Unwetter-Katastrophe im Ahrtal Ortsteile von Rech waren vier Tage lang getrennt

Rech · Mehrere Tage lang waren die beiden Ortsteile von Rech komplett voneinander isoliert. Die Flutwelle hat auch die historische Nepomukbrücke zerstört. Seit Sonntag setzt die Bundeswehr im Pendelverkehr Boote ein.

 Rech nach der Flut-Katastrophe.

Rech nach der Flut-Katastrophe.

Foto: Benjamin Westhoff

Noch in den Weinbergen – der Weg ist auch mit Google nicht immer einfach auszumachen – in der Ortsrandlage von Rech, kommen uns eine Mutter und ihr Sohn entgegen. Sie ziehen einen kleinen Rollkoffer, die Frau schüttelt den Kopf, und es scheint als würde sie murmeln: „Das alles ist nicht wahr.“

Wo sonst nur Wanderer unterwegs sind, fahren Fotograf Benjamin Westhoff  und ich, wie auch ein paar ortskundige private Helfer, mit unserem Auto über den Rotweinwanderweg. Das Ziel ist der kleine Ort Rech in der vom Hochwasser besonders betroffenen Verbandsgemeinde Altenahr. Nach etwa 30 Minuten abenteuerlicher Fahrt treffen wir das erste Mal auf eine Polizeisperre. Die junge Beamtin ist hilfsbereit, will nur den Presseausweis sehen und erklärt uns dann, wo wir parken können. Gerade als wir aussteigen, fährt ein weiterer Polizeiwagen an uns vorbei und gibt über Lautsprecher Auskunft, dass der Bürgermeister um 14 Uhr spricht – Treffpunkt beim Winzer O. Scholl. Wir laufen los.

Die Straßen sind immer noch voller Matsch, ein riesiger Wasserwerfer der Polizei rollt an uns vorbei, im „Altenpfad“ brummt ein Generator laut, mit dessen Kraft der Keller eines Hauses leergepumpt wird.

Auf einem Bettlaken ist aufgesprüht: „Dank an die Helfer – ihr seid großartig“. Es hängt am äußerlich immer noch hübschen Fachwerkhäuschen des Winzers O. Scholl. Etwa 40 Anwohner haben sich bereits versammelt und warten auf die neuesten Informationen von Bürgermeister Dominik Gieler.

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Foto: dpa/David Young

Über das Mikrofon verkündet er, wo  Dixi-Klos und Trinkwasseranlagen aufgestellt wurden. Gieler warnt die Mitbürger eindrücklich: „Bitte geht nicht bei euch zu Hause aufs Klo. Wir haben keine Ahnung, wo das landet.“ Die seit Tagen versprochene Dusche dagegen, die bei einer Mitbürgerin namens Carola hätte aufgestellt werden sollen, ist immer noch nicht da. Ich frage Birgit Grisotto, eine gebürtige Recherin, ob sie wirklich seit der Katas­trophennacht nicht geduscht habe. „Fast“, sagt sie. „Am Sonntag, also vier Tage nach der Katastrophe, bin ich über die Weinberge das erste Mal aus Rech raus zu Freunden.“

Den Bewohnern des östlichen Teils von Rech wäre das bis zum Ende des Wochenendes gar nicht möglich gewesen. Für vier Tage waren die beiden Ortsteile durch die Ahr komplett voneinander isoliert –  die neu restaurierte steinerne Nepomukbrücke steht nur noch zu einem Drittel.

Und die Wege auf den gegenüberliegenden Weinbergen seien  so schlecht ausgebaut und Bewohner hätten – selbst mit geländegängigen Wagen – zwei Stunden ins nahe gelegene Nachbardorf Dernau gebraucht.

Seit Sonntag gibt es endlich zwei Schlauchboote der Bundeswehr, die ständig zwischen den Ufern pendeln. Der Blick auf die Ahr, wo sie ablegen, ist erschreckend. „Sechs oder sieben Häuser sind hier komplett weggespült worden“, erklärt der Soldat, der den Außenbordmotor bedient.

Die Boote sind ein großer Fortschritt. Doch Bürgermeister Gieler macht in seiner kurzen Ansprache keinen Hehl daraus, wie frustrierend er die Defizite in der Katastrophenorganisation erlebt habe. Erst jetzt habe er eine Telefonnummer mit dem richtigen Ansprechpartner beim Katastrophenschutz erhalten. „Ich habe denen genau gesagt, was wir brauchen. Ich war da sehr deutlich. Aber letztendlich bin ich nur ein kleiner Ortsbürgermeister.“

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