Kammerchor Bad Neuenahr-Ahrweiler Musikalische Bilderreise beim Konzert zum Totensonntag

BAD NEUENAHR · Der Kammerchor Bad Neuenahr-Ahrweiler präsentierte erstmals ein reines Schubert-Programm.

 Großer Auftritt: Der Chor mit Ekaterina Londarenko, Ellen Röcke und Anna Sigalova.

Großer Auftritt: Der Chor mit Ekaterina Londarenko, Ellen Röcke und Anna Sigalova.

Foto: Martin Gausmann

Das Meer tat sich vor Moses auf, deutlich in Schuberts Kantate zu hören, und seine Schwester Mirjam gab sich optimistisch. Doch bald schon waren die Macht und das Majestätische des Pharaos in der Klavierbegleitung auszumachen, dazu die drohende Gefahr in den Chorstimmen, die einen Eindruck von Verwirrung und Hektik vermittelten. Wenn das Schubert-Werk "Mirjams Siegesgesang" auch eher selten zu hören ist, ist die Geschichte vom Auszug der Israeliten aus Ägypten alt. Es siegten am Ende Frömmigkeit und Zuversicht: "Drum mit Zimbel und mit Saiten, lasst den Hall es tragen weit. Groß der Herr zu allen Zeiten, heute groß vor aller Zeit."

Mit dem wohl dramatischsten Musikstück des Abends eröffnete der Kammerchor Bad Neuenahr-Ahrweiler sein Konzert zum Totensonntag. Als Oratorienchor ist der Kammerchor vor 60 Jahren gegründet worden, und an die Oratorien Händels erinnerte auch "Mirjams Siegesgesang". Durchaus barocke Züge waren darin auszumachen, aber es war ein Romantiker, dem sich die 60 Sänger unter Leitung von Chor- und Orchesterleiterin Ekaterina Londarenko widmeten: Erstmals in der Geschichte des Chors hatte er ein Programm nur mit Werken von Franz Schubert einstudiert.

Als Ausführende mit dabei waren die Sopranistin Ellen Röcke, mit der der Chor bereits seine Operngala im Mai bestritt, sowie Anna Sigalova an Klavier und Orgel und Mitglieder des Akademischen Orchesters Bonn. "Schließen Sie die Augen, lassen Sie die Worte vor sich entstehen wie die Bilder der Musik", hatte der Chorvorsitzende Stefan Giffels eingangs eingeladen, und die Akteure machten es dem Publikum nicht schwer, ihm auf diese "Bilderreise" zu folgen.

Begleitet von Anna Sigalova stimmte die Sopranistin bald darauf einen lieblichen Lobgesang auf "Gott im Frühling" an. Zum "Ave Maria" zog sie sich nicht in eine Felsenhöhle zurück, wie es "Ellens dritter Gesang" gemäß der deutschen Vorlage der Versromanze "Lady of the Lake" von Walter Scott vorsieht, sondern auf die Orgelempore. Doch wirkte ihr an die Gottesmutter gewandtes Bitten und Flehen um Schutz und Ruhe manchmal etwas zu angestrengt in der so bekannten Vertonung Schuberts. Auch der Chor schwächelte zwischendurch in dem gut zweistündigen Konzert bei den Mittelstücken.

Präsenter und beweglicher gestaltete er jedoch wieder die "Deutsche Messe" zum Finale, gemeinsam mit Orgel und Blasorchester. Voll Stolz und Anmut, demütig, gläubig, gefühlvoll und zuweilen fast meditativ fanden Ehre, Dank und Lob Ausdruck in dem durchweg vierstimmigen Chorgesang. Dass der Kammerchor nicht wie sonst in der Rosenkranzkirche, sondern diesmal in der Martin-Luther-Kirche konzertierte, in die rund 300 Zuhörer gekommen waren, erklärte Londarenko mit dem hochwertigeren Flügel in dem evangelischen Gotteshaus. An diesem Instrument erklang denn auch ein Glanzpunkt des Abends: eine beseelte und schier unbeschwerte Interpretation von Schuberts Fantasie f-moll für Klavier zu vier Händen, die Londarenko und Sigalova voller Poesie und Rhythmik realisierten.

Unter anderem nach den französischen Romantikern beim 100. Konzert und Schubert steht für das nächste Konzert wieder ein Romantiker auf dem Probenplan des Kammerchors: Die Werke des Norwegers Edvard Grieg sollen im kommenden Jahr zur Aufführung gebracht werden.

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