In der Adventskirche erfreut ein vollerer Klang Die ökumenische Orgel

Sinzig · In der Sinziger Adventskirche ziert eine neue Orgel den Innenraum und bringt frischen Klang in die Gottesdienste. Sie ist ein Geschenk aus Niedersachsen. Dass Instrument und Gemeinde zusammengefunden haben, ist in vielfacher Hinsicht ein Glücksfall.

Pfarrerin Kerstin Laubmann von der evangelischen Friedenskirche in Sinzig freut sich über die neue Orgel.

Pfarrerin Kerstin Laubmann von der evangelischen Friedenskirche in Sinzig freut sich über die neue Orgel.

Foto: ahr-foto

Für die Sinziger Adventskirche ist die Orgel eine Neuheit, wenn auch mit bedeutsamen Vorleben. „Die neue Orgel füllt die Kirche. Sie erzeugt einen schönen Klang. Vorher hat es so gepresst geklungen“, sagt auch Pfarrerin Kerstin Laubmann. Ein Blick zur Empore an der Ostseite der Kirche zeigt zudem, wie gut sich der musikalische Zuwachs auch in die Architektur fügt. Die Anordnung der Pfeifen in Form einer beidseitig eingezogenen Wölbung korrespondiert hervorragend mit den Bögen des Gebäudes. Sie stößt nicht an die Kirchendecke, hätte aber auch nicht wesentlich größer sein dürfen. „Wir waren total überrascht, sie passt genau dahin“, stellt die Pfarrerin fest.

Die frühere, 1989 erworbene, elektronische Orgel ließ zu wünschen übrig und war nicht mehr völlig intakt. Ob die Gottesdienstbesucher die Mängel der elektronischen Orgel hörten? Jedenfalls konnten zuletzt nicht mehr alle Töne gespielt werden. „Es rauschte, Töne blieben hängen, und es bestand die Sorge, ob das Instrument durchhält.“ Zudem berichtet Laubmann: „Es machte die Organisten nicht froh an der Orgel zu spielen, es hieß, man könne damit nicht arbeiten, sich musikalisch nicht weiterentwickeln“. Eine Neuanschaffung schien ratsam.

Der Organist selbst machte sich auf die Suche nach einem neuen Instrument

So wurde Daniel Andernach, der junge, bei seiner Einführung 2019 erst 20-jährige Organist der Kirchengemeinde, mit der Suche betraut. Laubmann: „Klar war, wir können nur eine gebrauchte Orgel kaufen, aber auch die hat ihren Preis“. Der Organist machte ein Exemplar in Oberwesel aus. Dagegen sprach: „Zu groß und nicht der richtige Prospekt.“ Auch das Gewicht spielte eine Rolle. Um die Statik-Frage zu klären, halfen alte Bauunterlagen, die der Kirchengemeinde nicht, zum Glück indes noch der Kreisverwaltung vorlagen.

Eine andere Orgel schied aus, weil es für sie keine Ersatzteile gab. Ende Mai aber teilte Andernach der Presbyteriumssitzung mit, er hätte etwas im Internet entdeckt. Gemeinsam mit Presbyter Torsten Wegel ging die Fahrt nach Niedersachsen, Markoldendorf, deren ehemalige Pfarrvikarie Heilig Geist seit 2004 zum Gemeindeverbund St. Josef Einbeck und Dassel gehörte. Damals wuchs die katholische Gemeinde noch, sodass man in Markoldendorf die 1967 eingeweihte Heilig Geist Kirche erbaute. Zuvor hatte die evangelische Gemeinde den Katholiken jahrelang Gotteshäuser zur Verfügung gestellt.

Als bereits in den 1980ern, 20 Jahre nach der Errichtung der Heilig Geist Kirche, der Gottesdienstbesuch stetig zurückging, fragte sich Ulrich Kyrion, Organist der Kirche, „ob eine richtige Orgel wohl dazu beitragen kann, wieder mehr Menschen in die Kirche zu führen“? Denn auch in Markoldendorf hatte man sich bislang mit einem schwachen Instrument begnügt. Kyrion stellte sich selbst der Mammutaufgabe. Er plante und baute eine dem Kirchenraum in Lautstärke, Klang und Erscheinung angepasste Orgel. Im Oktober 1985 begann er. Nach sechseinhalb Jahren Bauzeit und 2.550 in Urlaub und Freizeit geleisteten Arbeitsstunden stellte er die „maßgeschneiderte" Orgel fertig. Um Kosten einzudämmen, stellte er alle Bauteile eigenhändig her. Nur Bausätze der Metallpfeifen, die Klaviaturen und das Pedalregister kaufte er zu.

Kirche in Niedersachsen wurde profaniert

Die Orgel besitzt zwei Manuale, vier Metallregister und sieben Holzregister. Sie besteht aus 8112 verbauten Einzelteilen, davon allein 3.070 für die Holzpfeifen-Herstellung. Vier Monate dauerte es nach der Aufstellung, bis das neue Instrument mit seinen 670 Pfeifen für den Kirchenraum gestimmt war. Im Pfarrbrief März bis Mai 2019 steht: „1992 fand die feierliche Einweihung der Orgel statt. Seit dieser Zeit trägt dieses Instrument mit seinem über die Jahre unverändert harmonischen Klang ganz wesentlich zur Gestaltung würdiger Gottesdienste in Heilig Geist bei.“

Das ist Vergangenheit. Die Kirche wurde profaniert. Durch das großzügige Geschenk des Orgelbauers, der während der Verhandlungen, die sein Sohn Peter fortführte, verstarb, hat das Instrument eine Zukunft in Sinzig gefunden. Eine Orgel aus einer katholischen Gemeinde für unsere evangelische Gemeinde, das ist auch ein Stück Ökumene“, sagt Pfarrerin Laubmann. Und ein Kreis schließt sich, bedenkt man, dass die Katholiken Markoldendorfs und Umgebung von den evangelischen Christen unterstützt wurden.

Die Remagener Orgelbau-Firma Merten wurde mit dem Transport, Aufbau, Überprüfung, Reinigung und Stimmung des Instruments beauftragt. Inhaber Martin Hiltmann staunt, „es ist, als wäre sie für die Kirche gemacht.“ Kerstin Laubmann sagt, „für mich ist es wie ein kleines Wunder, dass sie bei uns gelandet ist“.

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