Polizeipräsenz Im Kreis Ahrweiler gibt es nur vier Streifenwagen

KREIS AHRWEILER · Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) schlägt Alarm. Lediglich vier mit insgesamt acht Polizisten besetzte Streifenwagen sind an Wochenenden an Rhein und Ahr im Einsatz. Ein Interview mit dem GdP-Kreisvorsitzenden Pascal Rowald.

 Selten gewordene Polizeiarbeit: Verkehrskontrolle in Sinzig. Es gibt zu wenig Polizisten und Streifenfahrzeuge.

Selten gewordene Polizeiarbeit: Verkehrskontrolle in Sinzig. Es gibt zu wenig Polizisten und Streifenfahrzeuge.

Foto: Martin Gausmann

Alle Jahre wieder melden sich die örtlichen CDU-Landtagsabgeordneten und weisen auf mangelnde Polizeipräsenz im Kreis Ahrweiler hin. Der Innenminister beantwortet Anfragen regelmäßig und erklärt, der Kreis sei in Sachen Polizei gut aufgestellt. Was ist richtig?

Pascal Rowald: Für den Wechselschichtdienst, also den klassischen Streifendienst, wurden vor Jahrzehnten Mindeststärken festgelegt. Wenn „gut aufgestellt“ bedeutet, dass man es an 300 Tagen geschafft hat, die Mindeststärke zu erreichen, stimmt das. Dabei begehen wir jedoch einen Fehler. Die Mindeststärke beschreibt ja das absolute Minimum, das erforderlich ist, um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten. Problem ist, dass diese Mindeststärken den aktuellen Entwicklungen nie angepasst wurden. Um es ganz klar zu sagen: Wir sind nicht gut aufgestellt, wir haben gerade das, was wir minimal brauchen.

Stimmt es, dass im gesamten Kreis Ahrweiler am Wochenende vier Streifenwagen zur Verfügung stehen, die jeweils mit zwei Streifenbeamten besetzt sind?

Rowald: Ja. Das ist leider die vorgesehene Mindeststärke. Aufgrund der dünnen Personaldecke ist gerade im Sommer die Mindeststärke oft die Regeldienststärke.

Kann man da überhaupt noch von Verbrechensbekämpfung sprechen? Das scheint doch mehr eine Verbrechensverwaltung zu sein.

Rowald: Bei diesen Personalstärken bleibt oft für die klassische Streifenfahrt oder Schwerpunktkontrollen an Orten, bei denen erfahrungsgemäß viele Straftaten begangen werden, nicht genügend Freiraum.

Wird denn bei Großveranstaltungen wie Rock am Ring oder bei großen Weinfesten das Personal aufgestockt?

Rowald: Einsätze dieser Größenordnung werden nicht durch die örtlichen Inspektionen abgearbeitet. Regelmäßig gibt es dann eine eigene Wache im Einsatzraum. Das Personal auf den Dienststellen selbst bleibt identisch oder wird reduziert. Die Wachen bei Großveranstaltungen müssen ja ebenfalls besetzt sein. Daher sind eher die Veranstaltungen problematisch, die nicht mehr klein, aber eben auch nicht so groß sind. Diese Veranstaltungen machen häufig viel Arbeit und die muss mit dem üblichen Personalstamm einer Dienststelle bewältigt werden.

Mit der Gründung des neuen Polizeipräsidiums Einsatz, Logistik und Technik im Jahr 2017, zu dem auch die Bereitschaftspolizei gehört, und der Einführung der neuen Modelle im Wechselschichtdienst zum 1. Januar 2019 sollten diese Einsätze durch die Kräfte der Bereitschaftspolizei übernommen werden. Allerdings sind die Kollegen der Bereitschaft personell auch sehr stark beansprucht, da die Einsatzanlässe zugenommen haben.

Wie viele Fahrzeuge stehen den drei Inspektionen während der Woche zur Verfügung?

Rowald: Unter der Woche sind es ebenfalls vier Streifenwagen, die mit der aktuellen Mindeststärke besetzt werden können. Zu den üblichen Bürozeiten sind weitere Beamte im Dienst, die im Bedarfsfall mit aushelfen können.

Und was ist mit Zivilstreifen?

Rowald: Zivilstreifen sind ja eine gute Sache. Der Fuhrpark würde dies grundsätzlich auch hergeben. Eine Polizeiinspektion Ahrweiler oder auch Adenau kann jedoch häufig nur ein Fahrzeug besetzen.

In Bad Neuenahr ist ein Mann pöbelnd mitten über die Fahrbahn der Landgrafenstraße gezogen, hat Autos beschädigt und Menschen attackiert. Die Polizei war mit einer Streife alleine auf weiter Flur und kam mit der Situation kaum zurecht. Erbetene Verstärkung konnte nicht angefordert werden. Weiterer Fall: Weil Beamte wegen einer Messerstecherei in Ahrweiler gebunden waren, mussten die Kollegen aus Adenau einen ähnlich gelagerten, zeitgleich stattgefundenen Vorfall in Altenburg an ihre Kollegen aus Adenau abgeben. Ist das normal?

Rowald: Normal ist das sicher nicht. Aber diese Situationen kommen vor. Eine Streifenwagenbesatzung für eine mittelgroße Kreisstadt ist schlichtweg nicht ausreichend.

Wir reden hier von Messerstechereien, nicht von einem kleinen Ladendiebstahl. Eine derartige „Polizeipräsenz“ kann man ja keinem mehr vermitteln . . .

Rowald: Mag sein. Einsätze, wie die von Ihnen genannten, kommen häufig noch obendrauf. Die Kollegen sind auch mit herkömmlicher Unfallaufnahme oder der Aufnahme von Strafanzeigen ausgelastet. Hinzu kommt, dass diese Einsätze in der Abarbeitung auch noch viel aufwendiger sind.

Verstehen Sie die Menschen, die sagen, man kann nicht sicher leben?

Rowald: Ich kann die Angst der Menschen nachvollziehen, ja. Und wir nehmen sie ernst. Schauen Sie in die Zeitung, schauen Sie die Nachrichten. Der Ton ist rauer geworden. Für Sicherheit zu sorgen ist Staatsaufgabe, öffentliche Daseinsvorsorge. Die ausgegebene Personalwirtschaft der letzten Jahre hat es leider nicht geschafft, die zahlenmäßig starken Pensionierungen aufzufangen und gleichzeitig auf die neuen Entwicklungen polizeilich reagieren zu können. Polizei kostet Geld, aber das sollte es uns wert sein.

Welche Personalstärke fordert die Gewerkschaft der Polizei für den Kreis Ahrweiler?

Rowald: Eine Forderung nach einer fixen Größe ist immer schwierig. Realistisch betrachtet müssen die drei Inspektionen Ahrweiler, Remagen und Adenau aber personell mindestens so ausgestattet sein, dass sie jeweils einen Streifenwagen mehr auf die Straße bringen können. Statt der vier, wie bisher, wären es dann sieben. Man darf jedoch nicht verkennen, dass es die Personalprobleme im gesamten Land gibt, allen voran bei den kleineren Dienststellen in der Fläche. Wir fordern für das gesamte Land 10.000 Vollzeitstellen für den Polizeivollzugsdienst. Es gibt also noch viel zu tun.

Wie sieht denn die personelle Besetzung bei der Kriminalpolizei aus? Schließlich hat man es in der Region ja mit einer stattlichen Anzahl an Einbrüchen, insbesondere Wohnungseinbrüchen, zu tun und mit einer zwar gestiegenen, jedoch nach wie vor dürftigen Aufklärungsquote.

Rowald: Die Kriminalpolizei hat in den letzten Jahren keinen personellen Aufwuchs erfahren und wurde mit den sich ständig veränderten Kriminalitätsphänomenen alleine gelassen. Kriminalpolizeiliche Ermittlungsarbeit ist zeit- und personalintensiv. Daher muss man den Kollegen auch mal ein Lob aussprechen, dass die Aufklärungsquote überhaupt gestiegen ist. Letztlich hängt ein Ermittlungserfolg jedoch nicht ausschließlich mit dem Personalstamm zusammen. Wichtige Aspekte sind auch die technische Ausstattung, Eingriffsbefugnisse und vieles mehr.

Längst gibt es die sogenannten „Bürgerstreifen“. Wie sinnvoll sind sie? Eigentlich sollte man ja meinen, dass Polizeiarbeit nicht gerade zu den ersten Bürgerpflichten gehört.

Rowald: Ich finde es sinnvoll, wenn Nachbarn sich vernetzen und gegenseitig aufeinander „aufpassen“. Wir brauchen mehr Solidarität und Zusammenhalt. Dieses Konzept hat ja in der Grafschaft auch zu guten Erfolgen geführt. Doch dies muss auch Grenzen haben.

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