Thermen-Schließung und die "Miete" der Spielbank Aktionäre für Sonderprüfungen

BAD NEUENAHR · Die 149. Hauptversammlung der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr im 156. Jahre des Heilbades schlug mit einer Dauer von acht Stunden so ziemlich alle Rekorde. Und bescherte der 150. Hauptversammlung im kommenden Jahr zusätzliche Tagesordnungspunkte. Denn die für gestern angesetzte Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat wurde bis dahin verschoben.

Vorstand Christoph Reinicke vor dem Plenum der Aktionäre im Kurhaussaal.

Vorstand Christoph Reinicke vor dem Plenum der Aktionäre im Kurhaussaal.

Foto: Martin Gausmann

Grund: Drei Prüfanträge, die die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, mit 27,4 Prozent größter Einzelaktionär, durchgebracht hatte. Dies alles war allerdings nur möglich, weil sich die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) firmierende Interessengemeinschaft von Aktionären (IG) nicht an der Abstimmung beteiligte. Die GbR hält 53,9 Prozent der Aktien und hat den Aufsichtsratsvorsitzenden Otto L. Adelberger als Frontmann. Dieser hatte denn auch die Zurückhaltung der IG angekündigt.

Bei den Prüfanträgen geht es konkret um mögliche Schäden für die AG durch die Schließung der Ahr-Thermen. Die soll ein Sonderprüfer ebenso ermitteln wie die unentgeltliche Überlassung von Mieträumen an die Spielbank, hinter deren GmbH & Co. KG auch die IG steht, die den Aufsichtrat der AG Bad Neuenahr beherrscht. Und schließlich soll ein sogenannter besonderer Vertreter klären, inwieweit Schadensersatzansprüche gegen ab 2009 tätige Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder sowie die IG im Zusammenhang mit den Mieträumen für das Casino geltend gemacht werden können.

Mit ihrer Mehrheit drückte hingegen die IG die Fritz Kesel & Partner OHG erneut als Abschlussprüfer durch. Das machen die Münchner seit 1969, zogen sich aber den Unwillen von Thomas Heidel, Aktionär und in diesem Fall Sprecher und Anwalt der Stadt, zu. Da fielen Worte wie "Kumpanei" und "Blindheit". Grund: Die Münchner hatten, wie ihr Vertreter gestern selbst einräumte, in der Vergangenheit keine Abhängigkeitsprüfung vorgenommen. Soll heißen: Klären, wer hat bei Spielbank und AG die Hände drin. Es war der Bad Godesberger Aktionär Ralf Jochen Ehresmann, der sich da mit seinem Antrag durchsetzte: Vertagung bis zur Vorlage der Prüfergebnisse.

Denn da geht es unter anderem um die Klärung der Frage, warum seit 1948 die Spielbankabgabe quasi mit der Miete für das Casino verrechnet wurde. Dies übrigens mit ministeriellem Segen aus Mainz. Einen Geldsegen will Vorstand Christoph Rienicke den Aktionären 2017 bescheren. Die erste Dividende seit vielen Jahren.

Mit Verweis auf den Geschäftsbericht (der GA berichtete) nannte er neue Ziele der AG. So die Erweiterung der Villa Sibilla um ein Haus mit Wohngemeinschaften für Senioren (Felix-Rütten-Straße) und ein Haus für die Pflege an der Beethovenstraße. Reinicke: "Auch wollen wir als Pflegedienst in der ganzen Stadt unterwegs sein. Dafür stellen wir ein." Weiteres Standbei soll die Telemedizin sein. Den Verkauf der Stadt begründete er mit der Antwort auf die alte Frage "Was tun, wenn das Pferd tot ist?" - "Man versucht es in einem fremden Stall unterzubringen, in dem es vielleicht weiterlebt." Für die AG sei es wichtig gewesen, sich von dem defizitär arbeitenden Bad zu trennen. Das hätte schon früher geschehen müssen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort