Dies bestätigten auf GA-Anfrage in der Kreisstadt tätige Makler. „Die Wohnungen werden vorwiegend durch Bauträger errichtet, die dann an Eigennutzer oder auch an Kapitalanleger verkauft werden. In der Folgezeit werden viele von ihnen vermietet. Der Bau von Mehrfamilienhäusern mit Mietwohnungen findet aber eher selten statt“, so Katharina Bugdoll von der Taubitz Immobilienconsulting.

Die Betriebswirtin, Sachverständige und Geschäftsinhaberin erklärte, dass die Wohnraumförderung für den Mietwohnungsbau politisch vernachlässigt worden sei. Schon jetzt sei es so, dass finanziell schlechter gestellte Menschen in die Randbezirke oder in umliegende Dörfer gedrängt würden, weil ein Wohnen in zentraler Lage für sie nicht mehr bezahlbar sei.

„Man kann sagen, dass Neubauwohnungen einen erheblichen Kaufpreis erzielen, sodass der künftige Käufer diese selbst nutzt, da sie als Kapitalanlage nie die Miete einbringen kann, um eine ordentliche Rendite zu erzielen“, ergänzt Manuel Efferz vom Immobilienbüro Efferz & Hoppen. Die Flucht in Sachwerte sei bei Wohlbetuchten ungebrochen. Für sozial Schwache werde es zunehmend problematisch, in der Innenstadt zu wohnen.

Efferz: „Die Mieten steigen, daher wird es für weniger gut Betuchte sicher schwieriger, sich im Zentrum eine Wohnung zu leisten.“ Die Grundstücke im Zentrum von Bad Neuenahr seien naturgemäß sehr knapp, und da jeder Interessent alles fußläufig erreichen wolle und einige auch einen dementsprechend hohen Kaufpreis bereit seien zu zahlen, lasse sich diese Entwicklung kaum vermeiden.

„Grundsätzlich ist der Bau von öffentlich geförderten Mietwohnungen auf Grund der Bindung und Verpflichtung in Zusammenhang mit den sowieso niedrigen Zinsen nur schwer rentabel darstellbar“, erklärt Bugdoll. Somit bleiben auf preisgünstige Wohnungen angewiesene Menschen auf der Strecke. Leerstand bei Mietwohnungen gebe es in der Innenstadt so gut wie keine.

Im Neubaubereich liegen bei Eigentumswohnungen die Quadratmeterpreise zwischen 2500 und knapp 4000 Euro. Bei Bestandseigentumswohnungen sind es 1800 bis 3500 Euro, wobei der Preis natürlich abhängig ist von Baujahr, Lage, Ausstattung und Stockwerk, so Bugdoll. Manuel Efferz kennt noch andere Dimensionen: „Es gibt in Bad Neuenahr auch Wohnungen, die für 5000 Euro pro Quadratmeter verkauft werden.“

Anders als bei Ladenlokalen, bei deren Vermietung es bei einem mittelmäßigen Leerstand eine hohe Fluktuation gebe, sei der Mietwohnungsmarkt stabil. Zwar gebe es in der Kreisstadt keinen Mietspiegel, jedoch müsse für eine Neubauwohnung zwischen acht und elf Euro pro Quadratmeter gezahlt werden, bei Bestandsimmoblilien seien es bis acht Euro.

Bebaut wird derzeit nahezu jede Freifläche im Kernbereich der Stadt. Das Stadtbild von Bad Neuenahr werde dadurch nachhaltig verändert, die verschwindende Bausubstanz werde durch neue ersetzt. Immobiliensachverständige Bugdoll: „Ob diese nun optisch dem Bild einer Kurstadt entsprechen, kann jeder für sich entscheiden. Die Bauten, die man hätte schützen müssen, sind größtenteils bereits in den 70er Jahren abgerissen und durch damalige Neubauten ersetzt worden. Es wäre wünschenswert, wenn ebenfalls Wohnraum für junge Familien und nicht nur der Wohnungsgeschossbau für die gehobene Klientel geschaffen werde.“

Manuel Efferz berichtet von einer auffallend hohen Zahl an Kaufinteressenten aus Köln, Bonn und Düsseldorf. Seine Erklärung: „Die wollen wegen der hohen Dichte an Ärzten, dem Kulturprogramm und der Ruhe nach Bad Neuenahr ziehen.“ Da diese Interessenten aus ihren Herkunftsorten in Sachen Kaufpreis „Kummer gewöhnt sind“ ließen sich in Bad Neuenahr auch sehr hohe Preise für Neubau-Wohnungen erzielen. Efferz: „Ein Einheimischer weiß hingegen, dass er nur drei Kilometer fahren muss, um sich für denselben Kaufpreis ein Einfamilienhaus zu gönnen.“