Orgelkonzert in Bad Neuenahr Im Dialog der Meister

BAD NEUENAHR · Die geistliche Abendmusik von Organist Christoph Anselm Noll stand in der Martin-Luther-Kirche ganz im Zeichen des Komponisten Max Reger.

 Nahr Ev Kirche Anselm Noll Geistliche Abendmusik, Orgelkonzert mit Christoph Anselm Noll

Nahr Ev Kirche Anselm Noll Geistliche Abendmusik, Orgelkonzert mit Christoph Anselm Noll

Foto: Martin Gausmann

Dieses Mal stand die Musik Max Regers ganz im Mittelpunkt der geistlichen Abendmusik in der evangelischen Martin-Luther-Kirche in Bad Neuenahr. Organist Christoph Anselm Noll stellte Choralbearbeitungen des in der Oberpfalz Geborenen mit den Stücken über die gleichen Kirchenlieder von Regers großem Meister Johann Sebastian Bach in ein spannungsvolles Verhältnis. Pfarrer Thomas Rheindorf führte in Leben und Werk des Orgelgiganten ein und versuchte eine geistliche Interpretation von dessen Leben.

Wer vielleicht durch die Schwüle der letzten Tage, die sich in den Kirchenmauern noch gefangen hielt, mit etwas dumpfer Stimmung den Anfang des Konzerts erwartete, dessen Lebensgeister wurden mit den Aufwachharmonien von Regers Praeludium d-Moll und Fuge D-Dur wieder belebt. Nolls frische Registrierung gab ihr Übriges zu diesem sommerlichen Stück. Der Interpret hatte jedoch ein Problem: Mit der romantischen Megalomanie immer größerer und aufwendigerer Orgeln kann das Instrument der Martin-Luther-Kirche nicht mithalten, das sich bei Barockstücken viel heimischer fühlt. Aus dieser Not machte Noll jedoch eine Tugend und ließ den Reger der kleinen Stücke erklingen.

An seine Seite gesellten sich die Bearbeitungen Bachs zu den gleichen Stücken, was einen ausgedehnten Dialog der Meister ergab, der bei den Gottesdienstteilnehmern für einige Begeisterung sorgte. Auch wenn Bach „Anfang und Ende aller Musik ist“, wie Rheindorf Reger zitierte, so machte doch der direkte Vergleich klar, welche Welten auch zwischen den beiden Komponisten liegen. Aus dem getupften Noten des barocken „Es ist das Heil uns kommen her“ wird in der Romantik eine schwebende Komposition, aus der teilweise schräg gegen die Begleitung gesetzten Melodie in „O Lamm Gottes unschuldig“ aus der Feder Bachs wird bei Reger eine meditativ-ruhige Betrachtung.

„Jesu meine Freude“ wird unter den Fingern des großen Thomaskantors mit tragischen Elementen angereichert, wo es für den Dirigenten der Meininger Hofkapelle zu einem melancholischen Spiel von Nähe und Ferne wird.

Theologische Tiefe erhält Regers „Vater unser im Himmelreich“ durch den Einsatz zweier Ebenen, die Himmel und Erde beschreiben. Zu Bachs Interpretation dagegen konnten die Zuhörer entspannt die Augen schließen und sich entspannen. Das Totengedenken ist eine „Rechtfertigung der Lebensgeschichte“, so Rheindorf, der darstellte, wie sehr bei Reger Werk und Leben ineinander übergehen und manchmal sogar in Schieflage zugunsten des Werkes geraten.

Reger war ein getriebener Mensch mit Ecken und Kanten, der jedoch seine überreiche göttliche Gabe der Musik voll ausgeschöpft hat, bis zur persönlichen Erschöpfung, die in einen frühen Tod mündete. Davon war jedoch in „Lobe den Herren, den mächtigen König“ nichts zu hören, dass an sein tänzelndes Vorbild aus den Bach’schen „Schübler-Chorälen“ anknüpft.

Mit Vater unser und Segen wähnten einige aus dem Publikum wohl schon den Schluss des Abends, was dazu führte, dass die leisen, dumpfen Eröffnungstöne der Passacaglia d-Moll etwas im Rascheln und Tuscheln einiger Besucher untergingen. Zur Melodie mit ihren rhythmischen Ausreißern war das Publikum jedoch wieder konzentriert und überschüttete den Interpreten nach der geistlichen Stunde in der Kirche mit viel Beifall.

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