Meisterkonzert in der Pützfelder Marienkapelle Intimität und Improvisation

PÜTZFELD · Mit einem klassischen Konzert nach gänzlich neuem Konzept haben drei Solisten des Mainzer Kammerorchesters dem einstigen Initiator der Konzerte und langjährigem Betreuer der Marienkapelle in Pützfeld Rudolf Michael Thomi gedacht, der im Februar verstorben ist.

 Solisten aus Mainz: Isabelle Müller (links, Harfe), Albert Schönberger (Orgel), Renate Kehr (Flöte).

Solisten aus Mainz: Isabelle Müller (links, Harfe), Albert Schönberger (Orgel), Renate Kehr (Flöte).

Foto: Martin Gausmann

Ein leerer Stuhl im Mittelgang erinnerte an ihn. Hoher Besuch aus der Lokalpolitik und ein bis über die Sitzkapazitäten hinaus gefüllter Kirchenraum gaben dem musikalischen Gedenken an Thomi einen würdigen Rahmen. Schönster Altweibersommer lag über den Ahrwiesen, als die zahlreichen Besucher den Aufstieg zur Marienkapelle angingen.

Noch während des Konzertes stießen Musikbegeisterte hinzu, für die es aber im Eingangsbereich nur noch Stehplätze gab. Albert Schönberger an der Orgel, Renate Kehr an der Flöte und Isabelle Müller an der Harfe hatten ein musikalisches Konzert zusammengestellt, wie man es bisher noch nicht gehört hat.

Nach dem Gassenhauer zu Beginn - Johann Sebastian Bachs populäre d-Moll-Toccata und Fuge - konzertierten die Solistinnen im Altarraum immer "Im Spiegel der Orgel", so das Motto des Konzerts. An Stelle mehrerer Stücke hintereinander mit jeweiligem Applaus, spielten die Musiker alles am Stück, unterbrochen nur von einer kurzen Pause.

Schönberger spielte keine eigenen Stücke, sondern er nahm die Melodien von Flöte und Harfe auf und führte sie improvisatorisch weiter. Dabei ahmte er die Musik nicht einfach nur nach, sondern fügte auch neue Nuancen hinzu. Dem verträumten Stück "Nuit d'étoiles" von Claude Debussy fügte die Orgel eine tänzelnde Komponente hinzu, die ferne Feiern in dieser ansonsten intimen "Sternennacht" erahnen ließ.

Mit fast brachialer Ironie machte Schönberger aus Nino Rotas innigem Sonaten-Dialog zwischen Flöte und Harfe ein flottes Tänzchen. Dies führte schon über zu den folgenden Variationen von Gioacchino Rossini, in denen dieser ein Thema aus seiner Oper "La Cenerentola" verarbeitet. Kuckuck-Rufe aus der Orgel sorgten für leises Lachen und heitere Gesichter im Publikum.

Der langjährige Domorganist von Mainz konnte diesen geistlichen Ort natürlich nicht verlassen, ohne über dezidierte Kirchenmusik zu improvisieren. Charles Gounods "Ave Maria" - eine Bearbeitung des ersten Präludiums aus Bachs "Wohltemperiertem Klavier" - nahm er zum Anlass, verschiedene Marien-Vertonungen musikalisch zu verschmelzen, die die Bedeutung der Kapelle als Wallfahrtsort würdigten.

"Nie in der Disharmonie", wie es sich Bürgermeister Achim Haag in seinem Grußwort gewünscht hatte, wurde es mit Wolfgang Amadeus Mozarts "Laudate Dominum" zum Abschluss noch einmal ganz still in der Kapelle, bevor das Publikum nach dem letzten Klang der Orgel in lang zurückgehaltenen Applaus ausbrach.

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