Konzert in der ehemaligen Synagoge Klarinettentanz und Klavierlandschaften

AHRWEILER · Hoher Besuch aus Israel hatte sich in der ehemaligen Ahrweiler Synagoge angemeldet und die weite Anreise sollte sich lohnen: Die Klarinettisten und Zwillinge Daniel und Alexander Gurfinkel, am Klavier begleitet von Michael Zartsekel, haben mit ihrem Programm zwischen Klassikern der Romantik und jüdischer Musik nicht nur ihr eigenes Können unter Beweis gestellt, sondern auch die bis auf den letzten Platz gefüllte Synagoge zu Begeisterungsstürmen hingerissen.

 Das Duo Garfinkel in der alten Synagoge.

Das Duo Garfinkel in der alten Synagoge.

Foto: Martin Gausmann

Schon der Beginn war wie ein Paukenschlag: das "Grand Duo concertant" in Es-Dur, op. 48 von Carl Maria von Weber. Mit einer ausschweifenden Auftrittsgeste beider Instrumente entwickelte sich aus manchen virtuosen Kurzfloskeln, Tonleitern- und Akkordpassagen eine schmissige Gassenhauermelodie.

Es entspannte sich ein regelrechter Dialog zwischen den beiden Instrumenten, der in immer neuer Abwandlung um einige wenige Themen zu kreisen schien. Das Publikum war schon zu dieser Zeit so begeistert, dass es keine Rücksicht auf die Konzertetikette nahm und selbst zwischen den Sätzen klatschte.

Der Mittelsatz war eine melancholische Duo-Arie mit dramatisch bewegter Klavierlandschaft, die Zartsekel in einem Solo entfalten konnte. Der Schlusssatz steigerte sich virtuos in alle spieltechnischen Finessen hinein, konzertierend, duettierend, graziös, kapriziös. Im tänzelnden Schritt durchschritten die beiden Klarinettisten die Bühne mehrmals. Zuschauer raunten sich augenzwinkernd in der Pause zu: "Die können nicht nur brillant spielen, sondern auch hervorragend tanzen."

Das "Trio pathétique" von Michail Glinka spielten die Gurfinkels in einem Arrangement ihres Großvaters Arkady. Die Düsternis des Stückes lässt sich musikgeschichtlich daher erklären, dass Glinka 1832 einen körperlichen und seelischen Zusammenbruch erlitten hatte, den er in diesem Trio wie in einer Art Selbsttherapie verarbeitete. Viele Motive verbanden sich über die nahtlos aneinander komponierten Sätze zu einem großen Ganzen, in das sich die Zuhörer verlieren konnten.

Ebenso war es auch im Motiv-Wirrwarr "Introduction et Rondo capriccioso", op. 28 von Camille Saint-Saëns. Ihrer Herkunft und dem Ort des Konzertes angemessen, nahmen jüdische Klangmotive einen breiten Raum innerhalb des Konzertes ein. Zur "Ouvertüre über hebräische Themen", op. 34 ist Sergej Prokofjew durch einen Zufall gekommen. 1919 baten ihn jüdische Absolventen des St. Petersburger Konservatoriums, ein Stück für ihr neugegründetes Sextett zu schreiben. Auch wenn er das Projekt zuerst ablehnte, nahm Prokofjew der Zauber der jüdischen Musik gefangen.

In seinem Arrangement, ebenfalls von ihrem Großvater gesetzt, bewies das Duo Gurfinkel, dass es auch den Klang von sechs Instrumenten problemlos vermitteln konnte. Stellenweise war die Musik, wie auch bei den anderen Stücken, fast schon zu laut. Der Begeisterung des Publikums tat dies jedoch keinen Abbruch.

Mit den Melodien aus Jerry Bocks Musical "Fiddler on the roof", in Deutschland besser als "Anatevka" bekannt, zeigten die Musiker, dass ihre Virtuosität nicht vor populärer Musik haltmacht. In einer überzeugenden Symbiose aus den Liedern osteuropäischer Juden und New Yorker Jazz spielten sich die Brüder in die Herzen des Publikums. Die "Chassidische Rhapsodie" von Michael Dulitsky, die extra für die beiden komponiert wurde, und eine passende Gershwin-Zugabe rundeten einen gelungenen Abend ab.

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