Einsatz im Ahrtal Rheinbacher Pastor streift als Seelsorger durchs Flutgebiet

Rheinbach/Kreis Ahrweiler · Pastor Klaus Haubold verlässt nach sieben Jahren die FeG Rheinbach und wird vom Bund Freier Evangelischer Gemeinden in Deutschland in die Flutgebiete entsendet. Dort soll er sich als Seelsorger der Ängste, Nöte und Bedarfe Betroffener annehmen.

Verlässt die FeG Rheinbach, um sich nach der Flut als Seelsorger im Ahrtal zu engagieren: Pastor Klaus Haubold.

Foto: Gerda Saxler-Schmidt

Der Pastor der Freien evangelischen Gemeinde (FeG) Rheinbach, Klaus Haubold, verlässt die Gemeinde zum Jahresende und wird vom Bund Freier Evangelischen Gemeinden in Deutschland ins Flutgebiet mit Schwerpunkt Ahr entsandt. Zunächst bis 30. Juni nächsten Jahres, dann werden Situation und Bedarf überprüft, um entsprechend weitere Abstimmungen zu treffen. Im Gottesdienst am Sonntag erfolgt die Entpflichtung des 36-Jährigen von seinen bisherigen Aufgaben und die Entsendung in sein neues Aufgabengebiet.

„Das ist das, wofür mein Herz schlägt. Ich werde unterwegs sein, wo die Not ist und wo die Menschen sind, ihnen Raum geben, sich mitzuteilen und ihnen zuhören“, sagt der Pastor. „Die seelischen Nöte, Traumata und Verluste der Menschen vor allem im Ahrtal werden uns noch lange beschäftigen.“ Er möchte für die Menschen da sein, ihnen zuhören, um bei Bedarf und auf Wunsch entsprechende, weitere Angebote zu vermitteln, zum Beispiel für Traumatherapien. „Ich weiß, wo meine Grenzen sind und wo ich etwas abgeben muss.“

Behutsame Kontaktaufnahme

Pastor Haubold wird seine Kollegin Silja Lyben ablösen, die als Notfallseelsorgerin bislang in den Flutgebieten an der Ahr tätig war und im Januar ihren Dienst dort beenden wird. Sie werde ihn aber anfangs noch begleiten und bekannt machen, bei den Betroffenen ebenso wie bei den verschiedenen örtlichen Akteuren. „Seelsorge ist Vertrauenssache“, weiß Pastor Haubold. „Man muss behutsam Kontakt aufnehmen, um Hand in Hand mit den örtlichen Stellen für die Menschen da zu sein.“

Bislang war er zwar noch nicht selbst in den Flutgebieten an der Ahr, weiß aber als persönlich Betroffener und als Seelsorger, wovon er spricht. „Ich komme selbst aus einer Flutregion und musste selbst viel Liebgewonnenes wegwerfen“, sagt er. Sowohl das FeG-Kirchenzentrum am Rande des Hochschulviertels in Rheinbach ist massiv von der Flutkatastrophe getroffen als auch die angemietete Privatwohnung seiner Familie.

Flut-Einsatz im Gemeindezentrum

Vor allem ist Haubold als Seelsorger praktisch seit dem ersten Tag nach der Flutkatastrophe am 14./15. Juli mitten im Geschehen. „Ich habe vom ersten Tag an Helfende betreut, die mit extremen Erlebnissen, Geschichten und Eindrücken von ihren Einsätzen kamen“, sagt der 36-Jährige. „Im Grunde verlagert sich mein Dienst der letzten Monate nur von der FeG in die Flutregion selbst.“ Denn das Kirchenzentrum ist seit fünf Monaten ununterbrochen Anlauf- und Koordinierungszentrum für die Fluthilfe.

Auf dem Parkplatz vor dem Kirchengebäude stehen nach wie vor Entsorgungscontainer neben Containern mit Hilfsgütern und Arbeitsmaterialien, Kleinbussen für den Transport, Wohnanhängern und Privatwagen mit auswärtigen Kennzeichen. „Ich sage gern, bei uns ist eine Mischung aus Baumarkt und Hotellerie“, sagt der Pastor. Die Wohnanhänger stehen als Übernachtungsmöglichkeiten für die ehrenamtlich Helfenden aus ganz Deutschland zur Verfügung, andere übernachten in der sogenannten Ahrtal-WG in Altenahr.

Auf Wünsche der Betroffenen eingehen

Schon früh am Morgen sind viele Helfende im FeG-Kirchenzentrum bei den Vorbereitungen für den Tag. Es wird Kaffee gekocht, Glühwein erhitzt und in Thermophoren gefüllt, frisch gebackener Kuchen geschnitten und transportsicher gepackt für die sogenannten Kaffee-Teams des kürzlich gegründeten gemeinnützigen Vereins „Hoffnungswerk“, die in den Flutgebieten die Menschen besuchen, ihnen Kaffee, Kuchen und auf Wunsch ein offenes Ohr bieten. Auch mobile Café-Busse touren durchs Ahrtal. Genau dort will Haubold Ansprechpartner für die Menschen sein oder auf Zuruf Hausbesuche machen. „Ich will offen und sensibel hineinspüren, wo welcher Bedarf ist. Aber ich werde nicht selbst Antworten geben, nach denen keiner gefragt hat“, sagt Haubold. Dazu zähle auch, dass er keine religiösen Schriften verteilen werde. Das sei auch eine eiserne Regel, die den Helfenden bei jedem Morgenbriefing mitgegeben werde. Er will sich aber ganz auf die Wünsche der Menschen einlassen und das heißt auch: „Ich bin Pastor. Wer ein Gebet wünscht, bekommt von mir auch ein Gebet.“

Haubold sieht bei allem Leid und Verlust auch etwas Schönes und Positives, das die Flutkatastrophe bewirkt hat: „Die Flut hat viele Menschen zusammengebracht. Hilfsbereitschaft in der Not und Barmherzigkeit haben wieder eine so große Bedeutung erlangt, wie man es in diesem Ausmaß sonst nicht erlebt.“