Flut-Prozess an der Ahr Staatsanwaltschaft schließt Zeugenvernehmung ab
Kreis Ahrweiler/Koblenz · Die Staatsanwaltschaft Koblenz äußert sich zum Fortschritt im Verfahren gegen Ex-Ahr-Landrat Jürgen Pföhler und ein weiteres Mitglied des Krisenstabs. Durch Zeugenaussagen gewonnene Informationen werden aktuell ausgewertet – dazu auch Strafanzeigen gegen prominente Politiker.
Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat neue Details zum Ermittlungsverfahren gegen die zwei Beschuldigten, Ex-Landrat Jürgen Pföhler und ein weiteres Mitglied des Krisenstabs, bekanntgegeben. Gegen beide wird infolge der Flutkatastrophe wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung im Amt durch Unterlassen wegen womöglich zu später Warnungen und Evakuierungen ermittelt. Erneut meldet sich nun der Leitende Oberstaatsanwalt Harald Kruse zu Wort: Die Vernehmung von Zeugen sei demnach weitestgehend abgeschlossen, der Ausgang des seit August laufenden Verfahrens jedoch weiter offen.
Wissenschaftler soll hydrologische Überprüfung vornehmen
Zuletzt hatte die Staatsanwaltschaft Ende Dezember Aussagen zum Stand der Ermittlungen getroffen. Nun bestätigte Kruse den Abschluss der Zeugenvernehmungen. „Die Ermittlungsgruppe bei dem Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz ist mit Nachdruck dabei, die durch die Ermittlungen gewonnenen Erkenntnisse zu sichten und zu einem Bild der Ereignisse am 14./15. Juli zusammenzusetzen.“ Parallel dazu sei beabsichtigt, einen Wissenschaftler mit „der hydrologischen Überprüfung der durch die bisherigen Ermittlungen gewonnenen Erkenntnisse“ zu beauftragen. Das Ziel: „Soweit möglich, sollen die polizeilichen Erkenntnisse auch aus naturwissenschaftlicher Sicht ergänzt werden“, teilt Kruse mit.
Auch eine inhaltliche Ausweitung der Ermittlungen auf andere Personen werde fortlaufend geprüft. Aber: „Im vorliegenden Fall hat sich bei dieser fortlaufend vorgenommenen Prüfung bisher kein Anfangsverdacht gegen andere als die bisherigen Beschuldigten ergeben“, teilt die Staatsanwaltschaft mit.
Ermittler beziehen Informationen aus 75 Strafanzeigen ein
Weiterhin konzentrieren sich dich Ermittlungen auf die Frage, welche Erkenntnisse zu den späteren Entwicklungen entlang der Ahr zu welchen Zeiten „den mit dem Katastrophenschutz gesetzlich betrauten Personen“ vorgelegen haben. Denn: „Wesentlich für die strafrechtliche Beurteilung ist, welche Handlungspflichten zu welchen Zeitpunkten bestanden“, so Kruse. Ob den Beschuldigten entsprechende Informationen vorlagen, sei weiterhin unklar. Auch Hinweise darauf, dass „staatlichen Ebenen oberhalb des Landkreises Ahrweiler“ oder der rheinland-pfälzischen Landeregierung strafrechtlich relevante Informationen vorgelegen hätten, haben die bisherigen Ermittlungen laut Kruse nicht ergeben. In Bezug auf den Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung oder Körperverletzung durch Unterlassen wie auch für den der unterlassenen Hilfeleistung liegen laut Staatsanwaltschaft bisher keine Hinweise darauf vor, dass „Mitglieder der Landesregierung oder andere Personen im Landesdienst davon ausgegangen sind oder nach ihrem Erkenntnisstand davon hätten ausgehen müssen, dass die für den Katastrophenschutz zuständigen Stellen nicht in der gebotenen Weise tätig werden würden“.
Ausgewertet werden fortlaufend zudem Informationen aus insgesamt 75 Strafanzeigen, die sich gegen die Beschuldigten des Verfahrens sowie Ministerpräsidentin Malu Dreyer, den rheinland-pfälzischen Innenminister Roger Lewentz (beide SPD) sowie Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) und weitere Akteure richten. „Allerdings geben die Strafanzeigen gegen politische Verantwortungsträger lediglich hier bereits bekanntes und in die Ermittlungen ohnehin einbezogenes Wissen aus der Medienberichterstattung wieder“, so Kruse.