Marc Ulrich Ahrweiler Unternehmer informiert sich im Silicon Valley

BAD NEUENAHR-AHRWEILER · Unternehmer Marc Ulrich schaute zwölf Tage hinter die Kulissen von Apple, Google, Facebook & Co. Sichtlich beeindruckt und voller neuer Eindrücke kehrte der 38-Jährige aus den USA nach Bad Neuenahr-Ahrweiler zurück.

Marc Ulrich am „Googleplex“: In Mountain View arbeiten 15 000 Mitarbeiter für den US-Giganten.

Marc Ulrich am „Googleplex“: In Mountain View arbeiten 15 000 Mitarbeiter für den US-Giganten.

Foto: Marc Ulrich

Zwölf Tage war der Ahrtaler Unternehmer im Silicon Valley und dem 70 Meilen entfernten San Francisco unterwegs. Marc Ulrich hat Facebook-Gründer Mark Zuckerberg in einem Großraumbüro sitzen sehen und mit milliardenschweren Investoren, die in Holzfällerhemd und Sneakers zum Treffen kamen, gesprochen. Sein Fazit, das er am Donnerstag, 24. August, in einem Inspirations-Vortrag weitergeben möchte, vorab im GA-Gespräch: „Die Spielregeln werden für alle Branchen derzeit komplett neu geschrieben. Was von vielen Firmen in Deutschland noch als Science-Fiction abgetan wird, ist im Silicon Valley längst Realität: künstliche Intelligenz. Die Geschwindigkeit, mit der hier aus Ideen Produkte entstehen, ist atemberaubend. Der deutsche Mittelstand muss aufpassen, dass er nicht den Anschluss verliert.“

„Alle zehn Jahre ändert sich die Art und Weise, wie Menschen Computer nutzen. Die letzte große Revolution war die Einführung des Smartphones. Die Experten im Valley gehen davon aus, dass die nächste große Welle, getrieben durch künstliche Intelligenz, eine 100 Mal größere Auswirkung haben wird. Das heißt zum Beispiel, dass eine Website in dem Moment, in dem sie angeklickt wird, sich individuell erstellt. Oder beispielsweise jeder eine auf seine Bedürfnisse zugeschnittene eigene Zeitung bekommen könnte“, so Ulrich.

Nach dem Motto „Wer die Zukunft mitgestalten will, muss dorthin gehen, wo sie entsteht“, machte sich der Familienvater mit einer Gruppe von 15 Unternehmern aus der Bundesrepublik auf in die Hightech-Metropole. „Da meine Devise ohnehin 'lebenslanges Lernen' lautet, weiß ich, dass man in die eigene Fort- und Weiterbildung investieren muss. Wer nicht fragt, was als Nächstes kommt, der bleibt hängen. Das kann für ganze Branchen existenzbedrohend werden.“

Dank der Organisation eines Berliner Zukunftsinstitutes konnte er einen exklusiven Insider-Blick hinter die Kulissen von Apple, Google, Facebook & Co. werfen. Auch auf die Baustelle des größten Bürogebäudes der Welt - Apples neuem Campus in Form eines Raumschiffes. Auf 260.000 Quadratmetern werden in rund einem halben Jahr 13 000 Mitarbeiter Platz finden. Alleine den Wellnessbereich für die Angestellten lässt sich Apple 70 Millionen Dollar kosten.

Was kann Deutschland lernen

„Unglaublich“, findet Ulrich, „was für die Mitarbeiter getan wird. Da können wir uns im Kampf um die Fachkräfte in Deutschland einiges abschauen.“ Zum Rundum-Sorglos-Paket bei Facebook gehört zum Beispiel, dass die Mitarbeiter zwölf Stunden am Tag in zehn Restaurants bedient werden. Ärzte, Therapeuten, Fitnesscenter, Gutscheine für Aktivitäten wie Skifahren: Zuckerberg stellt einiges an, um die besten Talente zu gewinnen. Alle Services sind kostenlos - bis hin zur Geschlechtsumwandlung. Ulrich war aber auch in Mini-Start-up-Büros zu Gast. Die zentrale Frage „Was kann der deutsche Mittelstand für die Kunden- und Mitarbeitergewinnung vom Silicon Valley lernen?“ hatte er in den Gesprächen immer parat.

Eine Erkenntnis hat den Kreisstädter überrascht: „Auch im Valley spielt bei allem Wissen und Kapital ein Element die zentrale Rolle: Beziehungen. Aber die sind dort wesentlich einfacher und schneller aufzubauen als in Deutschland.“ Das geballte Netzwerk aus Investoren, Firmen, Bildung und Mentoren sei weltweit einzigartig und befruchte sich gegenseitig. 15 Milliarden Dollar Wagniskapital würden dort jährlich in Wetten auf die Zukunft gesetzt. Das Geschäft sei hart, losgelöst von den Erfolgsgeschichten wie Facebook oder Paypal würden nur zwei Prozent aller Start-ups ein Erfolg.

Die dunkle Seite des Valleys

„Kommt das Valley dort im Nirgendwo unglaublich unaufgeregt, fast bieder ohne Prunk und Protz daher, geht im nahen San Francisco technologisch richtig was ab. Zwischen den beiden Zentren herrscht kein Krieg, sondern eine Schlacht um die besten Köpfe.“ Das bestätigte ihm auch ein deutscher Facebook-Manager beim Mittagessen: „Komm ins Silicon Valley wenn Du doppelt erfolgreich sein willst.“ Große Unternehmen wie RWE schicken mittlerweile Teams zum „Co-Working“ dorthin. „Raus aus dem aktuellen Geschäft, aus den Strukturen, damit der Blick sich öffnen kann“, dafür plädiert Ulrich ohnehin.

Es gibt auch eine dunkle Seite des Valleys, denn die Prognose lautet, dass bis 2020 weltweit fünf Millionen Arbeitsplätze durch Digitalisierung und Automatisierung verloren gehen. „Davon werden auch Ärzte, Steuerberater oder Rechtsanwälte betroffen sein“, so Ulrich, der in der Entwicklung jedoch eher Chancen statt Risiken sieht. Aus der Sicht sei die Forderung nach einem Grundeinkommen, für das auch Zuckerberg bedingungslos plädiere, logisch. „Dann kann sich der Mensch auf das fokussieren, für das er sich berufen fühlt.“

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