Ortsbesichtigung mit Bürgermeister Alfred Sebastian Die Menschen in Dernau wollen ihr altes Leben zurück

Dernau · Wohnmobil-Stellplätze und ein Kleinspielfeld könnten auf dem flutzerstörten früheren Sportplatzgelände in Dernau entstehen. Bürgermeister Alfred Sebastian hatte dorthin zu einer Sitzung des Ausschusses für Bauwesen und Unwetterschädenprävention eingeladen. Die Freifläche ähnelt zurzeit einer Mondlandschaft.

 Ortstermin am früheren, von der Flut weggespülten Sportplatz in Dernau: An dieser Stelle soll keiner neuer Sportplatz, jedoch ein Kleinspielfeld für Jugendliche entstehen.

Ortstermin am früheren, von der Flut weggespülten Sportplatz in Dernau: An dieser Stelle soll keiner neuer Sportplatz, jedoch ein Kleinspielfeld für Jugendliche entstehen.

Foto: AHR-FOTO

Mit knapp 1400 Einwohnern ist Dernau der zweitgrößte Ort in der Verbandsgemeinde Altenahr. Kaum eine Gemeinde wurde in der Flutnacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 so schlimm beschädigt wie der vom Weinbau und Tourismus lebende idyllische Ort an der Ahr. 85 Prozent der vorhandenen rund 620 Gebäude wurden von den Wassermassen beschädigt, manche so stark, dass nur ein Abriss oder Komplettsanierung bleiben.

Bei vielen zieht sich der Wiederaufbau hin, die Zeit der Sanierung, das Leben in Provisorien und der Unzulänglichkeit zehren an den Nerven.

War man unmittelbar nach der Katastrophe mit der Rettung des Hab und Guts und mit anschließenden Aufräumarbeiten abgelenkt und vollends beschäftigt, so ist bei den Dernauern nun eine Sehnsucht nach normalen Lebensverhältnissen ohne Bauschutt und Baulärm spürbar. Eine Beobachtung, die auch Ortsbürgermeister Alfred Sebastian macht: „Die Menschen wollen ihr altes Leben zurück. Sie wollen sehen, dass es jetzt voran geht.“

Vielfach findet die Arbeit jedoch hinter den Kulissen statt. Beispielsweise, wenn es um die Zukunft der Dernauer Sportstätten geht. Sebastian, seit 2009 Bürgermeister des Ortes, hatte daher für Samstagnachmittag zu einer Sitzung des Ausschusses für Bauwesen und Unwetterschadenprävention eingeladen. Treff war die inzwischen einer Mondlandschaft ähnelnden Freifläche am einstigen Sportplatz, der in der Flutnacht weggeschwemmt worden war. Das Sportlerheim war ebenfalls komplett zerstört worden. Der Ausschuss konnte sich davon überzeugen, dass hier ein Neuaufbau mit Bedacht im Gange ist. Auf Tore- und Punktejagd werden die Dernauer Kicker dort nicht mehr gehen: Als interkommunales Projekt wird der Fußballverein künftig gemeinsam mit Ortsnachbar Mayschoss oberhalb von Marienthal eine neue Sportanlage bauen. Sebastian sprach von einem „tollen Standort“.

Allerdings sind die Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern noch nicht abgeschlossen. Im März hofft man auf eine Entscheidung. An alter Stätte soll indes ein Kleinspielfeld für Jugendliche entstehen. Möglicherweise – so erklärte der Bürgermeister – wolle man die Fläche noch weiter absenken und zusätzlichen Retentionsraum schaffen: „Wir wollen hier als Gemeinde Vorbild sein“, sagte Sebastian.

Abstellmöglichkeiten für Wohnmobile seien ebenfalls auf dem weitläufigen früheren Sportplatzgelände denkbar, da die Fahrzeuge bei einer auftretenden Gefahrenlage schnell aus der Gefahrenzone gebracht werden könnten. Das bisherige Sportlerheim, das völlig entkernt werden musste, hat gerade neuen Estrich auf dem Fußboden aufgetragen bekommen.

Sebastian und der Bauausschuss gehen davon aus, dass das Gebäude in Zukunft als Jugendheim und Begegnungsstätte genutzt werden kann. Schließlich gibt es keine Dorfkneipe mehr: Da böte sich ein solcher Treff, der von den Ortsvereinen bewirtschaftet werden könnte, nach Meinung des Bürgermeisters durchaus an.

Bauhof-Areal als Notversorgungszentrum

Aus den schlimmen Erfahrungen in der Flutnacht hat man in Dernau gelernt. So soll das auf einer Höhe gelegene Areal des Bauhofs als Notversorgungszentrum genutzt werden. Aus Amsterdam hat man bereits Einzelteile für das Dach einer Halle kostenlos besorgen können, Wasser und Strom sollen bereitstehen, um im Falle einer notwendig gewordenen Evakuierung des Dorfes gewappnet zu sein. In einer Halle lagern Baustoffe und Handwerkszeug, um Hilfe zur Selbsthilfe leisten zu können.

Auch wenn sich rund 20 Monate nach der verheerenden Katastrophennacht viele Dernauer derzeit in einem von Alfred Sebastian wahrgenommenen Stimmungstief befinden, so ist der Ortsbürgermeister doch zuversichtlich, dass die Talsohle durchschritten ist. Auch wenn man im Weinort lange auf die Wiederherstellung beispielsweise der Straßenbeleuchtung warten musste: nun erstrahlt sie. Sebastian: „Und so geht es immer weiter und weiter.“

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