Flut in Bad Münstereifel Schutt und Schlamm prägen die zerstörte Altstadt
Bad Münstereifel · Zwei Tage nach der Flut zeigt sich in der historischen Altstadt ein Bild der Verwüstung. Wo sonst Touristen flanieren, türmen sich jetzt Schutt und Schlamm und schleppen Anwohner und Helfer das zerstörte Hab und Gut aus ihren Häusern. Bad Münstereifel ist zerstört.
Touristen sind auch heute in Bad Münstereifel unterwegs, zwei Tage nach der Flut flanieren sie über zerstörte Straßen, weichen den aufgehäuften Pflastersteinen und zerbrochenen Asphaltplatten aus, umgehen die Flatterbänder und machen Fotos von der Verwüstung. Von Einheimischen und Helfern unterscheiden sie sich durch die fehlenden Schlammspritzer auf der Kleidung. Sie sind nicht gern gesehen zur Zeit. Erst als sich der GA-Fotograf zu erkennen gibt, lässt ein Ladeninhaber die Schaufel sinken, die er gegen ihn erhoben hatte.
Mehr als Katastrophen-Touristen sind in der Altstadt freiwillige Helfer unterwegs. Ganze Gruppen von jungen Leuten, ausgestattet mit Spaten, strömen in die Stadt und fragen, wo ihre Hilfe benötigt wird. „Am Klosterplatz steht jemand von der Stadt und koordiniert das“, werden sie freundlich weiter geschickt. „Wir haben mehr Hilfe, als wir brauchen“, heißt es dort. Vor allem den Aufrufen in den sozialen Netzwerken würden viele Leute folgen. „Es gab einen Aufruf, dass hier Traktoren gebraucht würden“, berichtet ein Helfer, der nicht mit Namen genannt werden möchte. „Und jetzt kommen von überall her Landwirte mit ihren Traktoren und verstopfen die Zufahrtsstraßen.“
Freiwillige weggeschickt
„Wir haben schon Freiwillige weg geschickt“, sagt Josef Mütter, Inhaber von Mütters Buchhandlung am Markt. Gemeinsam mit Freunden und Bekannten räumt Bücher, Postkarten und andere unbrauchbar gewordene Waren vor die Türen. Sie lachen und scherzen bei der Arbeit. „Das ist kein Galgenhumor“, sagt Josef Mütter, „das ist die Zuversicht für das, was kommt.“ Als er nachts bis zur Brust in seinem Laden im Wasser der Erft gestanden habe, sei ihm klar geworden, dass er das nun einfach akzeptieren müsse. Und einen weiteren Schluss zieht er aus der Katastrophe: „Wir können anschließend nicht einfach so weitermachen wie bisher.“
Er wisse derzeit nicht, ob das Haus, das er vor zehn Jahren liebevoll renoviert hat und als einen besonderen Ort beschreibt, überhaupt stehen bleiben könne. „Das ist auf jeden Fall ein kompletter Neuanfang.“
In seinem Geschäft ist die Wassermarke deutlich zu sehen. Bis Brusthöhe sind die Regale inzwischen ausgeräumt, darüber sieht es aus wie in einer normalen Buchhandlung. Das verschnörkelte Sofa mit dem roten Samtbezug dagegen war vollständig von der Flut bedeckt. „Darum tut es mir leid“, sagt Mütter. Und er spricht davon, dass er Glück hatte, dass seine Fenster nicht zerstört wurden. „In anderen Geschäften waren Plünderer unterwegs“, ist er fassungslos.
Zweitgrößte Unwetterkatastrophe in der Geschichte
Ähnlich gelassen wie er ist auch eine Bekannte, die vorbeikommt und Hilfe anbietet. „Wir haben heute schon Tonnen zerstörter Kleidung aus dem Laden geholt“, berichtet sie und weist auf ein Geschäft. „Aber wir werden das aufbereiten, die Kleidung waschen und dann spenden“, sagt sie und geht weiter. In Mütters Buchhandlung wird ihre Hilfe heute nicht benötigt, bis wohin das Wasser gestanden hat.
Weniger gelassen ist Regina Esser. „Bad Münstereifel ist weggeblasen worden“, sagt sie und ihr steigen die Tränen in die Augen. Mit ihrem Chef und weiteren Helfern zusammen räumt sie das „Printenhaus“ aus. „Hier hab ich gearbeitet“, sagt sie, und dass sie nicht damit rechnet, dass sie das in den nächsten Jahren wieder tun kann. Sie sei dennoch froh, dass sie und ihre Familie die Katastrophe gesund und unbeschadet überstanden hätten. „In Arloff werden gerade die Felder nach Leichen abgesucht“, berichtet sie und davon, dass sie gesehen habe, wie eine junge Frau sich nicht mehr halten konnte und in die Fluten rutschte. „Die hat man später tot gefunden.“
Dass dieses Unwetter eine von insgesamt drei Flutkatastrophen in der Geschichte von Bad Münstereifel sei, erklärt einer, der bei der Koordination der Helfer unterstützt. 1416 sei die Stadt praktisch vollgelaufen und das Wasser habe damals 150 Menschen getötet. Auch 1818 gab es eine große Überschwemmung, nach der die Erft in eine Mauer gebettet worden sei, um so etwas für die Zukunft zu verhindern. Diese Mauer hat die aktuelle Flut zerstört. Und auch das Retentionsbecken, das als Folge des Hochwassers von 1956 gebaut wurde, habe diesmal bei weitem nicht ausgereicht. „Das war die zweitgrößte Zerstörung unserer Stadt“, schließt er seinen historischen Exkurs und fügt hinzu: „Aber damit müssen wir jetzt wohl öfter rechnen.“