Stadtrat setzt sich über Sperrvermerk hinweg Sinzig baut das Rhein-Ahr-Stadion aus

Sinzig · Dringende Sparappelle von Bürgermeister Andreas Geron fruchteten nicht: Der Sinziger Stadtrat hat beschlossen, das Rhein-Ahr-Stadion auszubauen. Die dafür notwendigen Gelder waren bislang mit einem Sperrvermerk versehen und standen somit unter Vorbehalt.

 Blick aufs Rhein-Ahr-Stadion: Der Umbau der Rundlaufbahn von einer Tennen- zu einer Tartanbahn, die Erneuerung der Beregnungsanlage und die Ertüchtigung des Rasenspielfeldes stehen schon lange auf der Wunschliste der Sinziger Sportler.

Blick aufs Rhein-Ahr-Stadion: Der Umbau der Rundlaufbahn von einer Tennen- zu einer Tartanbahn, die Erneuerung der Beregnungsanlage und die Ertüchtigung des Rasenspielfeldes stehen schon lange auf der Wunschliste der Sinziger Sportler.

Foto: Martin Gausmann

Das Rhein-Ahr-Stadion in Sinzig wird nun doch ausgebaut. Nach langen Debatten in zahllosen vorausgegangenen Sitzungen entschied der Stadtrat nun gegen den Willen der Stadtverwaltung, die im Haushaltsplan vorgesehene, jedoch mit einem Sperrvermerk versehene Ausbaumaßnahme durchzuführen. Die Stadt wird eine Eigenleistung von rund einer halben Million Euro aufbringen müssen. Dringende Sparappelle von Sinzigs Bürgermeister Andreas Geron (parteilos) schlug der Stadtrat in den Wind. 680 000 Euro sollen der Bau einer Tartanbahn, einer Beregnungsanlage und die Auffrischung der Rasenfläche kosten. Lediglich 180 000 Euro will das Land beisteuern. Angesichts der düsteren Haushaltslage der Stadt hatte Geron in den vergangenen Wochen mit großem Nachdruck an den Sparwillen des Rates appelliert. Erfolglos. Auch die Aussicht auf eine drohende, die 30- Millionen-Euro-Marke erreichende Gesamtverschuldung der Stadt vermochte daran nichts zu ändern. Bekanntlich sind in Sinzig erhebliche Investitionsmaßnahmen am Start: eine neue Feuerwache sowie zwei neue Kitas und Kita-Erweiterungen stehen neben zahlreichen weiteren Einzelmaßnahmen an.

CDU, SPD und FWG wiesen darauf hin, dass die erforderlichen Haushaltsmittel im laufenden Etat vorgesehen und somit auch ausgegeben werden könnten. Allerdings waren die Gelder wohlweislich mit einem Sperrvermerk versehen und standen somit unter Vorbehalt. „Wir wollen das Projekt nicht hinten runterfallen lassen“, meinte CDU-Fraktionssprecher Karl-Heinz Arzdorf. Es löse in der Bevölkerung Kopfschütteln aus, wenn die Sportanlage nicht ausgebaut werde, für andere Maßnahmen jedoch Gelder vorhanden seien, meinte Hans-Dietrich Laubmann (SPD). Friedhelm Münch (FWG): „Die Maßnahme ist im Etat aufgeführt und soll durchgeführt werden.“ Allein die Grünen plädierten dafür, die mahnenden Worte des Bürgermeisters zu verinnerlichen und wiesen auf den weiteren Schuldenzuwachs hin, während sich die FDP „hin und hergerissen“ zeigte und sich bei der Abstimmung enthielt. 20 Ratsmitglieder stimmten schließlich für den Stadionausbau, sieben waren dagegen, zwei enthielten sich. Die Verwaltung muss nun die Bauarbeiten ausschreiben und die erforderlichen Finanzmittel freigeben.

■ Die Haushaltslage der Stadt Sinzig hat sich im laufenden Jahr in einem positiven Sinne stabilisiert. Wie Bürgermeister Andreas Geron dem Stadtrat in seiner Sitzung am Donnerstagabend mitteilte, hat die Stadt bis Ende Juni knapp zwölf Millionen Euro an Einnahmen erzielt, denen 12,2 Millionen an Ausgaben gegenüberstehen. Bereits bei Verabschiedung des Haushaltes war klar, dass es keine freie Spitze geben würde.

Mit Erleichterung wurde nun jedoch zur Kenntnis genommen, dass sich die Einnahmen günstiger entwickeln als in der Hochzeit der Corona-Pandemie angenommen.

Dennoch bleibt ein besonderer Wermutstropfen: Die Stadt Sinzig hat eine außerordentliche Leistung zu erbringen, die sich aus einer Ausfallbürgschaft und einer Patronatserklärung zugunsten der IGZ Sinzig GmbH ergibt (der General-Anzeiger berichtete). Rund 1,4 Millionen Euro sind zu zahlen.

Dies hatte bei der Etatverabschiedung zur Folge, dass ein Ausgleich im Finanzhaushalt nicht erreicht wurde. Daraus wiederum resultiert, dass für das laufende Haushaltsjahr 2021 keine freie Finanzspitze zur Verfügung steht und im Ergebnis alle Investitionsmaßnahmen über die Aufnahme von Krediten finanziert werden müssen. Zum Jahresbeginn betrug der Schuldenstand 13,8 Millionen Euro.

Dabei wird es keineswegs bleiben. 8,5 Millionen Euro sollen als weitere Investitionskredite aufgenommen werden. In der ersten Jahreshälfte hat die städtische Kämmerei noch keinen Kreditvertrag unterschrieben. Aber: Die aktuell in Umsetzung stehenden Projekte, insbesondere der Bau der Kindertagesstätten in Sinzig, Weidenweg und in Koisdorf, machen eine Kreditaufnahme voraussichtlich in den kommenden Wochen zwingend erforderlich.

Bedeutet: Die Verschuldung der Stadt wird kräftig ansteigen. Und da der Investitionsbedarf im Jahr 2021 bei Weitem nicht befriedigt ist, wird es auch in den Folgejahren noch zu tiefen Griffen in die Kasse kommen müssen.

Dass die Verschuldung in wenigen Jahren bei rund 30 Millionen Euro liegen wird, räumen selbst konservative Rechner ein. Auch 40 Millionen Euro sind keineswegs ausgeschlossen.

Die Corona-Pandemie führte auch in Sinzig im vergangenen Jahr zu massiven Beeinträchtigungen im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben sowie in der Kasse der Kämmerei. Im Haushaltsplan für 2021 wurden aufgrund der gemachten Erfahrungen lediglich 3,5 Millionen Euro an Gewerbesteuer eingeplant.

„Die bisherigen Zahlungen weisen glücklicherweise eine andere Entwicklung aus. Für die vielen kleinen Unternehmen, die in Sinzig maßgeblich für die Gewerbesteuerzahlungen verantwortlich sind, hat sich im letzten Halbjahr die wirtschaftliche Lage zunehmend gefestigt. Im Ergebnis können wir eine Zunahme der Zahlungen verzeichnen, so dass bereits am Ende des ersten Quartals 50 Prozent der geplanten Gewerbesteuereinnahmen verbucht werden konnten“, berichtete Stadtkämmerin Antje Thürmer.

Nach sechs Monaten seien bereits 63 Prozent der geplanten Einnahmen aus dieser Steuerart eingegangen. Insgesamt hofft man in der Kämmerei, zum Jahresabschluss dann doch noch einen positiven Saldo vorlegen zu können.

Mit einer Neufassung des höchst­richterlich für verfassungswidrig erklärten kommunalen Finanzausgleichs wird in Sinzig nicht vor 2023 gerechnet. Liegt die Stadt mit ihrer Einschätzung richtig, so wird es eine Besserstellung der Städte und Gemeinden somit nicht zeitnah geben – trotz der massiven und wiederholten Rüge, die das Land von den Richtern in Empfang nehmen musste. Die Liquidität der Sinziger Kasse wird derzeit mit einem Kassenkredit – einer Art Dispo – gesichert. Ende Juni hatte man die städtischen Konten mit 2,1 Millionen Euro überzogen. „Das kann als normal betrachtet werden“, hieß es hierzu aus dem Rathaus.

Wenig erfreulich die ergänzende Mitteilung der Sinziger Kämmerei: „Im Laufe des Jahres wird die Stadtkasse den Liquiditätskredit erhöhen müssen.“

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