Steine, Fugen und Dach im Fokus Obertor-Sanierung wird nach Zwangspause fortgesetzt

Bad Neuenahr-Ahrweiler · Die Instandsetzung des Obertors in Ahrweiler nimmt an Fahrt auf. Aufgrund der Flut musste sie zunächst pausieren. Nun läuft der zweite Abschnitt der Sanierung des historischen Bauwerks. Auf die Experten kommen umfangreiche Arbeiten zu.

Die Sanierung des Obertors in Ahrweier läuft auf Hochtouren. Handwerker Max Schwarz ersetzt Balken im Dachstuhl.

Die Sanierung des Obertors in Ahrweier läuft auf Hochtouren. Handwerker Max Schwarz ersetzt Balken im Dachstuhl.

Foto: ahr-foto

Das Obertor von Ahrweiler ist wieder eingerüstet worden. Grund dafür ist nicht, dass die Flut die Fugen im Tor-Sockel tief ausgewaschen hat. Vielmehr startet der zweite Abschnitt der Sanierung dieses historischen Bauwerks. Aufgrund der Flut musste sie nämlich um ein Jahr verschoben werden, sagte Karl Walkenbach, Pressesprecher der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Land beteiligt sich an den Kosten für die Sanierung

Die kurz vor dem Hochwasser abgeschlossene erste Phase der Wiederertüchtigung dieses mittelalterlichen Bauwerks hatte begonnen, nachdem die Straßenbauarbeiten in der Oberhutstraße abgeschlossen worden waren. Um die Stabilität des Tores zu verbessern, waren 16 Verpressanker im Mauerwerk eingebaut worden, so Walkenbach. Auf die statische Stabilisierung des dreigeschossigen Turmtores sollten im Sommer 2021 eigentlich Fugensanierung, Restaurationsarbeiten und Dachdeckerarbeiten folgen. Dann aber kam die Flut.

„Beim zweiten Bauabschnitt geht es um Holzbereiche und Bogenfriese aus Naturstein sowie um die mittelalterlichen Fragmente der vorhandenen Deckputz- und Farbfassungsfragmente“, erläuterte Walkenbach. Außerdem sollen Natursteine und Fugen saniert werden. „Sämtliche losen Steine und zu harte Fugen, die vor Jahrzehnten mit falschem Mörtel saniert wurden, werden ausgetauscht.“ Zuvor seien die Fugen mit Spezialbohrungen restauratorisch untersucht worden. „Auf Basis dieser Ergebnisse werden das Dach, die Dachunterkonstruktion in Kleinflächen, die Natursteinelemente und die Verfugung saniert“, so Walkenbach weiter. Geschätzte Kosten dafür: rund 386.000 Euro. 118.000 Euro hätten allein die Spezialbohrungen gekostet. Die Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) beteiligt sich mit 70.000 Euro an der Sanierung. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) gewährt außerdem Zuschüsse aus ihrem Städtebauförderprogramm „Lebendige Zentren - Aktive Stadt“. Das Land übernehme hier rund zwei Drittel der zuwendungsfähigen Kosten, sagt Walkenbach, also etwa 210.000 Euro.

Eingemauerte Kanonenkugeln als Relikte der Vergangenheit

Das 20,5 Meter hohe Obertor ist – neben Nieder-, Ahr- und Adenbachtor – eines der insgesamt vier im Jahr 1297 erstmals schriftlich belegten Stadttore sowie Teil der Stadtmauer und damit der Stadtbefestigung von Ahrweiler. Nach dem Nachbarort Walporzheim wird es auch „Walporzheimer Tor“, der ehemaligen Wüstung Gisenhoven entsprechend auch „Gesemer Porz“ oder „Westtor“ genannt. Das dreigeschossige Turmtor mit auskragendem Obergeschoss, vier Ecktürmchen und Walmdach steht im Westen der Stadt und ist der Heiligen Ursula gewidmet, die zugleich Pastronin der Oberhut ist. Bauhistorische Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, dass dieses Tor zwischen 1254 und 1267 gebaut wurde.

 Eine historische Ansicht zeigt das Ahrweiler Obertor.

Eine historische Ansicht zeigt das Ahrweiler Obertor.

Foto: ahr-foto

An der Tor-Außenseite befinden sich ein Spitzbogentor mit Fallgitterschlitz sowie eine Pechnase, durch die im Fall der Fälle aber nicht nur Pech auf Angreifer niederging, sondern auch Fäkalien oder kochendes Wasser. Der Turm hat neben seinen steinernen Außenmauern lediglich einen hölzernen Innenausbau über drei Stockwerke, die über Leitern zu erreichen sind. Der einzige Zugang führt durch die Wohnung und über die Terrasse des auf der Tor-Nordseite stehenden, ebenfalls historischen privaten Wohngebäudes, des Peter-Friedhofen-Hauses.

Als Relikte der Belagerung Ahrweilers durch Truppen des Kölner Erzbischofs Ruprecht von der Pfalz im Jahr 1474 wurden an der Westseite des Tores, nach Walporzheim hin also, historische Kanonenkugeln aus Stein in die Wand eingemauert. Direkt über dem Spitzbogen des Durchganges sind drei von ihnen zu erkennen. Und wer den Blick noch weiter nach oben richtet, kann direkt unter dem ausgekragten Obergeschoss vier weitere entdecken. Zur Zeit dieser Belagerung war das Obertor ein Dreimauertor, also zur Stadt hin geöffnet, wie das heute noch bei dem nicht weit entfernten Bitzenturm der Fall ist. Erst um 1500 wurde in das Tor eine Innenmauer eingezogen. Die Nähte kann man noch heute gut mit bloßem Auge erkennen. Dass die Rückwand erst nachträglich aufgemauert wurde, war auch eine Ursache für Probleme mit der Gebäude-Statik.

Im Frühjahr 2019, nach mehreren Ortsterminen, gab die GDKE als oberste Denkmalschutzbehörde des Landes grünes Licht für die Sanierung. Zu dieser Zeit hatte das Bauwerk bis zu acht Zentimeter breite Risse, die vorwiegend von innen an der Südostwand und im Gewölbe über der Durchfahrt sichtbar geworden waren und die Standsicherheit des Turmes bedrohten.

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