Parteien Die SPD hofft auf bessere Zeiten

BAD NEUENAHR · In Bad Neuenahr wird bei den Sozialdemokraten erstmals eine Doppelspitze gewählt. Ursula Koll und Alexander Simon lösen Jörn Kampmann ab. Nach den desaströsen Europa- und Kommunalwahlergebnissen ist Katzenjammer angesagt.

 Jörn Kampmann (rechts) gratuliert dem neuen Vorstandsduo Ursula Koll und Alexander Simon

Jörn Kampmann (rechts) gratuliert dem neuen Vorstandsduo Ursula Koll und Alexander Simon

Foto: Matin Gausmann

Erstmals in der Geschichte der Kreisstadt-SPD versuchen es die Sozialdemokraten mit einer Doppelspitze: Ursula Koll und SPD-Neuzugang Alexander Simon werden für die nächsten zwei Jahren die Partei in Bad Neuenahr-Ahrweiler als gleichberechtigte Vorsitzende anführen. Der bisherige SPD-Chef, Jörn Kampmann, trat nach neunjähriger Amtszeit nicht mehr an. Der 34-jährige Bachemer – im Hauptberuf Geschäftsführer der Landesgartenschau GmbH in Bad Neuenahr – wird jedoch auch in Zukunft ehrenamtlich für seine Partei tätig sein: Sein Amt als Kreisgeschäftsführer wird er behalten.

„Es sind nicht gerade einfache Zeiten“, bemerkte Kampmann angesichts der für die Sozialdemokraten desaströsen Ergebnisse bei der Kommunal- und Europawahl in der jüngsten Mitgliederversammlung der Bad Neuenahrer SPD, zu der auch der stellvertretende Landesvorsitzende und Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Alexander Schweitzer, gekommen war. Werner Kasel, Chef der Stadtratsfraktion, ergänzte: „Wir haben ein historisch schlechtes Ergebnis erzielt. Am Konzept kann es eigentlich nicht gelegen haben.“ In der Tat hatte die SPD ein Wahlprogramm mit 40 Thesen vorgelegt, das Forderungen aus allen denkbaren kommunalen Themenfeldern enthielt. Zudem trug so manche Entscheidung im Stadtparlament die Handschrift der SPD.

Mehr Klarheit gefordert

„Ich bin nicht gekommen, um für alles eine Lösung anzubieten“, meinte der aus Mainz angereiste Alexander Schweitzer zur Krise der Sozialdemokratie in Deutschland. Es habe sich jedoch kein „Fluch über die SPD gelegt“. Vielmehr sei es nicht gelungen, Personen, Programm und Wahlkampf in einen vernünftigen Einklang zu bringen. „Wir haben viel zu lernen. Vor allem: Klarheit. Unter anderem in unserer Sprache. Wir müssen auf ein verbales Wischiwaschi verzichten. Wir sind in vielen Punkten nicht ausreichend klar – und die Menschen spüren das.“

Vieles erreicht, wenig transportiert

Ob Energie- oder Klimapolitik, ob Wohnungsbau oder Soziale Gerechtigkeit: Alles Themen, die von der SPD seit Jahrzehnten besetzt seien, so Schweitzer. Dennoch sei es der SPD – im Gegensatz zu den Grünen mit ihrer einseitigen Fokussierung auf den Klimaschutz – nicht gelungen, dies transparent zu transportieren. In der Großen Koalition sei vieles erreicht worden – Kita-Finanzierung, Soli-Abschaffung, Neuordnung der Grundsteuer oder Aufstockung des Mindestlohns. Ein durchschlagender Erfolg war der SPD damit allerdings nicht vergönnt.

Chancen für einen Neuanfang

Stattdessen gab es Personaldebatten. Mit dem Rückzug der Bundesvorsitzenden und Wahlkreisabgeordneten Andrea Nahles sei nun ein Vakuum entstanden. Schweitzer: „Ich sehe derzeit keinen, der sich für das Amt anbietet und auf den der Scheinwerfer gerichtet ist.“ Er sehe aber auch eine Chance für einen guten Neuanfang: In den Reihen der 450 000 Mitglieder zählenden SPD gebe es herausragendes Personal, das geeignet sei, die Partei in die Zukunft zu führen. „Wir werden im Sommer eine spannende und konstruktive Phase in der SPD erleben“, versprach er den Bad Neuenahr-Ahrweiler Mitgliedern.

Nach dem Tief ein Hoch?

Die schlechten Wahlergebnisse seien nicht „das Ende der Geschichte“, sagte Schweitzer und verwies auf die Grünen, die einst hochkantig aus dem rheinland-pfälzischen Landtag geflogen waren, um dann nach Fukushima wieder wie ein Phönix aus der Asche empor zu steigen. Schweitzer hofft, dass sich auch für die Sozialdemokratie der Wind wieder drehen wird wie für die Grünen nach der andauernden Klimadebatte.

Nach entsprechender Satzungsänderung wählten die SPD-Mitglieder die 55-jährige Stadtratsvertreterin Ursula Koll und den 49-jährigen Journalisten Alexander Simon an die Spitze der Partei. Stellvertretende Vorsitzende wurden Nikolay Vasilev und Karin Joachim. Die Geschäftsführung wird Stefan Dietrich innehaben, Doris Bruch bleibt Kassiererin. Als Beisitzer fungieren Werner Kasel, Petra Elsner, Klaus Welker, Fritz Langenhorst,Thomas Ground, Kai Grett, Michael Schwede, Annemie Mies und Paul-Josef Sieger.

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