Kirmes in Bad Neuenahr Adrenalinschub auf "Avenger"

BAD NEUENAHR · Der Schausteller nennt es schlicht "Fahrgeschäft". Die Besucher bei der Bad Neuenahrer Kirmes nannten es wahlweise "Schleudertrauma", "Hammerkeule" oder Megaquirl". Die Rede war von "Avenger", zu Deutsch: "Rächer", vor dem beständig Menschentrauben standen und staunten.

 Das Pendel des "Avenger" katapultiert die Fahrgäste in 24 Meter Höhe.

Das Pendel des "Avenger" katapultiert die Fahrgäste in 24 Meter Höhe.

Foto: Gausmann

Was sich auf jeden Fall rächte, war der vorherige Genuss von Kirmesleckereien. Nachdem die Sicherheitsbügel eingerastet waren, katapultierte das Pendel des "Avenger" seine Insassen rund 24 Meter in die Höhe. Die saßen an drei Armen zu je vier Sitzen mit dem Rücken zueinander und sahen so genau, wie ihnen der Boden unter den Füßen entschwand und dafür Hauswände und Himmel näher kamen.

"Zwölf Überschläge und zwei Überkopfstände", hatten die 15-jährige Alina und der 17-jährige Alex aus Bad Neuenahr gezählt, während sie sich heil runtergekommen erst einmal wieder sortierten: "Essen sollte man vorher nichts, und Wertsachen und Brille lieber bei Freunden am Boden lassen."

Angstschreie, die immer wieder von Stampfrhythmen übertönt und von wildem Flackerlicht begleitet wurden, waren auch beständig aus Richtung des "High Impress" zu hören. Wie auf einer außer Kontrolle geratenen Bratpfanne fühlten sich die Mitfahrer, die hinterher meist erst Mal ihre wackligen Beine wieder stabilisierten und die Frisur richteten, weil die Beschleunigung auf 4 G Spuren hinterließ: Vierfache Erdanziehungskraft wirkte auf den rotierenden Sesseln auf sich ebenfalls drehender Scheibe ausgesetzt, die sich zusätzlich schräg stellte.

Wem "Avenger" und "High Impress" als Mutproben zu viel waren, der wählte den "Hexentanz" mit Gondeln ohne Überschlag und nicht ganz so wild, aber immer noch in gehörigem Rüttel-Ritt, oder den Klassiker: "Musikexpress", bei dem mit Wellengang auch die Fliehkräfte zu spüren waren. Einer Mutter reichte indes schon der "Crazy Carpet": Ein Stillstand in neun Metern Höhe sei ihr genug gewesen, um die Aussicht zu genießen, und ihre Tochter konnte mit.

Riesenrutsche, Autoscooter, Karussell und Losbude hatten sie schon hinter sich. Besucher wie die beiden hätten sich die Schausteller zum Auftakt der Kirmes noch mehr gewünscht. "Aber das Wetter", stöhnten sie fast durchgängig. Der Regen habe gerade am Samstag viele abgehalten, erklärte etwa Sandro Reinhard: "Auf jeden Fall tagsüber."

Wo andere Kollegen aber zeitweise schon ein bisschen deprimiert dreinschauten, behielt Margit Ramus ihre gute Laune. Von Geburt an ist die 62-jährige Kölnerin im Schaustellergeschäft und seit 30 Jahren in Bad Neuenahr mit ihrer grünen Süßwaren-Lok dabei. "Es kommt schon mal vor, dass an einem Tag weniger los ist, aber das gleicht sich erfahrungsgemäß über die Kirmestage wieder aus," sagt Ramus, die dem Schaustellergeschäft treu bleibt, obwohl sie im September den Doktorhut in Kunstgeschichte erworben hat.

Was sie an Bad Neuenahr mag? "Die Kirmes ist klein und heimelig, man kennt die Kundschaft zum Teil schon seit vielen Jahren, und die Schausteller werden mit Respekt behandelt." Mehr zu tun hatte nicht nur sie am Sonntag, als die Besucher auf dem Kirmesplatz und entlang der Amüsiermeile zwischen Crepes-Stand, "Kamelrennen" und "Reitpalast" flanierten.

Die "Post" war derweil schon am Freitag im Zelt der Feuerwehr auf dem Postparkplatz abgegangen. Rund 600 Gäste hätten mit der Band "Jeckediz" gefeiert, die gleich wieder für 2014 verpflichtet worden sei, erklärte Wehrleiter Richard Lindner. "Seine" 40 Aktiven sowie deren Frauen und die Alterskameraden zeigten auch vollen Einsatz am Samstag, als DJ Fosco auflegte.

"Mal was anderes, weil das Publikum immer jünger wird", sagte Lindner und freute sich über gleichbleibend gute Resonanz, besonders über die Familien, und auch über die befreundeten Wehrkameraden, zum Teil vom Bodensee.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort