Schnabelschuhe und Pluderhosen So war der Barbarossamarkt in Sinzig

SINZIG · Der 16. Sinziger Barbarossamarkt führte geradewegs ins Mittelalter. Schausteller und Verkäufer trugen Kleidung wie vor Jahrhunderten und auch viele Besucher kamen als historisch Gewandete, zumal dies den Eintritt ermäßigte.

 Musik am Lagerfeuer beim Barbarossamarkt.

Musik am Lagerfeuer beim Barbarossamarkt.

Foto: Matin Gausmann

Schnabelschuhe, Pluderhosen und gegürtete Kittel, wohin man schaute, wollene Umhänge bei beiden Geschlechtern und knöchellange Gewänder bei den Frauen – wenn dieser Anblick sich paart mit dem bunter Zelte und der Stände von Handwerkern und Händlern, dann ist wieder Barbarossamarkt.

Leider hat der steinerne Rotbart im nahen Lunapark, wie viele seiner Kunststoffnachfolger im Stadtgebiet, jüngst durch Vandalismus sein Schwert eingebüßt. Das dürfte den meisten Gästen beim 16. Mittelaltermarkt aber ebenso wenig bewusst gewesen sein wie die Tatsache, dass das Heimatmuseum im Schloss, wo derzeit eine Sonderausstellung über Kaiser Friedrich I. läuft, aus Sicherheitsgründen geschlossen hatte. Der Markt selbst ließ wohl keine Wünsche offen. Schausteller und Verkäufer trugen Kleidung wie vor Jahrhunderten. Auch viele Besucher kamen als historisch Gewandete, zumal dies den Eintritt ermäßigte. Selbst die Kinder kannten ihren Platz im Mittelalter. Gefragt „Seid ihr Prinzessinnen?“, entrüsteten sich zwei Mädchen in langen Kleiden: „Nein, wir sind Untertanen; Prinzessinnen sind blöd, die sind verwöhnt“.

Unmittelbar vor dem Schloss residierte wieder der Clan MacKean mit mehreren Zelten. Wer sein Wissen übers Mittelalter vertiefen will, war bei Clanleiter John und seinen Leuten, die vor aller Augen kochten und wirtschafteten, richtig. Anders als gewohnt, gab es kein Durchkommen vom Schlossparkplatz zur Ebene tiefer hinter dem Schloss. Dorthin gelangte man nur linksseitig des Gebäudes durch den Park, wo, wo die kleine Kim aus Gummersbach gerade große Fortschritte beim Bogenschießen machte. In der Nachbarschaft hatte sich die Frankensiedlung Nithrindorp niedergelassen und etwas weiter gab es Bienengold aus aller Welt von spanischem Zitronenhonig bis Berghonig aus Mexiko und Eukalyptushonig aus Argentinien. Dazu passend, hängten nebenan Kinder einen Docht ins heiße Wachs und lernten Kerzen zu ziehen. Den meisten Spaß aber hatten sie anscheinend beim Toben und Springen von Strohballen. Derweil fand der Badezuber von „Suff und Sünde“ am Samstagmittag noch keine Liebhaber, wenngleich weiße Flöckchen auf dem Wasser glauben machen wollten, dass schon die Menschen im Mittelalter ihr Schaumbad liebten.

Den Musikern indes schlug keine Stunde. „Ein Stück für unsere britischen Freunde, die die EU verlassen und dummerweise den Ausweg nicht finden“, entboten die Mannen von „Porcae Pellere“. Da fuhr mit Dudelsack und Getrommel die Hymne der Europäischen Union, Beethovens schöne Götterfunken, ins Ohr, ein tolles Erlebnis. Die Augen wanderten fasziniert über eine mit Fellen behangene Horde, die Unkeler Hunnen um Harry Vollmer, Großkönig Attila, bis Amo, der bärtige Barde, mit irisch-schottischen Traditionals erfreute. Weitere Musikdarbietungen, Tanzgruppen, Jonglage, ein Falkner, Ritter-Schaukämpfe und die abendliche Feuershow erwarteten ihr Publikum. Das wusste sich an den Ständen von über 50 Händlern auch einzudecken mit Spezereien, Laternen, Keramik, Kleidern, Brandmalerei, gepunzten Lederwaren, Schönem aus Holz und Metall, sowie Knochengeschnitztem.

Hunger und Durst musste niemand leiden. Dafür sorgten etwa die Feldbäckerey, Bio-Metzgerey, Taverne „Zum tanzenden Einhorn“ und eine „Drachenküche“ als auch Cider- und Cocktailtaverne, die „Sudbud“, Bier- und andere Schenken. Dass der erstmals vom gemeinnützigen Veranstalter „Wir helfen“ auch auf die Jahnwiese ausgebreitete Markt dort mit grünem Plastik umzäunt war, rief Kritik hervor. Denn ansonsten sind selbst Papierkörbe mit Jute umhüllt.

Aber ausgerechnet auf der Jahnwiese, deren Flair nicht an das Schlossterrain heranreichte, bot ein ungemein anrührendes Fahrgeschäft Vergnügen. Die „Hexenflugschule“ aus Thüringen, ein von Madline Sanftleben eigenhändig gedrehtes Kettenkarussell, ließ die Kinder auf mit Fellen belegten und mit Flugbesen ausgestatteten Sitzen schweben. Da leuchteten die Augen der Kleinen und ihrer Eltern um die Wette.

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