Analysen geplant Experte: An der Ahr können weiter Hänge abrutschen

Mainz/Schuld · Die Flutkatastrophe bringt 2021 im Ahrtal auch Steilhänge teils ins Rutschen. Welche Risiken lauern hier, welche Vorsorge für künftiges Hochwasser ist möglich? Dazu forschen nun Wissenschaftler.

 Schuld im Ahrtal: An zahlreichen Stellen besteht auch nach der Flutkatastrophe noch die Gefahr von Hangrutschungen.

Schuld im Ahrtal: An zahlreichen Stellen besteht auch nach der Flutkatastrophe noch die Gefahr von Hangrutschungen.

Foto: dpa/Thomas Frey

Nach der Ahr-Flut mit vielen Beschädigungen von Steilufern gibt es in dem Flusstal bis heute Zonen mit dem Risiko weiterer Hangrutschungen. Diese könnten Häuser und Menschen gefährden. Mit Luftaufnahmen von Spezialdrohnen und mit Kartierungen vor Ort erstellen Geowissenschaftler der Universität Mainz verbesserte digitale Geländemodelle des Ahrtals. Diese sollen die sogenannten Massenbewegungen und Erosionen der Sturzflut darstellen.

Damit wollen die Experten laut dem Mainzer Geologen Frieder Enzmann zeigen, wo bei neuem Ahr-Hochwasser weitere Rutschungen und Aufstauungen drohen. Die Geländemodelle sollen Kommunen, Behörden und Bürgern helfen, Risikozonen zu entschärfen. Bei der Ahr-Flut im Juli 2021 nach extremem Starkregen wurden mindestens 134 Menschen getötet, rund 9000 Gebäude verwüstet sowie Straßen und Brücken zerstört.

Grundsätzlich wächst Enzmann zufolge die Zahl von Rutschungen im Rheinischen Schiefergebirge, zu dem auch das Ahrtal gehört. Dafür gebe es wohl zwei Hauptgründe: immer mehr Bebauung von Flächen sowie die Folgen des Klimawandels, sagte der außerplanmäßige Professor der Deutschen Presse-Agentur. Bei mehr Versiegelung der Natur könnten Rutschungen mehr Schaden anrichten. Größere Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen infolge des Klimawandels könnten womöglich mehr Gestein an den Hängen lockern und zu Massenbewegungen führen.

In der Fachzeitschrift „Wasser und Abfall“ (11/2022) berichtet Enzmann mit zwei weiteren Experten von 164 Massenbewegungen wie etwa Rutschungen, Muren und Felsstürzen beim Starkregen und Hochwasser am 14./15. Juli 2021 im Ahrgebiet. In anderen Regionen, die seinerzeit ebenfalls von dem extremen Starkregen betroffen waren, kam es zu ähnlichen Ereignissen, beispielsweise im Raum Kordel an der Kyll. Zusätzlich registrierten die Wissenschaftler im Ahrgebiet 118 Fälle von Erosionen inklusive Uferabbrüchen an sogenannten Prallhängen. Hier wirkten besonders große Strömungskräfte des Wassers mit seinem mitgerissenen Treibgut wie Bäume und Heizöltanks.

Im Dorf Schuld etwa kam es bei dem extremen Hochwasser zu Rutschungen an Steilhängen mit darüber liegenden Häusern, teils wegen einer „gegenüber der Witterung und den Erosionskräften der Ahr besonders anfälligen“ Lockergesteinsdecke auf Felsen. Ortsbürgermeister Helmut Lussi sagte, in einem Fall solle in diesem Jahr eine Stützmauer für rund eine Million Euro zur Hangsicherung gebaut werden, finanziert vom Wiederaufbaufonds von Bund und Ländern. Ein anderer beschädigter Hang müsse für eine wohl sechsstellige Summe stabilisiert werden.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort