Tourismus nach der Flut Gastronomen in Höhenlagen der Ahr haben wieder geöffnet

Marienthal · Das beliebte Weingut Kloster Marienthal in Dernau ist nach der Hochwasserkatastrophe nun wieder geöffnet. Die Flut hat Spuren hinterlassen, aber die Gäste akzeptieren die Umstände gut. Auch andere Einkehrmöglichkeiten in Höhenlage haben wieder geöffnet.

 Pächter Franz-Josef Appel freut sich am Wochenende und, wie hier, an Allerheiligen, wieder Gäste im Weingut Kloster Marienthal bewirten zu können.

Pächter Franz-Josef Appel freut sich am Wochenende und, wie hier, an Allerheiligen, wieder Gäste im Weingut Kloster Marienthal bewirten zu können.

Foto: Martin Gausmann

„Wir haben das Restaurant hier sehr vermisst“, berichtet ein Ehepaar aus Sinzig, das zusammen mit seinem Hund zum ersten Mal nach der Flutkatastrophe wieder im Weingut Kloster Marienthal eingekehrt ist. Die beiden lieben ihre Spaziergänge auf dem Rotweinwanderweg. „Das ist doch unsere Heimat“, sagen sie und wärmen sich in der Herbstsonne auf der Terrasse im einstigen Klosterhof.

Dass viele Wein- und Wanderfreunde sowie Ausflügler die Einkehrmöglichkeit im Gutsausschank vermisst haben, berichtet auch Pächter Franz-Josef Appel. „Schön, dass ihr wieder da seid, schön, dass nichts passiert ist“, sagten sie. Auch er freut sich über das neue Leben in dem alten Gemäuer. Corona und die Ahrflut hatten der Einrichtung im malerischen Hubachtal, direkt am Rotweinwanderweg, arg zugesetzt. Seit Januar 2020 musste das Weingut an 370 Tagen komplett schließen, damit war ein ganzes Jahr verloren.

Telefon-Festnetz ist immer noch kaputt

Zwar hatten die Fluten nur unten im Tal gewütet und dort erhebliche Zerstörungen angerichtet, bis hoch zum Kloster waren sie nicht vorgedrungen. Infolge der Katastrophe gab es aber auch oben wochenlang weder Strom, Leitungswasser, Internet noch Handyempfang, und das Telefon-Festnetz klappt noch immer nicht. Die Trinkwasserversorgung funktioniert erst wieder seit der vergangenen Woche.

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Foto: dpa/David Young

Wieder öffnen wollte das Weingut eigentlich Anfang Oktober. „Wir hatten aber Respekt vor der gesamten Situation“, berichtet Appel und beschreibt die Lage: „Weiter oben kampieren freiwillige Helfer in ihren Zelten, unten leben Dorfbewohner in Containern.“ „Es war ergreifend zu sehen, wie viele Menschen zum Helfen gekommen sind“, staunt er. Vermutlich hätten sich viele aus Respekt vor den Betroffenen gescheut, die Ahr zu besuchen.

Trotz der anfänglichen Zurückhaltung wurden Meinungen laut, dass in der Tourismusregion wieder Gäste begrüßt werden müssten. Aus dem Grund hatten die Orte der Mittelahr den Rotweinwanderweg an den Oktober-Wochenenden bewirtet. Das Weingut Kloster Marienthal hatte vor einer Woche den Weinverkauf geöffnet, am vergangenen Freitag auch den Gutsausschank. Angesichts der sonnigen Herbsttage nahmen viele das Angebot an, und Appel freut sich über das neue Leben in dem alten Gemäuer.

Flaschen haben gelitten – doch Flutwein wird gut akzeptiert

Wenn auch das Wasser nicht in den Keller eingedrungen ist, lagern in der Vinothek in großen Gitterboxen Flaschen über Flaschen mit leicht ramponierten Etiketten: Flutwein. Die Weine waren ausgelagert weil der Platz im Klostergebäude fehlt. Appel ist zuversichtlich, dass dem Wein in den verschlossenen Flaschen nichts passiert ist, da sie nicht Monate lang im Schlamm gelegen haben. „Wo nichts raus kommt, kommt auch nichts rein“, ist er sich sicher. Die Gäste akzeptierten die leicht beschädigten Etiketten, sei es auf „Mönch“ oder „Abt“, auf dem Blanc oder dem Spätburgunder.

Trotz aller Freude öffnet die Gaststätte noch nicht an allen Wochentagen, sondern nur freitags, samstags und sonntags, jeweils von 11 Uhr bis 18 Uhr. Appel plant mit Vorsicht. Die Speisekarte ist noch reduziert, neu im Angebot ist eine heiße Suppe für die kalte Jahreszeit. Kuchen wird nach wie vor im Haus gebacken. Für neue Unsicherheit sorgt die Corona-Situation mit wieder steigenden Zahlen. Als Grund für die derzeit eingeschränkten Öffnungszeiten nennt Appel auch die Personalsituation. Beschäftigt sei derzeit nur sein Stammpersonal, und das im Wechsel.

Romantischer Weihnachtsmarkt ist abgesagt

Auf seinen romantischen Weihnachtsmarkt im Klosterhof und der Kirchenruine verzichtet das Weingut in diesem Jahr aufgrund der Gesamtsituation im Hubachtal. Zum Weihnachtsmarkt könnten mehr Menschen Marienthal ansteuern, als der Ort und das Kloster verkraften könnten, sagt er. „Wenn wir den Markt machen, kommen die Gäste auch.“ An guten Tagen seien erfahrungsgemäß bis zu 1000 Besucher gleichzeitig auf dem Areal. Ausreichend Parkmöglichkeiten seien derzeit nicht vorhanden, außerdem seien viele der kleineren Aussteller selbst von der Flut betroffen und könnten nicht produzieren.

Zwar liegt Kloster Marienthal weit außerhalb der Überschwemmungszone der Ahr und hat keine Heizungsprobleme. Als Zeichen der Solidarität mit den Menschen und den Betrieben im Tal und im Streben nach mehr Umweltschutz will sich das Weingut aber an dem geplanten Nahwärmenetz für Marienthal beteiligen.

Weitere Einkehrmöglichkeiten in Höhenlage

Dank der Wiedereröffnung des Gutsausschanks steht Wanderern und Weinfreunden wenigstens an der Wochenenden eine weitere Einkehrmöglichkeit am Rotweinwanderweg zur Verfügung. Geöffnet hat das Hotel Hohenzollern hoch über Ahrweiler-Walporzheim, und weiter in Richtung Westen bestehen Einkehrmöglichkeiten im Altenwegshof und dem Försterhof, teils mit reduzierter Speisekarte. Nach wie vor hapert es zeitweise wohl noch an der Stromversorgung. Der Michaelishof über Mayschoß will im zeitigen Frühjahr wieder öffnen, wenn erste Sonnenstrahlen ins Freie locken. Das Hotel Kahlenborner Höhe in Kalenborn öffnet wieder am Freitag, 5. November. Auf jeden Fall sollten sich Ahrfreunde vor einem Besuch der Region informieren, meist geben die Homepages der gastronomischen Betriebe Auskunft. Die besten Chancen für eine Einkehr bestehen auf den Höhen. Im Ahrtal sieht es schlechter aus. Allerdings könnte der Betrieb in Altenahr in einigen Häusern im Frühjahr/Sommer 2022 wieder anlaufen.

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