Wende für die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr Lokaler Investor im Rennen

BAD NEUENAHR · Im Insolvenzverfahren über die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr (AGBN) deutete sich eine Wende an. Nach GA-Informationen befindet sich Insolvenzverwalter Jens Lieser in „finalen Verhandlungen“ mit einem überregional bekannten Weinhändler und Restaurantbesitzer, der die AGBN-Immobilien mit zwei weiteren Investoren übernehmen möchte.

Hierzu wollte sich Lieser mit dem Hinweis auf vereinbarte Verschwiegenheit nicht äußern. Für den GA ist der Weinhändler seit Wochen nicht zu erreichen. Hatte Lieser bis zuletzt von einem „offenen Bieterverfahren“ gesprochen, stellt der Koblenzer Rechtsanwalt dies jetzt in Frage. Zudem gibt er eine neue Einschätzung des Verkehrswertes der AGBN-Immobilien ab.

Er bestätigte indes eine Presse-Darstellung, wonach es einen Totalverlust des Kapitals der Aktionäre geben könnte. Nach der Insolvenzordnung werden Aktionäre im Vergleich zu den Gläubigern nachrangig aus der Insolvenzmasse bedient. Die Aktionäre erhalten erst dann etwas aus der Insolvenzmasse, wenn die Gläubigerinteressen vollständig bedient sind.

Für Irritationen sorgte Liesers neue Einschätzung, die er bezüglich des Verkehrswertes der AGBN-Immobilien abgab. Ein früheres Gutachten sei nicht mehr aktuell, so der Rechtsanwalt zum GA. So gebe es beispielsweise „neue Erkenntnisse“ zur Sanierung und Schließung des sogenannten Bademantelganges. Näherte Angaben machte er nicht. Auf die GA-Frage, welche Maßnahmen Lieser in den vergangenen Monaten ergriffen habe, um das operative Geschäft weniger defizitär zu gestalten, antwortete er: „Der defizitäre Veranstaltungsbereich wurde geschlossen. Weitere Maßnahmen sind in Vorbereitung, können derzeit aber noch nicht kommuniziert werden.“ Künftige tragende Säulen der AGBN sollen nach Liesers Darstellung die Seniorenresidenz Villa Sibilla und die Immobilienverwaltung sein. Das schließe nicht aus, dass „es selbstverständlich im unmittelbaren Umfeld auch die Bereiche Gesundheit und Wellness geben wird. Diese müssen aber nicht zwangsweise von der AGBN selbst, sondern können von einem anderen Dritten betrieben werden“.

Zu Wort meldete sich auch AGBN-Vorstand Christoph Reinicke: „Gäbe es einen offenen Bieterprozess, an dessen Ende der meistbietende Investor den Zuschlag erhält, könnten auch die Aktionäre auf eine Auszahlung hoffen.“ Reinicke gehe davon aus, dass Lieser ein Bieterverfahren umgehen wolle, um dem bereits feststehenden Investor den Weg zu bahnen. Dagegen unterstrich Lieser, dass er als Insolvenzverwalter gehalten ist, die Interessen der Gläubiger zu wahren und für eine bestmögliche Befriedigung ihrer Forderungen zu sorgen.

Auf welche Weise dieses Ergebnis erzielt wird, sei Sache des Insolvenzverwalters und des Gläubigerausschusses. Daher schreibe die Insolvenzordnung auch kein Bieterverfahren als einzige Verwertungsmöglichkeit vor. Zusammengefasst gehe es darum, möglichst viele Bereiche der AGBN zu erhalten, möglichst viele Arbeitsplätze zu retten und für die Gläubiger eine höchstmögliche Gläubigerbefriedigung zu erzielen.

Auf Unverständnis stößt bei Reinicke vor allem die Rolle der Bad Neuenahr-Ahrweiler: „In Zeiten immer schwieriger werdender Finanzierungen der Kommunen wäre es oberste Pflicht der Stadt, das Unternehmen an zahlungskräftige und gestaltungswillige Investoren zu verkaufen.“ Mit keinem Wort habe sich die Stadt für die Arbeitsplätze der Mitarbeiter der AG eingesetzt. Nicht nur die Stadt als größter Einzelaktionär, sondern auch der Bürgermeister als gewählter Vertreter der Bürger „sollte bei Herrn Lieser darauf hinwirken, dass Verhandlungen mit Investoren aufgenommen werden, die die AG als Gesamtpaket mit Erhalt aller Arbeitsplätze übernehmen möchten“, sagte Reinicke.

Bei chinesischen Interessenten sei das der Fall. Stattdessen unterstütze die Stadt den Kurs der Zerschlagung und Umwandlung in eine reine Immobilienverwertung.

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