Flutkatastrophe im Ahrtal Fehlendes Formular war wohl Grund für ausbleibende „Nina“-Warnung

Koblenz · Viele Menschen brachten sich bei der Flutkatastrophe im Ahrtal nicht rechtzeitig in Sicherheit, weil sie nicht früh genug gewarnt worden sind - zum Beispiel über die Warn-App „Nina“. Nun gibt es neue Erkenntnisse, woran das lag.

 Die Flut bringt das Chaos: Die Hochwasserkatastrophe wütete im vergangenen Juli im Ahrtal.

Die Flut bringt das Chaos: Die Hochwasserkatastrophe wütete im vergangenen Juli im Ahrtal.

Foto: Andreas Dyck

Dass die Warn-App „Nina“ in der Flutnacht im Ahrtal nicht vor den drohenden Wassermassen gewarnt hat, ist lange bekannt. Das für „Nina“ zuständige Bonner Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hatte bislang den Eindruck vermittelt, dass ein technischer Fehler die Ursache dafür war. Doch nun gibt es eine weitere Begründung. Ein fehlendes Fax oder eine fehlende E-Mail sollen womöglich das Problem gewesen sein.

In der Antwort des rheinland-pfälzischen Innenministeriums auf eine kleine Anfrage des Freie-Wähler-Abgeordneten Stephan Wefelscheid heißt es unter Bezug auf ein Rundschreiben des Ministeriums vom Juli 2020: Nur wenn der Einsatzleiter „eine unterzeichnete schriftliche Aufforderung in Form eines Vordrucks in die integrierte Leitstelle per Fax oder E-Mail“ sende, könnten Warnungen – etwa über die App „Nina“ – erfolgen. „Formularangaben“, so das Ministerium, „seien aber weder telefonisch noch per Mail erfolgt.“ Von daher habe die Integrierte Leitstelle in Koblenz keine Berechtigung gehabt, „eigenständig Warnungen auszulösen“, heißt es in der Antwort auf die Anfrage.

Leitstelle Koblenz zuständig für Warnung vor Flutkatastrophe

Die Integrierte Leitstelle Koblenz ist zuständig für die Alarmierung und die Unterstützung des Katastrophenschutzes unter anderem im Kreis Ahrweiler. Bei ihr gehen auch Notrufe ein. Wefelscheid sagte unserer Redaktion, die Führung der Leitstelle habe doch mitbekommen müssen, dass in der Flutnacht eine Unmenge von Hilferufen aus dem Ahrtal eingegangen sei. Es sei nun zu klären, welches Lagebild sich in der Leitstelle gezeichnet habe, und ob man jenseits der ministerialen Vorschrift „Nina“ hätte auslösen können, damit die Menschen hätten gewarnt werden können.

Die für die Leitstelle zuständige Koblenzer Bürgermeisterin Ulrike Mohrs (CDU) verteidigte das Vorgehen in der Flutnacht. Dem SWR sagte sie, obwohl tausende Notrufe eingegangen seien, sei die Leitstelle nicht befugt gewesen, vor den Wassermassen zu warnen. Im Katastrophenfall habe die Einsatzzentrale in Koblenz nicht den Überblick, um eigenmächtig die Bevölkerung zu warnen.

Nur die Gemeinden und Landkreise dürften Warnungen auslösen. Die Leitstelle arbeite den kommunalen Einsatzleitungen lediglich zu. Diese Regelung müsse auch dann gelten, wenn in der Leitstelle viele Notrufe eingingen. Wefelscheid kündigte für die Sitzung des Landtags-Untersuchungsausschusses zur Flutkatastrophe am 6. Mai eine intensive Befragung der Verantwortlichen der Integrierten Leitstelle an.

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