Fluss nach der Flut Steine und Strömungslenker für die Ahr

Sinzig · Der Kreis Ahrweiler hat in Sinzig erstmals das Konzept zur Gewässerwiederherstellung nach der Flut vorgestellt. Dabei wurde deutlich, dass es besonders im Stadtteil Bad Bodendorf zur Erosion am Ufer gekommen ist.

 Von den Wassermassen im Juli 2021 mitgerissen: Der zerstörte ehemalige Radweg an der Ahr bei Sinzig-Bad Bodendorf.

Von den Wassermassen im Juli 2021 mitgerissen: Der zerstörte ehemalige Radweg an der Ahr bei Sinzig-Bad Bodendorf.

Foto: ahr-foto

Der Fluss nach der Flutkatastrophe: Wie die Ahr künftig aussieht, soll ein vom Kreis in Auftrag gegebenes Konzept zur Gewässerwiederherstellung klären. Erstellt wird dies von vier Ingenieurbüros, ein fünftes führt die Ergebnisse zusammen. Die Kreisverwaltung lud nun zu einer ersten Vorstellung der Entwicklungsempfehlungen in den Sinziger Helenensaal ein. Dort ging es am Dienstagabend um die letztem 6,2 Kilometer bis zur Mündung in den Rhein. Die hatte das vor Ort sitzende Büro Porz & Partner unter die Lupe genommen. Stephan Porz trug die Resultate rund 100 interessierten Bürgern vor. Anja Toenneßen, beim Kreis zuständige Geschäftsbereichs- und Fachbereichsleiterin, erklärte die Bemühungen der Verwaltung zur überörtlichen Hochwasservorsorge.

Deutlich wurde: Beim Konzept zur Gewässerwiederherstellung ist das Ziel, Gefahren zu beseitigen, Struktur und Abfluss zu verbessern und Rückhaltefunktionen zu schaffen. Letzteres ist allerdings vor allem innerörtlich nur schwer zu bewerkstelligen Die überörtlichen Maßnahmen sind eine Ergänzung zu den örtlichen Vorsorgemaßnahmen der Kommunen für Gewässer dritter Ordnung. Zur Erklärung: Während der Rhein ein Gewässer erster Ordnung ist, handelt es sich bei der Ahr als dessen Zufluss um ein Gewässer zweiter Ordnung. Folgende Zuflüsse der Ahr sind ebenfalls Gewässer zweiter Ordnung: Adenauer Bach, Brohlbach und Trierbach. Auf sie bezieht sich das Wiederherstellungskonzept ebenfalls. Andere Bäche im Kreis sind Gewässer dritter Ordnung.

Im Gewässerentwicklungskonzept werden Maßnahmen zur hochwasserresilienten Wiederherstellung von Sohle, Böschungen oder Uferbereich beschrieben, aber auch Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gewässerökologie und der Gewinnung von mehr Raum für die Gewässer. Die Vermeidung künftiger Schäden steht ebenso im Fokus wie die Schaffung von Rückhaltefunktionen und Abflussbereichen.

Erste, meist kleinere Maßnahmen werden bereits in diesem Jahr umgesetzt. Dabei gibt es eine Fülle von Dingen zu beachten gibt, unter anderem die Flächenverfügbarkeit. Und so haben Stephan Porz und seine Mitarbeiter erst einmal die Ahr Meter um Meter von der Stadtgrenze zu Bad Neuenahr-Ahrweiler bis zur Mündung in den Rhein unter die Lupe genommen. Dabei wurden die letzten 200 Meter eher am Rande betrachtet, im Mündungsgebiet, ein Naturschutzgebiet, ist die sich Ahr selbst überlassen.

Ansonsten galt es, eine Fülle von Daten zu sammeln: Neben allgemeinen Gewässerdaten ging es um Erosionen, Erhöhungen der Sohle, den Verlust von Gewässerstrukturen oder Bewuchs bis hin zu Querschnittseinengungen oder Einleitungen. So wurden im Bereich der Stadt Sinzig insgesamt 145 solcher Bestandsargumente größtenteils mit Defiziten katalogisiert. Letztendlich definierte das Büro daraus 49 Einzel- und Flächenmaßnahmen, von denen Porz den Besuchern im Helenensaal einige vorstellte. „Im Bereich des Ehlinger Köpfchens hat sich die Ahr derart breit gemacht, dass sie im vergangenen Sommer so geringe Wassertiefen erreichte, dass für viele Lebewesen des Wassers kein Durchkommen mehr war“, berichtete Porz.

 Anja Toenneßen von der Kreisverwaltung stellt in Sinzig das Konzept zur Gewässerwiederherstellung nach der Flut vor.

Anja Toenneßen von der Kreisverwaltung stellt in Sinzig das Konzept zur Gewässerwiederherstellung nach der Flut vor.

Foto: ahr-foto

Radweg fortgespült

Ein Stück weiter flussabwärts gab es hin zur Bebauung im Kurviertel des Stadtteils Bad Bodendorf große Erosion am Ufer, dort wurde auch der Radweg fortgespült. Damit die Ahr sich nicht weiter in Richtung der angrenzenden Häuser bewegt, muss das Ufer befestigt werden, Strömungslenker sorgen zusätzlich für festen Halt, ein Damm am Sportplatz soll wiederhergestellt werden. Auch unterhalb der Burggrafenstraße gefährden Erosionen die Bebauung, hier sollen Steine aufgeschüttet werden.

Genau das tat man nach der Flut zur Sicherung der Ahrbrücke in der Kölner Straße, weil zwei Pfeiler unterspült waren. Nun ist der Abflussquerschnitt eingeengt, die Maßnahmen müssen teilweise zurückgenommen werden. Perspektivisch brachte Porz unter anderem einen Polder in den Ahrwiesen, Gewässerentwicklungsflächen nahe des Sinziger Brunnens oder eine Absenkung der Sinziger Sportplätze zu Retentionszwecken ins Gespräch. Positiv bewertet der Ingenieur die Zusammenarbeit mit dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) und der Deutschen Bahn (DB). Während das Bad Bodendorfer Büro für den LBM eine Optimierung des Gerinnes unter den B9-Brücken plant, wies der Ingenieur Aussagen Betroffener zurück, die Bahnbrücke gleich neben der B9 sei für hohe Wasserstände verantwortlich gewesen.