Kommunikation im Katastrophenfall Fraunhofer-Institut startet Projekt im Kreis Ahrweiler

Kreis Ahrweiler · Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts aus Wachtberg haben im flutgeschädigten Ahrtal ein System vorgestellt, das den Aufbau eines Lagebildes und eines Kommunikationsnetzes im Katastrophenfall ermöglichen soll. Die Reaktionen fielen geteilt aus.

 Fraunhofer-Abteilungsleiter Michael Wunder stellt in Mayschoß das Lokik-Projekt vor.

Fraunhofer-Abteilungsleiter Michael Wunder stellt in Mayschoß das Lokik-Projekt vor.

Foto: Martin Gausmann

Nach der Juli-Flut im Ahrtal war das Chaos bei der Koordination von Einsatzkräften und Helfern mitunter groß. Der Ausfall von Telefonen und Internet erschwerte die Kommunikation, sodass wichtige Informationen fehlten. Bei diesem Problem setzt jetzt ein Projekt des Wachtberger Fraunhofer-Instituts für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie (FKIE) an.

Zum Auftakt präsentierten Experten des Instituts ihr Vorhaben am Montag im von der Flut stark zerstörten Mayschoß. Der Name – Lokik – steht für „lokales initiales Krisenmanagement“. Die Idee: Das System soll den einfachen und schnellen Aufbau eines lokalen Lagebildes sowie ein unabhängiges lokales Kommunikationsnetz für räumlich begrenzten Datenaustausch ermöglichen, heißt es in einer Projektbeschreibung. Zudem enthalte es aufgabenspezifische Ansichten und Funktionen für den lokalen Krisenstab, professionelle Kräfte und die lokale Bevölkerung. Der lokale Krisenstab werde befähigt, die Schadenslage zu erfassen sowie Aufgaben zu koordinieren und zu priorisieren. Professionelle Kräfte erhielten Informationen, um ein Lagebild nach bewährten Vorgaben für Feuerwehr- und Katastrophenschutz aufzubauen und somit weiterhin externe Kräfte nahtlos einbinden zu können. Auch die Bevölkerung im betroffenen Gebiet soll mit Informationen zum allgemeinen Lagebild beitragen.

Mayschoß gehört neben Remagen und Birresdorf auf der Grafschaft zu den Modell-Kommunen bei Lokik. Allerdings gab es auch schon Interesse aus weiteren Gemeinden, wie Projektleiter Arne Schwarze in Mayschoß deutlich machte. Ziel ist Schwarze zufolge „keine Rocket Science“, sondern etwas „total Simples“, das am Ende auch helfe.

Aufbau von lokalem drahtlosem Netzwerk

Der Hardware-Teil des Projekts ist der Aufbau eines drahtlosen lokalen Netzwerks, das die Kommunikation der Computer und Smartphones im Ort auch im Falle einer Trennung vom Internet ermöglichen soll. Laut Projektskizze soll im Katastrophenfall eine vorher beispielsweise in der Feuerwache der Gemeinde deponierte Box mit Rechner und Kommunikationskomponenten herausgeholt und die Lösung mittels Stromgenerator in Betrieb genommen werden. In Mayschoß würden den Experten zufolge drei Boxen für Netzwerk-Empfang im Großteil der Gemeinde ausreichen. In Birresdorf genüge gar eine einzelne Box. Deutlich mehr wären dagegen in Remagen nötig, wegen der Ausdehnung der Stadt in die Länge. Die mit den Boxen aufgestellten Knotenpunkte sollen als Brücke dienen, bis die Dienste der Internetanbieter wieder funktionieren. Sobald ein Knotenpunkt Zugriff zum Internet hat, sollen Kurznachrichtendienste wie Whatsapp wieder angeboten werden können.

Beim Software-Teil des Projekts handelt es sich um die Einrichtung einer Plattform, auf der Bürger und Einsatzkräfte im Katastrophenfall Informationen miteinander teilen können. Dieses System ist FKIE-Abteilungsleiter Michael Wunder zufolge darauf ausgelegt, erweiterbar zu sein. Welche Funktionen es im Detail bekommen soll, besprechen Wissenschaftler und Bürger in den kommenden Wochen und Monaten.

In den Tagen nach der Flut wäre ein lokales digitales Kommunikationssystem für viele Menschen Gold wert gewesen. „Ich hätte mich über ein solches System gefreut, Rettungskräfte waren immer wieder bei mir an der Tür, um zu schauen, wie es mir geht, habe sie alle weiter geschickt“, berichtete beim Vortrag ein Heppinger Bürger, der im Juli relativ glimpflich davongekommen war. Hätte es die Plattform schon damals gegeben, hätte er dort gerne eingetragen, dass es ihm gut geht – und so den Einsatzkräften Arbeit erspart.

Die Idee für die Plattform stieß allerdings auch auf Skepsis. So etwa bei Gerd Baltes, Leiter des Mayschoßer Aufbaustabs. „Ich bin da eher nüchtern“, äußerte sich Baltes im Anschluss an den Vortrag gegenüber dem GA. Es müsse immer Menschen geben, die das handhaben können, gab er zu bedenken.

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