Kirche in Ahrweiler Reliquienverehrung auf dem Calvarienberg

AHRWEILER · Behutsam nimmt Sakristanin Juliane von der Kongregation der Ursulinen vom Calvarienberg eine goldene "Staurothek"aus dem Safe. Diese besondere Form einer Monstranz enthält angeblich Partikel des Heiligen Kreuzes. Der Splitter soll vom Kreuz stammen, an dem Jesus Christus" den Opfertod starb.

 Sakristanin Schwester Juliane mit der in Gold gefassten Kreuzreliquie.

Sakristanin Schwester Juliane mit der in Gold gefassten Kreuzreliquie.

Foto: Löhr

Nach der Legende veranlasste Kaiserinmutter Helena um 325 Grabungen, bei denen Reste des Kreuzes Christi sowie der Ort des Heiligen Grabes gefunden wurden. Die Kreuzesreste wurden gedrittelt; ein Teil blieb in Jerusalem, ein Drittel nahm die Kaisermutter mit nach Rom, und ein Drittel sandte sie ihrem Sohn Konstantin nach Konstantinopel. Im Zuge der mittelalterlichen Reliquienverehrung gab es eine überraschend große Anzahl von Kreuzsplittern.

Die Partikel in der Calvarienberger Klosterkirche werden seit Jahrhunderten als Reliquie verehrt. Jährlich wallfahren Gläubige zum Berg. Pilgergruppen aus Menden (Sankt Augustin), Niederkassel, Villip-Wachtberg, Obermendig oder Bornheim kommen alljährlich zum Calvarienberg, um am Kreuzheiligtum zu beten. Laut Klosterarchiv gibt es die Bornheimer Wallfahrt seit 1762.

Der Sage nach brachte ein Ritter die Kreuzreliquie vom Kreuzzug aus dem Heiligen Land mit. Ob er der weit verzweigten Adelsfamilie Blankart angehörte, ist noch zu erforschen. Ritter Hermann Blankart nahm beispielsweise 1148 am zweiten Kreuzzug teil. Die Blankarts sind die wohl die bekannteste Adelsfamilie der mittelalterlichen Stadt Ahrweiler.

Mitte des 17. Jahrhunderts gelang es Franziskanerpater Apollinaris Rösgen dem Calvarienberg die wertvolle Partikel vom Heiligen Kreuz zu verschaffen. Bis dahin war sie Eigentum in der Pfarrkirche von Ahrweiler. Verständlich, dass diese Schenkung der kostbaren Reliquie an die Patres zu Murren und Protesten in der Stadt selbst führte. So wurde auch die Schenkungsurkunde erst 1788 ausgestellt.

„Kommen angemeldete Pilgergruppen, stelle ich die Kreuz-Staurothek auf den Altar“, berichtet Schwester Juliane. Schon in ihrer Novizenzeit wurde sie mit den Aufgaben einer Sakristanin vertraut gemacht.

Zum Calvarienberg wird seit 1505 gewallfahrtet. Damals wurde eine erste Fachwerkkapelle auf der Bergkuppe errichtet. Die damals von Künstlerhand geschaffene Kreuzigungsgruppe mit Jesus Christus, Mutter Maria und Jünger Johannes wird seit 511 Jahren verehrt und findet sich heute in der Klosterkirche.

Im 17. Jahrhundert übernahm der Franziskanerorden die Betreuung der zahlreichen Pilger. 1803 mussten die Franziskaner im Zuge der Säkularisation den Calvarienberg verlassen.

Der Calvarienberg, ehemalige Gerichtsstätte von Ahrweiler, wurde einer weiteren Sage nach zur Wallfahrtsstätte, weil ein ehemaliger Kreuzfahrer, der zu Besuch in Ahrweiler weilte, die Ähnlichkeit der topografischen Gegebenheiten der Stadt und ihrer Umgebung mit dem biblischen Jerusalem entdeckte.

Er stellte sich die Ahr als den biblischen Bach Cedron vor und sah im angrenzenden Hügel eine Kopie des Jerusalemer Kalvarienbergs. Der Ritter soll sogar Landvermessungen vorgenommen haben. Danach sei der spätere Kalvarienberg von Ahrweilers Pfarrkirche genauso weit entfernt, wie der Jerusalemer Hügel vom Dienstsitz des römischen Pilatus. So erhielt der Berg seinen neuen Namen. Auf der Gerichtsstätte wurde ein Kreuz errichtet. Bald begann das Wallfahren zu ihm. Eine bescheidene Kapelle ersetze bald das Kreuz.

Der Calvarienberg entwickelte sich weiter zur viel besuchten Wallfahrtsstätte. Schon 1627 wurde ein größeres Gotteshaus eingeweiht. Dessen Krypta ist unter dem Westteil der heutigen Kirche erhalten. 1630 gründeten Franziskaner auf dem Berg ein Kloster. Hier betreuten sie die zunehmende Zahl an Pilgern. Bis 1678 baute man eine noch größere Kirche. Seit 1732 existiert zudem ein barocker Kreuzweg. Er führt von der Ahrbrücke zur Kirche. 1838 wechselten die Ursulinen von Monschau nach Ahrweiler. Sie gründeten auf dem Calvarienberg eine Schule mit Internat.

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