"Best of Musical and Wine" Mit dem Segway auf Winzersuche

BAD NEUENAHR · Aus den Tiegeln im Labor von Doktor Jekyll und Mister Hyde verdampften geheimnisvoll bunte Flüssigkeiten vor der "Röhre" der Dokumentationsstätte Regierungsbunker. Und von "Der Welt, die ich nie sah" aus "Sister Act" sang eine Nonne mit Häubchen sowie auf Highheels vor einer Ansicht der Klosterruine Marienthal.

 "Musical and Wine": Melanie Ortner-Stassen und Kevin Tarte bei "Totale Finsternis" aus "Tanz der Vampire".

"Musical and Wine": Melanie Ortner-Stassen und Kevin Tarte bei "Totale Finsternis" aus "Tanz der Vampire".

Foto: Martin Gausmann

Das Kloster Kalvarienberg, die Kurhausfassade und der Rotweinwanderweg dienten außerdem in Form von Leinwandprojektionen als Kulisse bei "Best of Musical and Wine" in Bad Neuenahr. Wie der Name schon sagt, verband die Show auch im zweiten Jahr der Veranstaltung Musik und Wein sowie die Reize des Ahrtals, bekannte Musicalsongs und vor allem beliebte Darsteller, denen mancher Fan auch von fern an die Ahr hinterhergereist war.

Insgesamt mehr als 1000 Zuschauer ließen sich bei den zwei Aufführungen im Kurhaus von der bunten Show gefangen nehmen, in die, meist unabhängig von den gesungenen Liedern, wieder eine kleine Geschichte eingewoben war.

Da kam mittendrin eine zierliche Australierin auf einem Segway durch den Mittelgang zwischen den Zuschauerreihen angerollt und fragte den Italiener, der gerade auf der Bühne stand: "Sind Sie der Winzer?" "Nein, ich bin Tarzan", antwortete der Mann im weißen Anzug.

Er heißt im wirklichen Leben Gian Marco Schiaretti und ist derzeit die Erstbesetzung für Tarzan im Apollo Theater in Stuttgart. Sie heißt Kimberly Trees und ist treuen Gala-Fans noch von der Premiere von "Best of Musical and Wine" im Vorjahr als quirlige Darstellerin in Erinnerung geblieben. Während Melanie Ortner-Stassen, aus Österreich stammende Erstbesetzung der Affenmutter Kala in "Tarzan", ebenfalls neu dabei war, gab es zudem ein Wiedersehen mit Publikumsliebling Kevin Tarte.

Der gebürtige Amerikaner musste der Frau auf der Suche nach Winzer und Weinprobe ebenfalls erklären, dass er kein Winzer, sondern Sänger sei. Auch im Publikum wurde sie nicht fündig. Erst gegen Ende der Show betrat Ahr-Winzer Marc Linden die Bühne, und die Suchende war am Ziel. Zwischendurch hatten die Akteure aber immer mal wieder einen großen Schluck aus dem riesigen Rotweinpokal genommen, der während der ganzen Show am Bühnenrand auf einem Stehtisch immer sichtbar und gefüllt bereitstand.

Aber auch das Publikum ging nicht leer aus: Mit ihrem Eintritt sicherten sie sich einen Secco von der Dagernova zur Einstimmung vor Showbeginn, einen Spätburgunder vom Weingut Peter Lingen in der Pause und einen Blanc de Noir vom veranstaltenden Weingut Sonnenberg zum Ausklang. Wein floss, kleine Spielszenen sorgten für Erheiterung, vor allem aber die Musik für Begeisterung. Und das nicht erst nach Songs wie "Totale Finsternis" oder "Dancing Queen". Spätestens bei "Dirty Dancing" standen die Zuschauer und klatschten nicht nur im Stehen, sondern tanzten auch mit.

Zum Auftakt bereits hatten die vier Sänger ins Reich des "König der Löwen" entführt. Vor bewegten Bildern der afrikanischen Savanne und zu mitreißenden Rhythmen und Percussion der sechs Instrumentalisten unter Leitung von Hannes Schauz auf der Bühne sangen sie in gleißendes Licht getaucht "Der ewige Kreis". Songs aus "Tarzan" und "Mamma Mia", "Starlight-Express" und "Chicago" folgten.

Viel umjubelt war insbesondere Kevin Tarte. Packend interpretierte er "Remember" aus dem Film "Troja" und fesselte auch in seiner Paraderolle als "Graf von Krolock" aus "Tanz der Vampire". Eingeflochten waren neben Musical-Songs auch Pop-Songs wie Celine Dion und Andrea Bocellis "The Prayer" (Ortner-Stassen/Tarte) und Eros Ramazzottis "Se bastasse una canzone" (Schiaretti).

"Nachdem wir im vergangenen Jahr eher klassische Musicals ausgewählt haben, haben wir in diesem Jahr auf modernere Musicals, auch für ein jüngeres Publikum, gesetzt", sagte die künstlerische Leiterin Gaby Kern aus Bad Neuenahr, die seit rund einem Jahr an der neuen Produktion gearbeitet hat. Ein Team von 50 Leuten aus zehn Nationen auf vier Kontinenten, darunter viele Ehrenamtliche, sei vor und hinter der Bühne im Einsatz, sagte Michaela Wolff eingangs.

Neben den Künstlern waren unter anderem Techniker und Caterer, Näherin, Requisiteurin und Friseur von Mittwoch bis Sonntag zu betreuen. Hatten die Veranstalter im Vorjahr erwartungsgemäß noch mit roten Zahlen gerechnet, hoffen sie diesmal auf Kostendeckung. Wobei die unzähligen Einsatzstunden des Kreativteams nicht eingerechnet seien. Seit einem Jahr liefen die Planungen, seit November gab es wöchentliche Treffen.

Doch die Resonanz belohnte. Zwei Shows von "Best of Musical and Wine" soll es auch am 1. und 2. April 2016 geben, verkündeten die Veranstalter zum Finale, als die Musical-Fans den Abend noch nicht enden ließen: Fast 400 von ihnen feierten bei den After-Show-Partys weiter und umringten nicht nur das Büfett, sondern auch die Musicaldarsteller, um sich Autogramme und Fotos zu sichern, und bei Livemusik und Wein die Musical-Euphorie noch ein bisschen länger auszukosten.

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