Abwassernetz im Ahrtal Erste mobile Kläranlage Deutschlands in Mayschoß in Betrieb

Mayschoß · Das Abwassernetz im Ahrtal ist durch die Flut teils stark beschädigt. In Mayschoß wurde nun die erste mobile Kläranlage in einem Industrieland vom Deutschen Roten Kreuz aufgebaut.

 Die Übergangs-Kläranlage in Mayschoß wurde am Donnerstag offiziell in Betrieb genommen.

Die Übergangs-Kläranlage in Mayschoß wurde am Donnerstag offiziell in Betrieb genommen.

Foto: Martin Gausmann

Sie besteht aus sieben Tanks, hat ein Fassungsvermögen von 334.500 Litern und kann Abwasser von 600 Personen aufbereiten. Am Donnerstag wurde in Mayschoß die neue mobile Übergangskläranlage offiziell in Betrieb genommen. Anwesend war das Deutsche Rote Kreuz (DRK) als Errichter der Anlage, ADD-Präsident Thomas Linnertz, Christina Steinhausen als Vertreterin des Kreises sowie Bürgermeisterin Cornelia Weigand und Ortsbürgemeister Hubertus Kunz.

3.500 DRK-Helfer seien in der Spitze im Ahrtal zu Gange gewesen, so der Präsident der Landesverbands Rheinland-Pfalz. Momentan seien es etwa 280. An manchen Tagen habe das DRK 20.000 Essen pro Tag ausgegeben. "Ich will es nochmal betonen: So lange das Rote Kreuz gebraucht wird, bleiben wir hier." Freiwillige Helfer seien immer gerne gesehen und überall gebraucht. Jeder könne helfen.

Mobile Kläranlagen sind eigentlich für Krisengebiete konzipiert

Bei der Übergangslösung, die für zwei Jahre in Mayschoß installiert wird, handelt es sich um ein Novum: In keinem Industrieland zuvor wurde eine derartige mobile Kläranlage errichtet. Auch, dass eine Hilfsorganisation wie das DRK sie aufbaut, ist ungewöhnlich. Ursprünglich konzipiert wurde der Komplex für Krisengebiete im Ausland, wie der stellvertretende Einsatzleiter der Anlage Christoph Stein erklärt. Zwei von solcher Art stehen aktuell in Bangladesch, wo eine Million vertriebene Rohingya leben.

Dass eine solche Anlage ausgerechnet in Deutschland aufgebaut wird, lässt erkennen, wie weitreichend und einschneidend die Folgen der Flutkatastrophe im Ahrtal sind. Die Errichtung musste vom Auswärtigen Amt offiziell genehmigt werden."Niemand hat jemals damit gerechnet, dass wir diese Anlage in Deutschland aufbauen würden", erzählt Stein. Er und sein Technikteam wurden durch den Bundesverband des DRK mit der wichtigen Aufgabe betraut. Eigentlich lebt und arbeitet er in Gießen.

Vielerorts fließt Abwasser wegen beschädigter Anlagen ungeklärt in die Ahr

Die in Berlin gelagerten Teile seien vergleichsweise leicht transportierbar. Eine weitere Anlage, die noch in Berlin bereitsteht, werde vermutlich auch bald im Ahrtal zum Einsatz kommen. Wo sie hinkäme, sei nicht mal eben entschieden, so Stein. Das Kanalnetz muss einigermaßen intakt sein, die Prognose für das Trinkwasser möglichst gut. Diese Umstände sind in Mayschoß gegeben. Außerdem passt die Kapazität der Anlage in etwa zur Einwohnerzahl der Gemeinde. Lediglich eine Woche dauerte der Bau, mit drei Tagen Vorbereitung. Nach zehn Tagen war die Kläranalge nutzungsbereit. Seit einer Woche ist sie in Betrieb. Stein: "Wir sind schneller und mobiler, aber die Leistung entspricht einer normalen Kläranlage. Das, was wir jetzt in den Fluss abgeben, ist sauberes, unbedenkliches Wasser und keine Umweltbelastung mehr."

Die Gemeinde Mayschoß unter Ortsbürgermeister Hubertus Kunz hatte sich selbst um die Kläranlage gekümmert. Allein in der Verbandsgemeinde Altenahr sind zwei Kläranlagen zerstört. Im Ahrtal sind viele Anlagen betroffen, das Abwasser fließt vielerorts ungeklärt in die Ahr. Cornelia Weigand, Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Altenahr, freut sich sehr über die Errichtung. Der Bundesverband des DRK habe ihr unter anderem sogar ein mobiles Krankenhaus angeboten, welches aber nicht benötigt werde.

Die Mobilität der Anlage, so Weigand, lasse darauf schließen, wie schlimm die Zerstörung in Mayschoß sei. "Diese Anlage ist eigentlich dafür konzipiert, auf Eseln transportiert zu werden, dort, wo keine Infrastruktur mehr besteht und kein motorisierter Transport möglich ist. Also in Krisen- und Schwellenländern. Und jetzt steht sie mitten in Westdeutschland." Hier erfülle sie aber alle Anforderungen, die es aktuell da sind. Innerhalb kürzester Zeit und auf unbürokratischem Wege haben das örtliche Klärwerk und Igenieure des roten Kreuzes den Plan entworfen.

Auch Ortsbürgermeister Kunz bedankte sich herzlich beim DRK. Mayschoß sei die erste Gemeinde mit einer Kläranlage in der Verbandsgemeinde Altenahr gewesen. 1972 wurde diese fertiggstellt. Die Grundstückseigentümer der gut positionierten Weinlage vor dem Ortseingang hätten der nun neu erbauten Anlage widerstandslos zugestimmt. "Ich hoffe, das ist ein Pilotprojekt für die anderen Gemeinden an der Ahr", so Kunz.

Horst Gies, der aktuell die Geschäfte von Landrat Jürgen Pföhler leitet, ließ sich von Christina Steinhausen vertreten. "Mir ist ganz wichtig, dass diese positive Botschaft in einen größeren Kreis getragen wird. Wir haben hier genug Katastrophen erlebt." Die Anlage sei von 900 möglichen Abwasseranschlüssen auf 5.000 erweiterbar. Steinhausen warf auch die Frage auf, warum eine zweite Anlage in Berlin steht und sieben Wochen nach der Katastrophe noch nicht im Krisengebiet. Positive Signale seien aktuell überall im Ahrtal gebraucht.

Ortsbürgermeister Kunz: "Wir schaffen es, wieder hier raus zu kommen. Es geht aufwärts. So sicher ich Hubertus heiße".

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