Historie aus Ahrweiler Als Bachem um seine Sonntagsmesse kämpfte

Bachem · Wie ein Heimatverein 1959 für seinen Einsatz vom Bistum Trier abkanzelt wurde und später Sankt Pius in Ahrweiler entstand.

 Seit 2014 erstrahlt die Bachemer Anna-Kapelle in neuem Glanz. Für Sonntagsmessen in dem Gotteshaus hatte vor fast 60 Jahren der Bachemer Heimatverein gekämpft.

Seit 2014 erstrahlt die Bachemer Anna-Kapelle in neuem Glanz. Für Sonntagsmessen in dem Gotteshaus hatte vor fast 60 Jahren der Bachemer Heimatverein gekämpft.

Foto: Martin Gausmann

Das Bistum Trier ist im Umbruch. Die Ergebnisse der Synode werden umsetzt. Aus 900 Pfarreien werden 35 Großpfarreien. Trier bietet Transparenz und Diskussionen an. Die Gläubigen werden eingebunden. Das war nicht immer so. Den Beleg dafür hat der Bachemer Lothar Pötschke in seinem Archiv gefunden und dem General-Anzeiger zur Verfügung gestellt.

Man schrieb den 1. August 1958, als sich die Bachemer, vertreten durch ihren damals noch existierenden Heimatverein an den Ahrweiler Dechanten Josef Rausch wandten. Ihr Begehr: ein regelmäßiger Sonntagsgottesdienst in der Anna-Kapelle. Grund: der weite Weg nach Sankt Laurentius in Ahrweiler. Die Antwort kam sechs Wochen später: „Allein zuständig ist die Bischöfliche Behörde in Trier.“ Dennoch leitete der Dechant das Schreiben des Vorsitzenden Albert Dresen weiter, dito die Antwort aus Trier wiederum an Dresen mit der Formulierung „dass ein Sonntagsgottesdienst in der Kapelle zu Bachem aus grundsätzlichen Erwägungen nicht genehmigt werden kann“.

Das war am 15. November desselben Jahres. „Was denn mit Erwägungen gemeint sei“ wollte dann Dresen per Schreiben an das Generalvikariat in Tier mit Datum vom 26. November 1958 wissen. Die Antwort des Generalvikars kam per Post vom 1. Dezember 1958. Inhalt: „Bei dem herrschenden Priestermangel können neue Filialgottesdienste nicht eingeführt werden.“ Und der Ton wurde rauer: „Im Übrigen ist es nicht Sache eines Heimatvereins Anträge um Sonntagsgottesdienste zu stellen.“ Zwei Tage vor Weihnachten 1958 erhielt Dresen dann erneut Post aus Trier. Das Generalvikariat wolle unter „keinen Umständen zusagen, noch viel weniger der Gründung einer eigenen Seelsorgestelle Bachem“. Und die „aufdringliche Sekte der Zeugen Jehovas“ sollten sich die Bachemer selbst vom Hals halten.

Domkapitular Reinhold Schäfer war da in seinem Schreiben vom 10. Februar 1959 deutlich netter. Er vertrat die „persönliche Meinung“, dass die „weit ausgedehnte Pfarrei Ahrweiler in absehbarer Zeit eine Teilung erfahren muss“. Schäfer zog den Bau einer zweiten Kirche in Erwägung, bat „um ruhigen Verlauf der Dinge“.

Am 15. März 1959 legte dann Dresen richtig los, drei eng beschriebene Seiten ans Generalvikariat. Der Chef des Heimatvereins untermauerte den dringlichen Wunsch nach dem Sonntagsgottesdienst mit weiten Wegen für Kinder und Senioren, mit den Gästen in der Fremdenverkehrssaison und auch damit, notfalls ein eigenes Pfarrhaus für einen Geistlichen im Ruhestand bauen zu wollen. All dieses „aus Sorge um die Dorfgemeinschaft“. Ein Durchschlag ging an den – den Bachemern freundlich gesinnten – Domkapitular. Die Reaktion des Generalvikars vom 20. März 1959 ließ es an Deutlichkeit nicht missen: „Wir bitten Sie dringend, uns mit weiteren Schreiben in Sachen Kapelle Bachem verschonen zu wollen.“

Das ließ der unermüdliche Dresen nicht auf sich sitzen und wandte sich diesmal direkt an Bischof Matthias Wehr. Am 15. April 1959 schrieb Dresen von „warnenden Antworten“ und einem „Schock in der Bevölkerung“ nach dem jüngsten Schreiben des Generalvikars. Und, so Dresen wörtlich: „Nur die beste Überredungskunst hat verhindert, dass dieses Schreiben zur öffentlichen Diskussion (Zeitungen) gestellt wurde.“ Es kam keine Antwort. Dresen ließ nicht locker und fragte mit Schreiben vom 2. Juli 1959 nach. Die Antwort datiert mit dem 13. Juli 1959. Und diesmal kam die Post vom Bischöflichen Geheimsekretär Karl-Heinz Jacoby: „Teile ich Ihnen im Auftrage des Hochwürdigsten Herrn Bischofs mit, dass er zurzeit nicht in schwebende Verfahren eingreifen möchte.“ Ein nochmaliges Schreiben von Dresen am 20. November 1959, in dem er beklagt, „eine ausführliche und klärende Aussprache blieb uns versperrt“, blieb ohne Antwort.

Eine Lösung gab es erst 1965 mit der Gründung der Pfarrei Sankt Pius. Diese hatte zunächst in einer Baracke auf der heutigen Pius-Wiese eine Notkirche, die jedoch am 12. Januar 1968 abbrannte. Am 23. März 1969 wurde die heutige Pius-Kirche eingeweiht.

Alles war im Lot. Die Bachemer hatten ihren ersehnten Sonntagsgottesdienst in räumlicher Nähe. Bis die Pfarreiengemeinschaft der Kreisstadt 2015 den immer weniger werdenden Gottesdienstbesuchern Rechnung trug und diesen auch in Sankt Pius ersatzlos strich.

Sankt Pius bleibt seitdem die Vorabendmesse am Samstag. Denn in der gesamten Kreisstadt besuchen nur noch knapp 2500 der 16 000 Katholiken an den Wochenenden die Messen. Das haben Zählungen der Pfarreiengemeinschaft ergeben. Albert Dresen, der einst um das Seelenheil seiner Bachemer Mitbürger kämpfte, stünden die Haare zu Berge – sofern er noch lebte und noch welche hätte.

Und was macht Lothar Pötschke mit den Unterlagen? Ich werde sie nach der Veröffentlichung durch den General-Anzeiger dem Kapellenverein um Reinhold Kurth zur Verfügung stellen. Dort sind sie am besten aufgehoben, sagte der 77-Jährige dem GA.

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