Weinkultur in Dernau Dagernova stellte neues Weinprobe-Format vor

DERNAU · Manfred Robert Linden stellt das neue Format im Johanneskeller der Dagernova vor. Zitate aus dem Buch der Bücher zeigt, wie wichtig Wein schon immer war.

„Freunde flieht von euren Sitzen, lasst den Sekt zum Himmel spritzen“, leitete Manfred Robert Linden enthusiastisch ein. Sekt stand am Anfang, danach aber ging es im Johanneskeller der Dagernova Weinmanufaktur nur noch um den edlen Rebensaft, verschränkt mit Geschichten, in denen der Wein eine mehr oder minder große Rolle spielt.

Zum Test dieses neuen Formats einer Weinprobe blieb die Öffentlichkeit außen vor. Stattdessen versammelte sich an der langen Tafel im restaurierten urigen Gewölbe ein ausgesuchter Zuhörerkreis. Freunde, Kollegen der Winzergenossenschaft, Vertreter aus Kultur und Weinbau – Linden, der die Kombi aus Wein auf der Zunge und Erzählungen im Ohr erarbeitet hat, begrüßte sie namentlich.

Dem Darsteller des Abends, der in Heimersheim in einem Weinbaubetrieb aufwuchs, sind die Reben und die Arbeit im Wingert von Kindesbeinen an bestens vertraut. Eigene Weinberge in guten Lagen hat er verpachtet. 2008 nahm er seine Tätigkeit als Gästeführer im ehemaligen Regierungsbunker auf, 2011 als Gästeführer in Ahrweiler und vor drei, vier Jahren als Weinprobensprecher. In dieser Funktion regte er an, Geschichten aus dem Tanach einfließen zulassen, das heißt im Judentum verbindliche Bibeltexte, im Christentum anders geordnet „Altes Testament“ genannt. Dazu gehören Texte der Tora, also die fünf Bücher Mose und die Megillot, die fünf den wichtigsten jüdischen Festen zugeordneten Bücher.

Fünf Geschichten zu fünf Weinsorten im Glas

Um es vorwegzunehmen: Was da, bei Abraham angefangen bis zum Hohelied Salomos dargeboten wurde, legte ein Spektrum offen, das die Klaviatur der Gefühle voll bediente und Tabus berührte. Die Bibel beinhaltet bekanntlich nicht nur fromme Heilsgeschichte, sondern auch pralles Leben, Drama, Jubel und Untergang, Sex and Crime. Die sprichwörtlich für Verkommenheit bekannt gewordenen Orte Sodom und Gomorrha, die ein strafender Gott vernichtete, schienen auf und mit ihnen der gerettete, rechtschaffene Lot und seine Töchter.

Um Nachkommenschaft besorgt, setzten die jungen Frauen dem Vater mit Wein zu, um später von ihm schwanger zu werden. Dem heiklen Thema Inzest folgte das heitere Bild der Kundschafter Joshua und Kaleb, die Moses nach dem Auszug aus Ägypten ins verheißene Land Kanaan schickt, von wo sie mit Trauben zurückkehren. Auch die furchtlose und schöne Witwe Judith, Heldin im Kampf gegen die Feinde der Israeliten, zählte zu den von Linden erwählten Protagonisten. Denn nach dem Buch Judit enthauptete sie Nebukadnezzars Feldherrn Holofernes. Der ihm zuvor verabreichte Wein sorgte für einen festen Schlaf.

Hellwach und gut unterhalten aber blieben die Gäste bei fünf Geschichten zu fünf wunderbaren Tropfen im Glas. Schwenken, schräg stellen, wieder schwenken und schnuppern soll man den Wein, um ihn besser riechen und schmecken zu können. Als Zugabe erfreute ein 2017er Frühburgunder.

„Für mich etwas ganz Besonderes“, so Günther Schüller, „weil er als erster Roter gelesen wird, deshalb hat man als Kellermeister Zeit, sich um den Wein zu kümmern“. Der Jahrgang war mit wenig Öchsle schwierig, weshalb Schüller auf das Ergebnis mit feinen Tanninen bei milder Säure besonders stolz ist.

Und die Allianz von Wein und uralten Geschichten? Als Test war sie angetreten, doch dem Applaus zu folgen hatte sie als Generalprobe bestanden.

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