Bad Neuenahr im Kabarett-Fieber Von der Springmaus zur Christmaus

BAD NEUENAHR · Das Bonner Improvisationstheater gab sich in Bad Neuenahr streng weihnachtlich, gepaart mit einer Portion Lockerheit.

 Wenn das Theater Springmaus ruft, dann strömen die Fans in Massen.

Wenn das Theater Springmaus ruft, dann strömen die Fans in Massen.

Foto: gausmann

Wenn das Theater Springmaus ruft, dann strömen die Fans in Massen. Das gilt auch für die Auftritte außerhalb des Stammhauses in Bonn und bewahrheitete sich jetzt in Bad Neuenahr. Die Konzerthalle im Kurpark war seit Wochen ausverkauft, als die drei Weisen aus dem Morgenland, oder woher auch immer, die Bühne betraten und kund taten, sie seien dem ein oder anderen Stern nach Germanien gefolgt, um dort den Heiland von Bad Neuenahr zu suchen.

Und los ging das Improvisationstheater, das die Bonner in Perfektion beherrschen. Den Heiland fand der Stern ganz schnell, es handelte sich um Roy, aber der kam aus Bachem. „Aha, also kein Heiliger, sondern ein Highlander“, so die Feststellung. Kein Wunder, dass der Auserwählte es ganz schnell vorzog, die Show statt aus nächster Nähe, also aus dem Krippchen auf der Bühne, wieder von seinem angestammten Platz aus anzuschauen. Da stimmten ihn auch die Geschenke, die die Weisen mitgebracht hatten, nicht um: Gold. Brei auch. Und Plörre.

„Merry Christmaus“ nennen die Springmäuse ihre Show. Untertitel: „Wir sind Weihnachten.“ Anmaßend? Bestimmt nicht, denn das Trio nahm das nahende Fest in all seinen Facetten auseinander. Zunächst galt es aber, die Stimmbänder des Publikums zu schulen, brunftiges Röhren (von den Männern) und Seufzen (Frauen) erschallen zu lassen. Denn Improvisationstheater heißt auch, ständig dazwischen zu rufen und den Schauspielern neue Aufgaben zu geben.

Dabei kamen dann mitunter die tollsten Ideen heraus, auf die selbst die allgegenwärtige Weihnachts-Vermarktungs-Industrie noch nicht gekommen ist. Wer sollte denn auf keinen Fall an der Weihnachtstüre klingeln? Schnell war einer gefunden: nämlich der Gerichtsvollzieher. Und die Springmäuse liefen erstmals zu großer Form auf, spielten die Unterhaltung an der Türe nach. Auf Zuruf abwechselnd in Deutsch und in indisch anmutendem Kauderwelsch. Wieder war das Publikum gefragt: welche Disziplinen fehlen denn noch im Weihnachtswirbel? Christbaumkugel-Weitwurf und Lichterketten-Springen waren die Favoriten. Flugs war ein Experte zur Bewerbung der Sportarten gefunden, auch wenn der nur mit „Ja“ und „Hmmm“ antwortete.

Umso ulkiger gestalteten sich aber die Verbiegungen des Gebärden-Dolmetschers. Der perfekte Improvisationstheaterspieler oder die -spielerin (aber die war am Donnerstag krank) kann also reden, erfinden, sich verbiegen. Musik machen können sollte er auch. Denn es gibt ja noch das Weihnachtslied. Welches nehmen wir? „Ihr Kinderlein kommet.“ Das wurde nach Ansage durch die Gäste im Saal in alle möglichen Varianten gequetscht, erst instrumental in den Versionen von Beethoven, Bach oder als Strauß‘cher Walzer, dann rockig, dass die Tasten flogen – schließlich in den Musikstilen „Griechischer Wein“, „Schlager-Scha-la-la“ und auch noch leicht Reggea-benebelt. Selbst Grönemeyer und Lindenberg kamen zu Wort.

Trotz höchster Konzentration und schneller Reaktion auf die Einwürfe aus dem Publikum gaben sich die Darsteller den ganzen Abend über entspannt. Eine Meisterleistung auch, einem Gast ein paar Fetzen aus seinem nicht sonderlich bewegten Leben zu entlocken, um dann eine an Spannung kaum zu überbietende Weihnachtsgeschichte zu erfinden. Auf alle Fälle war der Abend die richtige Einstimmung, um der Advents- und Weihnachtszeit mit der nötigen Lockerheit zu begegnen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort