasser im Ahrtal schwierig, das Technische Hilfswerk (THW) leistet mit mobilen Wasseraufbereitungsanlagen wertvolle Arbeit. „Fäkalkontaminiertes Wasser“ könne Krankheitserreger übertragen und ernsthafte Magen-Darm-Erkrankungen sowie Hepatitis A auslösen, hat Wiete­­ Schramm, Arbeitsmedizinerin beim Tüv Rheinland, in einem SWR-Interview gesagt.

Flutkatastrophe hat auch Winzerbetriebe getroffen

Wie Schramm („Diese hygienischen Dinge sind ganz entscheidend“) weist auch das in Bonn ansässige Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Kata­strophenhilfe (BBK) auf Vorsichtmaßnahmen hin: „Ein Kontakt mit dem Wasser und dem Schlamm sollte möglichst vermieden werden, insbesondere wenn die Haut beispielsweise in Folge einer offenen Wunde nicht mehr intakt ist. Tragen Sie entsprechend schützende Kleidung.“ Nach Kontakt mit verunreinigtem Wasser oder Schlamm empfiehlt es sich laut BBK, die Haut gut abzuwaschen. Verunreinigte Bekleidung gehört in die Waschmaschine – mit einem Spülgang bei mindestens 60 Grad. Wenn das nicht möglich ist: entsorgen.

Die Flut hat auch die Winzerbetriebe an der Ahr ins Mark getroffen. Die Schwestern Dörte und Maike Näkel vom Weingut Meyer-Näkel in Dernau zum Beispiel wurden nach sieben Stunden Überlebenskampf aus der Krone eines Baumes gerettet. Der Jahrgang 2020 des Weinguts ist perdu. Schlimme Erfahrungen machten auch Winzerbetriebe in Mayschoss, Rech und Heimersheim. Eine aus der Not geborene Idee bestand darin, gerettete Flaschen zum Verkauf anzubieten. Manche Weine kommen im Schlammgewand zu den Kunden. Auch in Supermärkten in Bonn werden Flaschen mit Flut-Spuren verkauft.

Die Kreisverwaltung Ahrweiler hat das Verfahren jetzt mit einem Warnhinweis versehen. Ein Appell per Facebook liest sich so: „Wir müssen euch dringend darum bitten, die (verschlammten) Weinflaschen vorerst nicht mehr zu versenden.“ Der Schlamm könnte kontaminiert sein und werde derzeit untersucht.

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