Konzerterlebnis in Bad Neuenahr Meistersinger entern die Bühne

BAD NEUENAHR · 13 Sänger bescherten 350 Musikfreunden jetzt in Bad Neuenahr eine umjubelte „Nacht des Belcanto“ im Kurhaus. 20 Werke aus 16 Opern von zehn Komponisten wurden dargeboten.

 Auf der Kurhausbühne: Alle Akteure der "Nacht des Belcanto" auf einen Blick.

Auf der Kurhausbühne: Alle Akteure der "Nacht des Belcanto" auf einen Blick.

Foto: Martin Gausmann

Erst am Vorabend waren die Akteure in Neustadt an der Weinstraße beim Meistersinger-Wettbewerb angetreten und hatten um den schönen Gesang, den Belcanto, sowie Jury- und Publikumspreise geeifert. Bei der „Nacht des Belcanto“ zum Abschluss des Rhein-Vokal-Festivals im Bad Neuenahrer Kurtheater konnten sie nach der Preisvergabe umso gelöster auftreten, mit dem gleichen Programm: 20 Werke aus 16 Opern von zehn Komponisten wurden dargeboten von 13 jungen Sängern aus elf Nationen von Belgien bis China, Kolumbien und Russland. Das ganze Spektrum des Belcanto deckten sie ab mit weniger bekannten aber auch hochberühmten und heiß geliebten Kompositionen von 1718 bis 1917, von Antonio Vivaldi und Nicola Porpora bis zu Giacomo Puccini und Giuseppe Verdi.

Einer machte gleichsam „außer Konkurrenz“ mit: Countertenor Alin Deleanu hat den Meistersinger-Wettbewerb bereits 2013 gewonnen und im Kurtheater auch die Herzen des Publikums mit einer überaus traurigen und anrührenden Arie „Alto Giove“, bei der das Klavier erst mal aussetzte, als die Stimme einsetzte und der Saal vor Spannung zu bersten schien.

Nicht weniger packend war der Auftritt der diesjährigen Gewinnerin des ersten Preises und zudem des Publikumspreises, die als letzte Solistin sang: Die Ukrainerin Maryna Zubko als Violetta aus Verdis La Traviata veranlasste die Jury in Neustadt zur Höchstwertung und das Publikum in Bad Neuenahr dazu, während der gesamten, rund zehn minütigen Arie schier den Atem anzuhalten. Die Wände des Kurtheaters schienen in Schwingung zu geraten, als die 1990 geborene Sopranistin ihre besondere Beweglichkeit in den hohen Registern durchdringend demonstrierte.

Auch die Förderpreisgewinnerin des Vorabends, Sopranistin Xingxin Wei, meisterte als rachsüchtige „Königin der Nacht“ aus Wolfgang Amadeus Mozarts „Zauberflöte“ die rund zwei Oktaven Tonumfang und die vielen Koloraturen in feurigem Tempo und mit glühenden und kühnen Blicken ins Publikum. Warum sie den zweiten respektive dritten Preis der Jury erhielten, machten Diana Chavarro mit ihrem lyrischen Sopran als Donna Anna aus „Don Giovanni“ und Magda aus „La Rondine“ und Mezzosopranistin Katarina van Droogenbroeck insbesondere mit ihrer mitfühlenden Mozart-Arie „Gelindo in ogni vena“ hörbar. Wäre es aber nach dem Publikum in Bad Neuenahr gegangen, hätten sicher auch die anderen Akteure einen Preis verdient.

Die gebürtige Allgäuerin Friedgard Teschemacher brachte als Mimi aus Puccinis „La Bohème“ den Saal zum Jubeln. Und Xiao Feng Cai spielte Leporello mit komödiantischem Talent mit dem Publikum, ließ seinen Bass-Bariton als Fiesco auch in düstersten Tönen schimmern.

Zu einem Abend voll schöner Töne und Drama, mit beliebten Melodien und großen Emotionen machten das Konzert nicht minder die Sopranistinnen Ayna Dozono, Galina Rosert, Yida Wang, Tenor Benedikt Bader, Bariton Tohru Iguchi und Bass-Bariton Valentin Vatev. Aber auch die Pianisten, der Bonner Hedayet Djeddikar und die Südkoreanerin Seung-Jo Cha erwiesen sich als grandiose Besetzungen.

Ein Triumph war nicht nur das gemeinsame Auftaktstück, Christoph Willibald Glucks „tronfi amore“, sondern auch das gemeinsame Finale aller Akteure mit Verdis Libiamo, das nach einer Zugabe „schrie“: Franz Schuberts „Ständchen“ nach einem Gedicht Franz Grillparzers. Das viel umjubelte Konzert brachte nach vielen Jahren das Festival „Rhein-Vokal“ erstmals wieder in die Kreisstadt und schloss zugleich das diesjährige Festival ab.

Grund, dass die Kreisstadt einer der zehn Schauplätze war: Bad Neuenahr-Ahrweiler ist dem Verein der Kommunen beigetreten, die neben der rheinland-pfälzischen Landesstiftung Villa Musica und dem Südwestrundfunk (SWR) eine der Säulen des Festivals Rhein-Vokal sind.

Und am Ende gab es wohl keinen im mit rund 350 Zuhörern gefüllten Saal, der die Entscheidung, das „Festival am Mittelrhein“ wieder ins Kurtheater zu holen, nicht gut geheißen hätte.

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